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Die Deutsche Welle in Bonn,

© dpa/ Marius Becker

Wegen „massiver Nötigung“ vor TV-Dreh: Journalisten der Deutschen Welle verlassen den Irak

Für die Sendung „Jaafar Talk“ wollte der Sender in Bagdad drehen. Aufgrund diverser Vorwürfe und Drohungen vonseiten der Behörden mussten das Team den Dreh absagen.

Mit harschen Protesten reagiert die Deutsche Welle auf die Behandlung von Moderator Jaafar Abdul Karim im Irak. Aus Sicherheitsgründen mussten Karim und das Team seines „Jaafar Talk“ das Land verlassen.

„Es ist alarmierend, wie Journalisten im Irak behandelt werden“, sagt DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge. „Die Bedrohung unseres Teams und des Moderators Jaafar Abdul Karim durch Kräfte im Irak, die der freien Meinungsäußerung einen Riegel vorschieben wollen, ist nicht hinnehmbar.“

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) schloss sich dem Protest an. „Unerhört, dass das irakische Regime die freie Berichterstattung der Deutschen Welle unterdrückt. Drohungen gegen Jaafar Abdul Karim sind durch nichts als durch blinden Fanatismus gerechtfertigt. Es ist richtig, dass die Deutsche Welle die Dreharbeiten abgebrochen und das Team in Sicherheit gebracht hat“, sagte Verbandssprecher Hendrik Zörner am Freitag dem Tagesspiegel.

Die Mitarbeiter des „Jaafar Talk“ wollten nach Senderangaben in der Hauptstadt Bagdad eine neue Folge für das arabischsprachige Programm drehen. In der Sendung sollte es um Jugendarbeitslosigkeit, Frauenrechte und politische Teilhabe gehen. Eingeladen waren dazu unter anderem auch irakische Vertreter der Regierung.

Vor Beginn des Drehs veröffentlichte ein irakisches Medium laut DW ein Video, in dem Karim vorgeworfen wird, ein „abnormales und perverses“ Sexualverhalten im Irak verbreiten zu wollen. Dabei seien Ausschnitte aus früheren Folgen von „Jafaar Talk“ über Homosexualität gezeigt worden.

Irakische Regierungsvertreter hätten daraufhin plötzlich eine Sonderdrehgenehmigung verlangt und dem Team mit Verhaftung gedroht, sollten sie ohne diese arbeiten. Dem Moderator sei zudem mitgeteilt worden, dass die Regierung keine Garantie für seine Sicherheit übernehmen könne.

„Diese massive Nötigung durch offizielle Behörden der Republik Irak ist eine beispiellose Einschränkung der Pressefreiheit“, hieß es nach dpa-Informationen in einer Protestnote, die der Sender der irakischen Botschaft in Berlin überreichte.

Der „Jaafar Talk“ erreicht nach Senderangaben Millionen von Menschen. Die Deutsche Welle biete damit eine Plattform für wichtige Debatten in der Region. „Auch nachdem wir gezwungen wurden, diese Sendung abzusagen, werden wir weiter über die Entwicklungen im Irak berichten“, kündigte Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge an.

Die Pressefreiheit im Irak ist stark eingeschränkt. Auf der weltweiten „Rangliste der Pressefreiheit“ der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) belegt das Land Platz 172 von 180.

Journalisten würden im Land von regierungsnahen Milizen angegriffen, verhaftet und bedroht; Morde an Medienschaffenden blieben zudem oft unbestraft. Iran-treue Milizen haben großen Einfluss auf die irakische Regierung.

Die Deutsche Welle bietet als deutscher Auslandssender Berichterstattung für TV, Radio und Online an und wird aus deutschen Steuermitteln finanziert. (mit dpa)

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