zum Hauptinhalt
Bettina Kasten und Kristian Costa-Zahn agieren als Doppelspitze bei ARD Kultur

© Foto: ARD Kultur/Guido Werner

www.ardkultur.de gestartet: „Wenn Ihnen X gefällt, gefällt auch Y“

Ein neues ARD-Angebot versammelt Kulturbeiträge aus Mediathek und Audiothek der ARD. Ein Interview mit den Programmgeschäftsführern

Frau Kasten, Herr Costa-Zahn, es gibt Arte und ZDFkultur, auch Kultur bei Funk. Warum braucht es ARD Kultur?

COSTA-ZAHN: Weil Kultur ein großer Teil von uns ist. Wir wollen sichtbar machen, was es alles an Kultur im ARD-Kosmos gibt. Dafür sind wir im Austausch mit allen Landesrundfunkanstalten, der Deutschen Welle und dem Deutschlandradio und bündeln die Angebote auf dem Portal nach Kulturdisziplinen. Wer sich zum Beispiel für Hip-Hop interessiert, landet mit zwei Klicks bei der Doku-Serie „Dichtung und Wahrheit“ des HR und mit dem dritten beim Cosmo-Podcast „Machiavelli“, ganz nach der Logik: Wenn Ihnen X gefallen hat, könnte Ihnen auch Y gefallen.

Kulturangebote sind oft versteckt

Sie schaffen also Orientierung im Kulturdschungel?

KASTEN: In der ARD gibt es so viele tolle Audio- und Videoformate, die nicht ganz so einfach zu finden sind. Deshalb, ja, wir lassen die Kultur auf unserem Portal in neuem Licht erscheinen und geben mit dem Navigator jedem eine Taschenlampe in die Hand, um sich besser zurechtzufinden. Wir sind im Aufbau und am Wachsen.

COSTA-ZAHN: Wir kuratieren aber nicht nur, sondern geben auch, oft in Koproduktion mit den Landesrundfunkanstalten, neue Projekte in Auftrag, die Lücken im Portfolio füllen. Es gibt noch einige unterrepräsentierte Kulturbereiche, denen wir dafür den Vortritt lassen.

Welche Zielgruppe haben Sie im Blick?

COSTA-ZAHN: Auf dem Portal insgesamt alle, die sich für Kultur interessieren, von 14 bis Open End. Bei Neuproduktionen priorisieren wir die 30- bis 50-Jährigen. Als Vertreter dieser Altersgruppe finde ich, dass sie bisher programmlich vernachlässigt wurde.

Sie starten mit einer Fashion-Serie, einem True-Crime-Podcast, einem Rollenspiel- Format. Den Kulturbegriff fassen Sie sehr großzügig.

COSTA-ZAHN: Es gibt Redaktionen, die Kultur als generell Gesellschaft definieren. Das ist bei uns nicht so. Wir konzentrieren uns auf die kreativ schöpferischen Disziplinen. Von Street-Art bis Oper ist alles dabei. Wir unterscheiden nicht zwischen Sub- und Hochkultur.

Sie, Herr Costa-Zahn, kommen aus der Produzentenszene, die sich schon länger eine öffentlich-rechtliche Plattform für Innovation und Experimente wünscht. Gibt es bei ARD Kultur grenzenlose Freiheit?

COSTA-ZAHN: (lacht) Nicht ganz. Unser Briefing für Produktionen ist sehr klar, wie ich es mir als Produzent gewünscht hätte. Zu unseren harten Filtern gehört zum Beispiel unbedingt nationale Relevanz. ARD Kultur darf sich gerne nach Saarbrücken, Hamburg, Weimar anfühlen, aber es muss wie in der „Tatort“-Logik immer alle interessieren. Innovation, etwa in Form einer besonderen Erzählweise, ist uns auch wichtig. Wir sehen uns als Ergänzung des Angebotes, das Neues hervorbringt und nicht Dagewesenes potenziert.

Mit ARD Kultur wurde eine weitere ARD-Gemeinschaftseinrichtung geschaffen. Ist nicht Verschlankung das Gebot der Stunde?

KASTEN: In gewisser Weise sind wir eine Verschlankung, weil wir im Austausch mit allen neun Rundfunkanstalten das Kulturangebot der ARD an einer Stelle zeigen und bündeln.

COSTA-ZAHN: Genau, wir sind kein neu geschaffener Satellit, der um die neun ARD-Anstalten kreist, sondern Anspielpartner in der Mitte und Netzwerkknotenpunkt. Weil wir den Überblick haben, was bereits vorhanden ist und was fehlt, können wir helfen, bei Neuproduktionen besser zu koordinieren.

Sitz ist Weimar, also Thüringen. Warum nicht Halle in Sachsen-Anhalt? Strukturell ist ARD Kultur der MDR-Programmdirektion Halle zugeordnet.

KASTEN: Weimar ist nicht nur die Kulturstadt in Thüringen, was wir im Austausch mit lokalen Kulturschaffenden und Institutionen spüren. Von und zur Mitte Deutschlands sind für alle die Wege gleich lang. Wir sind eine Gemeinschaftseinrichtung. Wir gehören allen und wir sind alle.

Es wird also nicht bewusst jenes Bundesland gemieden, dessen Parlament im Dezember 2020 die Erhöhung des Rundfunkbeitrags stoppte, woraufhin ARD Kultur erst mal auf Eis gelegt wurde?

Wir wollen die Kultur boostern.

Bettina Kasten

KASTEN: Da sind wir die falschen Ansprechpartner. Wir kamen ohnehin erst danach ins Spiel.

COSTA-ZAHN: Und das ist auch gut so! Wir kamen aus unterschiedlichen Backgrounds bei ARD Kultur an Bord, weil wir die Mission richtig und spannend finden. Für Inhalte und Vernetzung sind wir die richtigen Ansprechpartner.

Dann zurück den Inhalten: Frau Kasten, während Ihrer ZDF-Zeit brachten Sie 24 Stunden „Faust“ auf den Bildschirm. Passt so was zu ARD Kultur? Oder wollen Sie eher Inhalte, die möglichst viele schauen?

KASTEN: Das ist immer der Wunsch, aber Sie wissen ja auch, die Kultur hat es nicht immer so leicht. Trotzdem, noch einmal so ein Event wie „24 Stunden Faust“, warum nicht, wenn wir genügend Mitstreiter finden? Unser übergreifendes Ziel ist: Wir wollen die Kultur boostern.

Was ist der Vorteil einer Doppelspitze?

KASTEN: Dass man nicht alleine ist! Kristian und ich können ARD Kultur gemeinsam wuppen, tragen und diskutieren.

COSTA–ZAHN: Kommissarisch waren wir schon etwas länger in der Verantwortung. Wir wissen, dass wir zusammen sehr gut funktionieren. Nebenher trägt jeder weiter seinen Hut.

Sie verfügen über ein Jahresbudget von fünf Millionen Euro. Massagesessel sind da nicht drin?

COSTA-ZAHN: Unser Büro ist nicht so schick wie manch andere ... aber das ist uns nicht wichtig. Bettina und ich kämpfen dafür, so viel Geld wie möglich in Inhalte und deren Distribution zu stecken.

Mit 25 neuen Projekten legen Sie los. Geht das 2023 in dieser Quantität weiter?

KASTEN: Das streben wir an, ja.

Die Krux ist: Wenn gespart werden muss, dann an Kultur. Wie finanziell stabil ist ARD Kultur konstruiert?

COSTA-ZAHN: Da wir gerade starten, denken wir, ehrlich gesagt, nicht übers Ende nach. Das Vorhaben ist auf jeden Fall bis Ende 2024 gesetzt. Und dann gibt es neue Entscheidungsrunden.

Das Interview führte Senta Krasser.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false