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Altersarmut kann viele Ursachen haben.

© dpa/DB Andreas Gebert

Risikofaktor Rentnerdasein: Wie können wir die Altersarmut verhindern?

Das Statistische Bundesamt hat eklatante Lücken in der Versorgung vieler Rentner festgestellt. Drei Experten sagen, wie sich die Probleme beheben ließen.

Das Statistische Bundesamt hat festgestellt, dass etwa 600.000 Rentner in Deutschland eine Grundsicherung beziehen. Allein im letzten Jahr stieg ihre Zahl um zwölf Prozent. Müssen wir uns als Gesellschaft vor der Altersarmut fürchten? Und was kann jeder einzelne tun? Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Vollbeschäftigung wäre das beste Mittel

Wer im Alter nur über ein schmales Einkommen verfügt, hat nicht hinreichend vorgesorgt. Das kann an ihm oder ihr selbst liegen oder an den Umständen – oder an beidem.

Ein nur geringer Rentenanspruch ergibt sich etwa dann, wenn zu wenig Vollzeit und zu lange Teilzeit gearbeitet wurde. Das kann der persönliche Wunsch gewesen sein, die Familiensituation oder eine schwierige Arbeitsmarktlage.

Ein gutes, und wohl das beste Mittel gegen Einkommensschwäche im Alter wäre demnach die Vollbeschäftigung. Sie würde auch das Problem vermindern, dass wegen unsteter Erwerbsbiografie, also dem dauernden Wechsel von Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Maßnahmen, zu wenig vorgesorgt werden konnte.

Generell eher schlecht sind die Job- und Einkommenschancen für die Geringqualifizierten. Hier kann eine Verbesserung der Bildungsangebote weiterhelfen. Das gilt gerade für Berlin – für die schulische wie für die berufliche Bildung. Wenn mehr auf Hilfe zur Selbsthilfe gesetzt wird, sind letztlich weniger Sozialtransfers nötig.


Gute tarifliche Löhne und Verbeitragung ab dem ersten Euro

Schlechte Arbeitsbedingungen und zu geringe oder sozialversicherungsfreie Entlohnung im aktiven Erwerbsleben führen zwangsläufig zu Altersarmut.

Wer also Altersarmut effektiv bekämpfen und verhindern will, der muss für gute tarifliche Löhne, die Verbeitragung von Entgelten ab dem ersten Euro und gesunde Arbeitsbedingungen sorgen. Insbesondere für Alleinerziehende oder für pflegende Angehörige, darunter größtenteils Frauen, ist auch eine gute soziale Infrastruktur nötig.

Alle Menschen müssen in die Lage versetzt werden, möglichst vollzeitnah zu arbeiten, damit sie im Alter nicht Opfer des Gender-Pension-Gaps werden. Dreh- und Angelpunkt der Bekämpfung von Altersarmut ist ein dauerhaft stabiles und deutlich höheres Rentenniveau in der gesetzlichen Rente; weniger als 50 Prozent Nettorentenniveau vor Steuer reicht dafür nicht.

In Zeiten des Fachkräftemangels gewinnt die wichtige Betriebsrente wieder an Bedeutung. Sie hilft nicht nur Arbeitgebern, Fachleute zu binden, sie trägt auch zu einem guten Auskommen der Beschäftigten im Alter bei. Dort, wo strukturell immer noch zu wenig verdient wird, kann am Ende eine verbesserte, höhere Grundrente helfen, Altersarmut zu vermeiden.


Grundlegende Reformen und weniger Komplexität

Wenn aktuell die Zahlen bei den hilfebedürftigen Rentnern steigt, mag das auch an den Flüchtlingen aus der Ukraine liegen. Ansonsten sind die Gründe für die heutige Altersarmut bekannt: niedrige Löhne und unvollständige Job-Biografien.

Während sich die Lage heute wahrscheinlich am einfachsten durch höhere Bezuschussung heilen ließe – für alles andere ist es ja zu spät -, ist die Herkulesaufgabe eine andere: die auskömmliche Alterssicherung für die Rentnerinnen und Rentner der kommenden Jahre.

Dafür braucht es grundlegende Reformen, muss das Umlagesystem ergänzt und gestützt werden, sei es durch mehr Steuermittel, mehr Beitragszahlende, mehr betriebliche Vorsorge. Außerdem nützlich wäre, das ganze System Rente weniger kompliziert zu vermitteln.

Wenn weniger Bürger schon nach den zwei Sätzen ihrer Renteninformationen „ich verstehe kein Wort“ denken, wüssten viele besser, was genau sie im Alter erwartet – und sie könnten sich besser und gezielter mit ergänzenden Maßnahmen wappnen.

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