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Ein Boot mit 200 Migrant:innen auf dem Mittelmeer. Genauso viele Menschen saßen auf einem der nun verschollenen Boote aus dem Senegal.

© dpa / Italian Navy

Überstürzte Flucht aus dem Senegal: 300 Menschen im Atlantik vermisst

Nach Unruhen im Senegal sind Ende Juni drei Boote zu den Kanaren aufgebrochen. Jetzt meldet eine Hilfsorganisation, dass der Kontakt zu den Geflüchteten abgerissen ist.

Die spanische Organisation „Caminado Fronteras“ (Grenzgänger) hat am Montag mitgeteilt, dass möglicherweise mehr als 300 Menschen auf dem Atlantik vermisst werden. Sie steht mit den Angehörigen der afrikanischen Migrant:innen in Kontakt; diese hätten keine Nachrichten von den Menschen auf den Booten.

Am 23. Juni 2023 bestiegen bis zu 120 Menschen zwei Boote an der senegalesischen Küste, um damit zu den Kanaren zu fahren. Vier Tage später, am 27. Juni, brachen rund 200 weitere Menschen vom senegalesischen Küstenort Kafountine auf. Die Kanaren sind eine Inselgruppe westlich von Marokko; sie gehören zum EU-Staat Spanien.

„Wir sind sehr besorgt, weil die Menschen nach den Unruhen im Senegal im Juni und wegen der politischen Verfolgung die Flucht noch schlechter vorbereitet als sonst Hals über Kopf antreten“, sagte Helena Maleno von „Caminado Fronteras“.

Im Juni seien 19 Boote mit Geflüchteten aus dem Senegal auf den Kanaren angekommen, während zuvor seit Jahresbeginn nicht eines registriert worden sei. Spanien setze zudem nur ein Suchflugzeug ein, das auch nur wenige Stunden pro Tag in der Luft sei, kritisierte Maleno.

Wenn 300 Deutsche auf dem Atlantik vermisst würden, dann gäbe es eine riesige Suchaktion.

Helena Maleno, „Caminado Fronteras“

Auch mangele es an der Kooperation mit Marokko. „Die funktioniert nur bei der Abwehr von Flüchtlingen, aber nicht bei deren Rettung“, beklagte Maleno. „Wenn 300 Deutsche auf dem Atlantik vermisst würden, dann gäbe es eine riesige Suchaktion.“ Die spanische Seenotrettung sagte auf Anfrage eine Stellungnahme im Laufe des Tages zu.

Kafountine liegt rund 1700 Kilometer von der spanischen Inselgruppe entfernt. Der Atlantik mit seinen starken Strömungen und hohem Wellengang gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten zu europäischen Ländern.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR wurden dieses Jahr bis zum 2. Juli auf den Kanaren 7278 Migranten aus Afrika gezählt. Nach Angaben von „Caminando Fronteras“ starben im ersten Halbjahr auf der Atlantikroute bereits mindestens 778 Menschen. Die Dunkelziffer dürfte aber höher liegen.

Sollten sich Befürchtungen bestätigen, dass die Boote untergegangen sind, wäre es nach dem Untergang eines Flüchtlingsboots vor der griechischen Küste Mitte Juni mit bis zu 500 Toten eines der schwersten Unglücke mit Migranten auf See. (dpa)

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