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Niederländische Bergungsspezialisten wollen einen neuen Versuch unternehmen, den Brand auf dem Autofrachter „Fremantle Highway“ zu bezwingen. 

© dpa/Coast Guard Netherlands/Uncredited

Update

Brennender Autofrachter in der Nordsee: Verlegung des Schiffs wegen derzeitiger Windrichtung vorerst abgesagt

Niederländische Bergungsspezialisten haben die Lage auf dem Autofrachter „Fremantle Highway“ inspiziert. Feuer und Rauch nehmen ab. Die Küstenwache bleibt vorsichtig optimistisch.

| Update:

Der seit Tagen brennende Autofrachter vor der niederländischen Küste kann vorerst doch nicht an einen sichereren Ort geschleppt werden. Das für dieses Wochenende geplante Manöver war am Samstagabend kurzfristig abgesagt worden.

Die derzeitige Windrichtung und der noch immer starke Rauch im brennenden Schiff machten den Einsatz unmöglich, teilte die Wasserbehörde in Den Haag mit. Möglicherweise müssen die Bergungsspezialisten nun Tage auf einen günstigeren Wind warten. „Bis dahin bleibt das Schiff an seiner heutigen Position.“

Am Samstag hatten Vorbereitungen begonnen, den Frachter auf einen vorläufigen Ankerplatz weiter östlich, 16 Kilometer nördlich der Insel Schiermonnikog, zu schleppen. Zunächst hieß es, dass die „Fremantle Highway“ am Samstag verlegt werden sollte, wie ein Sprecher der Wasserbehörde in Den Haag mitteilte.

Zuvor hatte am Freitag erstmals Bergungsexperten das Schiff betreten. Das teilte die Küstenwache am Freitag mit.

Den Spezialisten sei es gelungen, den Frachter „Fremantle Highway“ mit einem Schlepper gut zu verbinden. Es ist noch nicht bekannt, wohin das brennende Schiff geschleppt werden soll.

Die Spezialisten seien wieder von Bord gegangen. Das Schiff brennt noch, aber Feuer und Rauch nehmen ab, wie die Küstenwache mitteilte. Messungen hätten zuvor ergeben, dass die Temperatur stark gesunken war. Früher am Freitag hieß es, dass die Gefahr einer Umweltkatastrophe noch nicht gebannt sei.

Außerdem hatte am Nachmittag Aufsehen erregt, dass sich auf dem brennenden Frachter etwa 16 Kilometer nördlich der Inseln Terschelling und Ameland offenbar etwa 500 elektrische Autos befinden - und damit weitaus mehr als die 25, die bis dahin gemeldet wurden. Das berichtete die niederländische Nachrichtenagentur ANP am Freitag. Sie berief sich auf Angaben des Unternehmens K Line, das die „Fremantle Highway“ vom japanischen Reeder gechartert hat.

Insgesamt befinden sich auf dem Schiff 3783 Autos. Unklar ist, was das für die Entwicklung des Feuers bedeutet. Die Batterien von E-Autos sind schwieriger zu löschen. Möglicherweise war auch die Batterie eines E-Autos der Brandherd. Aber das ist noch nicht bestätigt.

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Der Funkverkehr der Rettungskräfte deutet allerdings auf die Ursache hin: „Das Feuer hat begonnen in der Batterie eines elektrischen Autos“, heißt es im Funkverkehr der Rettungskräfte aus der Nacht zu Mittwoch, nachdem sie Kontakt mit dem Kapitän hatten. Teile des Funkverkehrs veröffentlichte der niederländische TV-Sender RTL am Donnerstag auf seiner Homepage. „So wie es aussieht, ist auch ein elektrisches Auto explodiert.“ Die Explosion soll aber das Schiff nicht beschädigt haben.

Erst kürzlich hatte der Industrieversicherer der Allianz (AGCS) vor erhöhtem Brandrisiko durch den Transport der Lithium-Ionen-Akkus auf Schiffen gewarnt.

Niederländische Bergungsspezialisten unternehmen neuen Lösch-Versuch

Am Freitag sollte ein Flugzeug der Küstenwache Aufnahmen machen und die Temperatur kontrollieren. Sepzialisten wollten einen Bergungsplan erstellen. Wenn das Schiff stabil genug ist, kann es an einen sicheren Ort geschleppt werden. Noch am Donnerstag sagte die Küstenwache jedoch, dass es für eine Entwarnung zu früh sei. Das Feuer könne auch wieder aufflammen.

Der einzigartige Nationalpark Wattenmeer ist ernsthaft in Gefahr.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne)

Die Löscharbeiten sind schwierig. Denn zu viel Wasser auf dem Frachter könnte ihn zum Kentern bringen. Bis Donnerstag wurden die Seiten des 200 Meter langen Stahlkolosses durch Löschboote gekühlt. Dann wurde die Kühlung vorerst unterbrochen, weil nach Angaben der Küstenwache zu viel Seewasser ins Boot geraten sei.

Dass der Frachter ist fester an einen Schlepper gekoppelt ist, der seine Position stabilisiert, verhindert, dass der Schiffsverkehr gefährdet wird. Durch Wind und Strömung driftet die „Fremantle Highway“ zwar leicht ab. Das macht den Rettungskräften aber keine Sorgen.

Umweltkatastrophe droht

Noch immer wird befürchtet, dass der Frachter sinkt oder auseinanderbricht. Das könnte eine enorme Katastrophe für die Nordsee bedeuten. Öl und die Ladung würden dann auch das Naturgebiet Wattenmeer und die Küsten gefährden. Das wäre auch eine Bedrohung für die deutschen Wattenmeerinseln.

„Der einzigartige Nationalpark Wattenmeer ist ernsthaft in Gefahr“, sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Donnerstag. „Deutschland wird alles zur Verfügung stellen, was helfen kann.“

Ähnlich äußerte sich Verkehrsminister Volker Wissing. „Wir unterstützen unsere Freunde aus den Niederlanden wo immer nötig bei der Bergung des Frachtschiffs in der Nordsee“, schrieb der FDP-Politiker auf dem Kurznachrichtendienst X, der früher Twitter hieß. „Das Havariekommando ist vorbereitet und wird in enger Abstimmung helfen.“

Ein ganz normaler Autotransport auf dem Seeweg entwickele sich möglicherweise zu einer Umweltkatastrophe ungekannten Ausmaßes, sagte Lemke. „Das erfüllt mich mit tiefer Sorge.“

Es gibt bereits kontaminiertes Lösch- und Kühlwasser

Nach Einschätzung eines Experten ist wegen des brennenden Frachters in der Nordsee bereits verunreinigtes Wasser in das Meer gelangt. Kim Detloff, beim Naturschutzbund (Nabu) zuständig für Meeresschutz, sagte NDR Info: „Tatsächlich ist die Umweltkatastrophe jetzt schon da.“ Es gebe bereits kontaminiertes Lösch- und Kühlwasser.

Detloff zufolge verbrennen Schadstoffe, Giftstoffe, Schwermetalle, Kunststoffe, Batterien und Öl. „Und diese Bestandteile gelangen schon jetzt über das Kühlwasser ins Ökosystem, so dass es lokal zu Verunreinigungen kommt“, sagte Detloff. Das sei jedoch kein Vergleich zu dem, was drohe, wenn das Schiff sinken sollte.

Die Vorhersagen für Wind und Strömung sind nach Informationen des zuständigen niederländischen Ministeriums aber günstig. Sollte Treibstoff aus dem Schiff strömen, würde es Richtung Norden in die offene See fließen. Dennoch liegt aus Sicherheitsgründen schon jetzt ein spezielles Schiff zur Bergung von Öl in der Nähe des Frachters.

Vor allem die Lithium-Batterien der E-Autos erschwerten die Löscharbeiten, sagte ein Sprecher der Küstenwache.

© AFP/Netherlands Coastguards/Uncredited

Funkverkehr gibt Eindruck über die Situation an Bord

Der Funkverkehr hatte am Donnerstag einen Eindruck von den dramatischen letzten Stunden an Bord der „Fremantle Highway“ gegeben: Die 23 Besatzungsmitglieder hätten keine Möglichkeit, zu den Rettungsbooten zu gelangen, sagen die Rettungskräfte. Dabei stiegen die Temperaturen sehr schnell. Gegen 2.15 Uhr sollte die Besatzung das Schiff verlassen. Inzwischen sind drei Rettungsboote an der Stelle. Gemeinsam mit der Küstenwache wird vereinbart, dass die Männer von Bord springen sollen – etwa 30 Meter in die Tiefe.

Sieben Menschen springen und werden geborgen, doch viele sind verletzt, zeigt sich auf den Rettungsbooten. „Es ist zu hoch, um zu springen, es gibt zu viele Verletzte.“ Ein Mann überlebt die Evakuierung nicht, er stirbt auf einem Rettungsboot. Die übrigen 16 Besatzungsmitglieder werden später mit zwei Hubschraubern von Bord geholt. Zuvor soll die Crew versucht haben, den Brand selbst zu löschen.

Der Brand auf der „Fremantle Highway“ erinnert an die Katastrophe des Containerschiffs „MSC Zoe“ im Jahr 2019. Damals hatte das Schiff in der stürmischen Nordsee auf der Fahrt nach Bremerhaven 342 Container verloren. Die meisten zerbarsten beim Aufprall auf dem Wasser, in der Folge trieb tonnenweise Müll an die Strände. (AFP, dpa)

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