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Die Bahn muss ihre Software für Kunden umstellen.

© Hannes Albert/dpa

Klage einer nicht-binären Person: Bahn darf nicht zur Auswahl von Anrede zwischen Mann und Frau zwingen

Die Bahn darf Personen nicht dazu zwingen, bei der Anrede zwischen Mann und Frau wählen zu müssen. Das entschied das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main.

Die Deutsche Bahn darf eine nicht-binäre Person bei der Nutzung von Angeboten nicht dazu zwingen, bei der Anrede zwischen Mann oder Frau auswählen zu müssen. Es bleibe bei einem Unterlassungsanspruch einer klagenden Person gegen das Unternehmen, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Dienstag mit.

Das Gericht bestätigte mit seiner bereits am Donnerstag getroffenen Entscheidung ein Urteil des Frankfurter Landgerichts.

Geschlechtseintrag "ohne Angabe"

Vor diesem hatte eine nicht-binäre Person mit Bahncard gegen die Vertriebstochter der Bahn geklagt. Der Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde der klagenden Partei lautete demnach seit Oktober 2019 "ohne Angabe".

Die klagende Person versuchte vergeblich, die für die Bahncard hinterlegten Daten hinsichtlich der geschlechtlichen Anrede anzupassen. Zudem müssen Nicht-Registrierte auch beim Onlineticketkauf zwingend zwischen einer Anrede als Frau oder Herr auswählen.

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Die klagende Partei vertrat deshalb die Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Entschädigung und Unterlassung zu, weil das Verhalten der Bahn diskriminierend sei. Das Landgericht bestätigte Ende August den Unterlassungsanspruch. Die zwingende Auswahl einer Anrede als Frau oder Herr im Zusammenhang mit der Bahncard oder beim Onlinekartenkauf stelle eine Benachteiligung im Sinn des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar, hieß es im damaligen Urteil.

Das Gericht räumt der Bahn jedoch eine Frist von einem halben Jahr ein, um den Zustand zu ändern. Einen Anspruch auf Entschädigung gestanden die Richter der klagenden Partei nicht zu. Die Bahn ging gegen das Urteil in Berufung - jedoch ohne Erfolg.

Hohes Ordnungsgeld gegen die Bahn möglich

Das Oberlandesgericht verwarf die Berufung, weil sie nicht innerhalb einer vorgeschriebenen Frist eingelegt wurde. Damit verbleibt es bei dem Unterlassungsanspruch gegen das Unternehmen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Bahn kann innerhalb eines Monats Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einlegen.

Jeder Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung könnte indes jetzt für die Bahn teuer werden und zur Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro führen. Das erklärte Friederike Boll, Rechtsanwältin für die "TIN-Rechtshilfe", die die Person vor Gericht vertreten hatten und trans, inter und nicht-binäre Menschen in strategischen Verfahren begleitet.

"Die Signalwirkung dieses Urteils ist deshalb kaum zu unterschätzen. Wir hoffen, dass jetzt im Onlinehandel bald überall die Möglichkeit eingeführt wird, eine geschlechtsneutrale Anrede zu wählen", erklärte Boll. Einige Online-Verkaufsplattformen hätten bereits reagiert und würden geschlechtsneutrale Anreden anbieten. (AFP/Qsp)

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