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Einmal essen wie ein Fürst. Obdachlose erhalten in der römischen Kirche Santa Maria an jedem 25. Dezember ein Weihnachtsessen.

© Marco Pavani

Weihnachten in Rom: Die Speisung der Ärmsten

Kein Touristenführer - aber fast überlebenswichtig. In Rom gibt es einen Guide, in dem Obdachlose Tipps für kostenlose Unterkünfte, Essen und Duschen finden.

Gastro- und Hotelführer für Rom-Touristen gibt es zuhauf – zu erwähnen wäre etwa der „Guide Michelin“ für das gehobene Publikum oder auch die beiden Klassiker für die Rucksacktouristen, der „Lonely Planet“ und der „Guide du Routard“. Daneben hat die Ewige Stadt aber auch noch einen ganz speziellen Führer zu bieten – einen für Menschen, die gar kein Geld haben und die trotzdem essen und irgendwo übernachten müssen: die Bettler, die Obdachlosen, die Migranten.

Für sie gibt Sant’Egidio jedes Jahr den Führer „Roma Dove“ („Rom Wo“) heraus, in welchem die Gratis-Speisesäle und Mittagstische aufgelistet sind, in denen Pfarreien, die Caritas, Hilfsorganisationen, die Gemeinde Rom oder auch der Vatikan den Bedürftigen gratis eine warme Mahlzeit anbieten. Daneben finden sich die Adressen der Schlafsäle und Unterkünfte, wo die Obdachlosen schlafen können. Außerdem sind in dem Führer Gratis-Duschen und Gratis-Waschgelegenheiten verzeichnet, darunter diejenigen, die Papst Franziskus in unmittelbarer Nähe des Petersplatzes hat einrichten lassen. Und schließlich enthält „Roma Dove“ auch zahlreiche nützliche Adressen und Tipps für den Umgang mit Behörden.

Nur etwa die Hälfte der Obdachlosen hat in Rom einen Schlafplatz

„In Rom leben 7000 bis 7500 Menschen auf der Straße – und nur etwa 4000 von ihnen kommen in den Schlafsälen der karitativen Organisationen und der Stadt unter“, betont Carlo Santoro von Sant’Egidio. Dass so viele Obdachlose bei diesen Temperaturen im Freien übernachten müssten, sei aus christlicher Sicht inakzeptabel – bei den aktuellen Temperaturen, die in der Nacht auch in Rom auf den Gefrierpunkt fallen, erst recht. Auch Sant’Egidio stellt Schlafplätze zur Verfügung – und hat im November mit der Erlaubnis von Papst Franziskus die päpstliche Basilika San Callisto während der Nacht für weitere 40 Obdachlose geöffnet. Vor allem aber führt die Laiengemeinschaft im Stadtteil Trastevere eine große Mensa für Arme und Obdachlose. In zwei Speisesälen werden dreimal die Woche jeweils 800 bis 900 Personen verpflegt. „Für einen Betrieb während der ganzen Woche reicht unser Geld leider nicht“, sagt Santoro.

Trotz ihrer Armut sind sie gleichwertige Menschen

Die Mensa von Sant’Egidio kennt keine Selbstbedienung – den Gästen wird das Essen an den Tisch serviert. „Zu uns kommen Menschen, die sich niemals ein Essen im Restaurant leisten könnten – oder wegen ihrer Kleidung schon gar nicht hineingelassen würden. Auch das ist ein Element, das sie vom Rest der Gesellschaft ausschließt“, betont Santoro. Durch den Tischservice wolle Sant’Egidio den Obdachlosen zeigen, dass sie trotz ihrer Armut gleichwertige Menschen mit der gleichen Würde seien. „Das ist uns wichtig und das hat auch Papst Franziskus gesagt, als er in unserer Mensa zu Gast war: Helfer sollen nicht auf Bedürftige herabblicken, sondern sie sollen mit ihnen eine Gemeinschaft sein.“

Zu einem Gemeinschaftserlebnis der besonderen Art wird auch dieses Jahr wieder das Weihnachtsessen für Obdachlose in der Kirche Santa Maria in Trastevere, der „Hauskirche“ von Sant’Egidio. In der ältesten Marienkirche Roms mit ihren antiken Marmorsäulen und ihren Goldmosaiken werden die Kirchenbänke zur Seite geschoben und an deren Stelle Dutzende von Esstischen aufgestellt. „Die Weihnachtszeit ist für viele Bettler und Obdachlose die schwierigste Zeit des Jahres, nicht nur wegen den tiefen Temperaturen. Denn Weihnachten ist ein Fest der Familie, und viele der Menschen, die auf der Straße leben, haben ihre eigene Familie verloren“, sagt Santoro. Umso wichtiger sei es, ihnen am Weihnachtsessen das Gefühl zu geben, Teil einer Gemeinschaft zu sein.

Sant’Egidio engagiert sich auch in der Flüchtlingsbetreuung

Die Laiengemeinschaft Sant’Egidio ist im Jahr 1968 von Schülern und Studenten rund um den Historiker Andrea Riccardi in Rom gegründet worden; benannt ist sie nach ihrem Hauptsitz in einem ehemaligen Kloster an der Piazza Sant’Egidio im römischen Stadtteil Trastevere. Die Gemeinschaft hatte sich von Anfang an der Bedürftigen in der Ewigen Stadt angenommen; seit vielen Jahren engagiert sie sich mittlerweile auch in der Flüchtlingsbetreuung.

Wegen ihres Friedenseinsatzes und ihrer erfolgreichen Vermittlung im Mosambik-Konflikt im Jahr 1992 wird Sant’Egidio auch die „Uno von Trastevere“ genannt. Weltweit zählt Sant’Egidio rund 50.000 Mitglieder; Gemeinschaften gibt es auch in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich.

Weitere Informationen finden Sie hier: www.santegidio.org

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