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Stellan Skarsgard als Luthen Rael und Diego Luna als Cassian Andor in der Disney+-Serie „Andor“.

© Des Willie / Lucasfilm Ltd.

„Star Wars“-Spin-off „Andor“: Disney+ rast höchst beachtlich durchs Lucas-Universum

Der Streamingdienst Disney+ zeigt mit „Andor“, dass er nicht nur bombastisch kann. Mitunter wirkt es so, als hätte Ridley Scott „Blade Runner“ in Mittelerde gedreht.

Herrje, ist die Science-Fiction durcheinander. Die – chronologisch, nicht numerisch – ersten drei Teile „Star Wars“ liefen etwa eine Generation nach ihrer Anschlusstrilogie, bevor sich die Reihe vom Rachefeldzug der Sith übers „Erwachen der Macht“ bis zu einer Reihe Ableger aller Art durch die Zeit schlängelte, um kurz vorm „Krieg der Sterne“ wieder bei „Obi-Wan Kenobi“ zum Stillstand zu kommen, während ein zwischengeschobenes Spin-Off ab heute sein Prequel erhält. Noch Fragen?

Vielleicht die: Wann nimmt der Ausverkauf funktionierender Filme und Serien je ein Ende? Offenbar niemals! Doch während Testosteronduschen wie „The Fast and the Furious“ den Intellekt mit jeder Autojagd mehr beleidigen und Superheldenableger ohnehin oft nerven, rast Disney+ höchst beachtlich durchs Lucas-Universum.

Schließlich wurde der Kanon galaktischer Fortsetzungen hier gerade sehenswert um „The Mandalorian“ erweitert, den ein Mann namens „Andor“ nun auf dem interstellaren Recyclinghof Morlana beerbt.

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Vorname Cassian, ist er Eingeweihten aus „Rogue One“ bestens bekannt. 2016 gab Diego Luna dem Rebellenspion im grimmigen Kampf gegen das Imperium eine leicht linkische, aber zielstrebige Durchschlagskraft. Fünf Jahre zuvor hingegen ist von der wenig zu spüren, wenn Showrunner Toby Gilroy („Bourne“) seine Titelfigur auf Widerstandscrashkurs schickt. Von Führungsqualität keine Spur, als er am Rand des imperialen Einflussbereiches versehentlich zwei Angestellte eines seltsamen Konzerns tötet.

Dessen Sicherheitsleute, angeführt vom verbissenen Offizier Syril Karn (Kyle Soller), machen fortan Jagd auf den Flüchtigen, der nicht nur verschuldet ist, sondern vom Minenplaneten Kenari stammt, mit dem die kosmische Diktatur noch Hühnchen zu rupfen hat. Weil er zudem ein Gerät besitzt, das deren Verteidigungslinie austricksen kann, erweckt Andor aber auch das Interesse des Rebellionsveteranen Rael (Stellan Skarsgård), der ihn ausbildet.

Waffen und Werkzeuge mit retrofuturistischem Look

Inhaltlich geht es also ungefähr auf Anno 1977 Erdenzeit, als Luke Skywalker mithilfe eines mysteriösen Greises zum Widersacher der galaktischen Tyrannei berufen wird. Fast 50 Jahre und viele Milliarden Dollar Umsatz später beschränken sich Gilroys Regisseure Toby Haynes, Susanna White, Benjamin Caron selten darauf, Hightech-Schlachten mediäval zu kostümieren.

Wie zuletzt im Exil des kampfesmüden „Obi-Wan Kenobi“, umrahmen originell animierte Kulissen ein mental brüchiges Personal, das mehr darstellt als Komparsen zeitgenössischer Filmtricks.

Deshalb sieht auch diese Space Opera so aus, als hätte Ridley Scott „Blade Runner“ in Mittelerde gedreht. Verregnet vom permanenten Unwetter einer dystopischen Endzeit, ist darin zwar nahezu alles digitalisiert; die Computer und Bildschirme, Waffen und Werkzeuge jedoch sind so rustikal, als sei die Zukunft schmiedeeisern.

Was ästhetisch an retrofuturistische Fieberträume wie „Tales from the Loop“ oder „Severance“ erinnert, dekoriert am Ende Disneys sichtbares Interesse an der Persönlichkeitsentwicklung der Charaktere.

Die Genese der wichtigsten Figur wird durch ständige Rückblenden in Cassians Kindheit erklärt. Sie beschert dem erwachsenen Andor schon darum Albträume, weil ihn der Überlebenskampf seiner Jugendgang im „Herr-der-Fliegen“-Stil so traumatisiert hat, dass seine Abneigung gegen Fremdherrschaft psychologisch plausibel wird.

Und nachdem sich die Rebellin Maarva (Fiona Shaw) des künftigen Aufrührers annimmt, zieht er vom Wald- auf Wüstenplaneten, wo er im Lauf der Serie zum Krieger wird, der später (also früher) „Rogue One“ rockt.

Dass ihn ein stotternder Droide und die bildschöne Adria Arjona als Schrotthändlerin Bix begleiten, zählt dabei ebenso zum Genrestandard wie Stormtrooper von beklagenswerter Treffunsicherheit. Abgesehen davon ist ständig ein großer Spaß der Verantwortlichen an kreativer Zoologie, Kybernetik, Architektur, Gesellschaft zu spüren.

Wobei letztere Links in die Angstsysteme heutiger Diktaturen setzt – und zwar auch mithilfe variabler Protagonistinnen wie der imperialen Überzeugungstäterin Meere (Denise Gough) oder Senatorin Mothma (Genevieve O'Reilly), mit denen es Andor zu tun kriegt. Ohne Macht oder ähnlichem Brimborium, aber mit Zeit für Figuren.

„Andor“ hat zwölf Folgen. Die ersten drei Teile sind ab 21. September bei Disney+. Danach erscheint jeden Mittwoch eine neue Episode der „Star Wars“-Serie. Anfang 2023 folgt die dritte Staffel „The Mandalorian“. Außerdem erscheinen das Spin-off „Ahsoka“ und die Abenteuer-Serie „Skeleton Crew“ über eine Gruppe Kids auf einem Raumschiff.

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