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Ermordung des Lehrers Samuel Paty: Jugendgericht in Frankreich verurteilt sechs Minderjährige

Schüler hatten einem Attentäter geholfen, den Lehrer Samuel Paty ausfindig zu machen. Gegen sie wurden nun Gefängnisstrafen von 14 bis 18 Monaten verhängt.

Gut drei Jahre nach der Ermordung des französischen Lehrers Samuel Paty hat ein Jugendgericht sechs damalige Schülerinnen und Schüler am Freitag schuldig gesprochen. Fünf Schüler, die damals 14 oder 15 Jahre alt waren und dem Attentäter geholfen hatten, den Lehrer ausfindig zu machen, wurden wegen krimineller Vereinigung zur Vorbereitung einer schweren Gewalttat verurteilt.

Gegen vier der Jugendlichen wurden Gefängnisstrafen von 14 bis 18 Monaten verhängt, die aber zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Ein weiterer Angeklagter wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, davon 18 Monate auf Bewährung. Für die restlichen sechs Monate ordnete das Gericht das Tragen einer elektronischen Fußfessel an.

Ein zum Tatzeitpunkt 13 Jahre altes Mädchen, das mit einer Lüge eine Hetzkampagne gegen den Lehrer angezettelt hatte, wurde wegen Verleumdung zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Prozess hatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Ein weiterer Prozess gegen acht erwachsene Angeklagte, die unter anderem an der Hetzkampagne beteiligt gewesen sein sollen, ist für Ende 2024 geplant.

„He Kleiner, komm mal her, ich hab was für dich“ - mit diesen Worten hatte der 18 Jahre alte Abdulach Ansorow einen der Schüler angesprochen. Er bot ihm nach Darstellung der Ermittler 300 Euro an, um ihm Samuel Paty zu zeigen. Ansorow habe ihm gesagt, er wolle den Lehrer „filmen, wie er sich entschuldigt“.

Der Schüler hatte das Angebot angenommen, aber noch vier andere dazugeholt, weil er es nicht allein habe tun wollen. Vor den Ermittlern hatten die Jugendlichen unter Tränen ausgesagt, dass sie nie damit gerechnet hätten, dass ihr Auftraggeber den Lehrer töten wollte.

Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt

Der 47 Jahre alte Paty hatte in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit umstrittene Mohammed-Karikaturen gezeigt. Zuvor hatte er seinen Schülerinnen und Schülern freigestellt, den Raum zu verlassen, falls sie diese nicht sehen wollten. Diese Vorsichtsmaßnahme wurde ihm zum Verhängnis.

Die nun verurteilte Schülerin - die an dem Tag gar nicht zum Unterricht erschienen war - hatte ihrem Vater erzählt, der Lehrer habe gezielt muslimische Schüler aus der Klasse geschickt, um den anderen erniedrigende Darstellungen Mohammeds zu zeigen. Ihr Vater - der sich ebenfalls vor Gericht verantworten muss - verbreitete diese Version in Onlinediensten, die Hetzkampagne nahm ihren Lauf.

Der aus Tschetschenien stammende Ansorow war im Alter von fünf Jahren mit seiner Familie aus Russland nach Frankreich gekommen. Er hatte zum Tatzeitpunkt eine Aufenthaltserlaubnis und war seit mehreren Monaten radikalisiert. Den Lehrer kannte er nicht. Er lauerte ihm am 16. Oktober 2020 vor der Schule auf und tötete ihn mit Messerstichen. In einer Audionachricht rühmte er sich, „den Propheten (Mohammed) gerächt“ zu haben.

Fast auf den Tag genau drei Jahre nach dem Mord an Paty hatte ein weiterer tödlicher Angriff eines jungen Dschihadisten auf einen Lehrer das Land erschüttert. Der ebenfalls aus Russland stammende 20 Jahre alte Mohammed M., der sich zum Dschihadismus bekannte, erstach in Arras den Geschichtslehrer Dominique Bernard. Er wurde festgenommen und ließ durch seinen Anwalt mitteilen, dass er sich im Prozess äußern wolle. (AFP)

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