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Die Angeklagte Jennifer W. sitzt vor Beginn der Verhandlung im Gerichtssaal.

© dpa/Sven Hoppe

Neuer Prozess gegen IS-Rückkehrerin Jennifer W.: Angeklagte soll Sterben von versklavtem Mädchen tatenlos zugesehen haben

Vor dem Oberlandesgericht München beginnt am 19. Juli ein neuer Prozess gegen Jennifer W. aus Niedersachsen. Dabei droht der Extremistin womöglich eine härtere Strafe.

Über die Strafe für die IS-Rückkehrerin Jennifer W., die dem Sterben eines versklavten Mädchens im Irak tatenlos zugesehen haben soll, soll in München ab Mitte Juli neu verhandelt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) in der bayerischen Hauptstadt setzte laut Mitteilung vom Montag den 19. Juli als ersten Prozesstag an und bestimmte sieben weitere Termine bis Ende August.

Im ersten OLG-Urteil gegen die Frau hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im März Rechtsfehler erkannt.

Die aus Niedersachsen stammende Frau war 2014 im Alter von 23 Jahren nach Syrien in das Herrschaftsgebiet der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gereist. Sie heiratete dort einen IS-Kämpfer, der kurz zuvor eine jesidische Frau und ihre fünf Jahre alte Tochter als Sklavinnen gekauft hatte.

Mit ihrem Ehemann zog W. in den Irak. Die versklavte Jesidin musste für das Ehepaar im Haushalt arbeiten. Wie das OLG im Oktober 2021 feststellte, misshandelte der Mann sie - teils auch nach Beschwerden von W. - häufig. Im August 2015 band er das kleine Mädchen im Hof in der prallen Sonne an ein Fenstergitter. Das Kind starb.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Dem Münchner Urteil zufolge schritt W. nicht ein, obwohl sie die Lebensgefahr für die Fünfjährige erkannte. Als sie den Tod des Mädchens billigend in Kauf genommen habe, sei dieses aber nicht mehr zu retten gewesen. Für zwei Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Versklavung, eins davon mit Todesfolge, sowie für Beihilfe zum Mordversuch durch Unterlassen und andere Taten verhängte das OLG gegen W. eine Haftstrafe von neun Jahren.

Hinzu kam eine Verurteilung zu zweieinhalb Jahren wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Beides wurde zu einer Gesamtstrafe von zehn Jahren zusammengefasst. Über die Einzelstrafe von neun Jahren und damit auch über die Gesamtstrafe soll ein anderer Senat in München nun neu verhandeln und entscheiden.

Grund ist, dass der BGH auf die Revision des Generalbundesanwalts hin „durchgreifende rechtliche Bedenken“ hinsichtlich der Münchner Annahme eines minderschweren Falls äußerte. Konkret zweifelte der BGH daran, dass das Münchner Gericht alle Umstände berücksichtigt habe. So seien etwa W.s Beweggründe und Ziele nicht als möglicherweise straferschwerend erörtert worden.

Es sei nicht auszuschließen, dass das OLG ohne die Rechtsmängel keinen minderschweren Fall gesehen hätte, so dass eine höhere Strafe hätte verhängt werden müssen. Auch W. selbst hatte sich mit einer Revision an den BGH gewandt. Diese wurde aber verworfen. Ihr Ehemann ist inzwischen rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt. (AFP, dpa)

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