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Tänzerinnen der Pariser Opfer protestierten am Dienstag auf ihre Weise – mit einer öffentlichen Aufführung.

© STEPHANE DE SAKUTIN/AFP

Mit „Schwanensee“ gegen die Rentenreform: Bahnstreik legt Frankreich auch an Weihnachten lahm

Der Kampf um die Rente pausiert auch an den Feiertagen nicht. Zehntausende Passagiere sitzen fest. Die Bahngesellschaft meldet 400 Millionen Euro Einbußen.

Das streikbedingte Chaos im öffentlichen Nahverkehr trübt die Feiertagsstimmung zehntausender Franzosen. Der Zugverkehr war am Heiligabend wieder massiv gestört, wie die staatliche Bahngesellschaft SNCF mitteilte. Auch Fernverbindungen von und nach Deutschland waren betroffen. In Paris fuhren mehrere Metrolinien nicht. Eine Streikpause, wie von Staatschef Emmanuel Macron angeregt, gab es nicht.

Am 20. Protesttag gegen die geplante Rentenreform verkehrten nur 40 Prozent der TGV-Schnellzüge regelmäßig, berichtete die SNCF. Im Nahverkehr waren nach SNCF-Angaben nur rund 20 Prozent der Züge im Einsatz. Ab Dienstagnachmittag wurde der Nahverkehr von Paris in die Vorstädte komplett eingestellt, erklärte die Verkehrsgesellschaft.

Nach den Feiertagen sollen wieder etwas mehr TGV fahren. Die Streiks gehen jedoch weiter – und kommen die SNCF teuer zu stehen. Es gebe bisher eine Umsatzeinbuße von rund 400 Millionen Euro, das sei „eine beachtliche Summe“, sagte Bahnchef Jean-Pierre Farandou der Online-Ausgabe der französischen Tageszeitung „Le Monde“. Dank Mitarbeitern, die wieder zur Arbeit gingen, könnte es am nächsten Wochenende besser aussehen.

Zehntausende Franzosen, die die Feiertage mit ihren Familien verbringen wollten, saßen wegen ausfallender Züge fest. "Wir wissen nicht, was wir tun sollen", sagte der 66-jährige Joel Rossignon, der aus dem Osten Frankreichs in die Hauptstadt angereist war, um Weihnachten mit seinem außerhalb von Paris lebenden Sohn zu verbringen. "Wir haben versucht, ein Taxi vorzubestellen – schon gestern, aber es gab keine", fügte er hinzu.

Vor dem historischen Opernhaus in Paris führten Tänzerinnen am Dienstag Szenen aus dem Ballett „Schwanensee“ vor – und protestierten damit gegen die Rentenreform, wie der Radionachrichtensender Franceinfo berichtete. Die Oper wird nach eigenen Angaben bestreikt, über die Weihnachtstage fallen mehrere Vorstellungen aus.

Er hoffe auf eine weitere Verbesserung für die Bahnreisenden Anfang Januar, sagte SNCF-Chef Farandou. Am Vorweihnachtswochenende habe die Bahn immerhin 800.000 Fahrgäste befördert – mit der Hälfte der sonst eingesetzten TGV. Am kommenden Wochenende will der Bahnbetreiber die Quote auf 60 Prozent steigern.

Ein zentrales Reformversprechen von Emmanuel Macron

Die Rentenreform ist ein zentrales Reformversprechen von Präsident Macron. Rasche Verhandlungen zur Lösung des Dauerkonflikts, der insbesondere in Paris Einzelhandel und Tourismus lähmt, sind nicht in Sicht. Eine erste Runde der Mitte-Regierung mit den Sozialpartnern soll es am 7. Januar geben.

Die Regierung will die Zersplitterung in 42 verschiedene Einzelsysteme beenden und ein Renten-Einheitssystem schaffen. Die Franzosen sollen auch dazu angehalten werden, länger zu arbeiten. Die faktische Anhebung des Renteneintrittsalters von derzeit 62 auf künftig 64 Jahre ist besonders umstritten.

Zustimmung zum Streik ist zuletzt gesunken

Die Proteste hatten Anfang des Monats begonnen. Im Land werden laut Medien Raffinerien bestreikt, die Versorgung von Tankstellen sei aber bisher gewährleistet. Auf der Mittelmeerinsel Korsika blieb der Flughafen von Ajaccio weiter wegen Überflutung gesperrt. Fluggäste mussten über den Airport Bastia im Norden der Ferieninsel reisen. Auf Korsika hatte es am Wochenende stark geregnet.

Zwar unterstützt ein Großteil der Franzosen den Streik der Gewerkschaften weiter, doch die Zustimmung sank zuletzt um drei Prozentpunkte auf 51 Prozent, wie eine Umfrage des Instituts Ifop vom Sonntag ergab.

Der 27-jährige Chemiker Juno Dormevil sagte, er habe Verständnis für die Streiks in einigen Sektoren, etwa in der Pflege, "jedoch nicht für die Eisenbahner". Die Belastung durch den Streik bezeichnete er als einen "täglichen Kampf". Für seinen Arbeitsweg brauche er inzwischen drei Stunden statt einer. "Ich habe keine anderen Transportmittel", fügte er hinzu. (dpa, AFP)

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