zum Hauptinhalt
Kaiserin Elisabeth im Morgenlicht: Auf einem Gemälde von Franz Xaver Winterhalter von 1864.

© ZDF/Public Domain

Lebendiger denn je: Das mediale Phänomen Sisi

Die Arte-Dokumentation „Sisis Erben“ geht dem familiären Vermächtnis von Kaiserin Elisabeth von Österreich nach.

Sie scheint geradezu omnipräsent – auf den Kino-Leinwänden und Fernseh-Bildschirmen, auf den Covern neuer zeithistorischer Biographien oder belletristischer Romane auf den Büchertischen in den Buchhandlungen, auf den Leuchtreklamen und Litfaßsäulen. Überall leuchtet einem ihr Antlitz entgegen – mitunter verkörpert von jungen neuen Gesichtern des deutschsprachigen oder auch internationalen Films.

Das Phänomen Sisi – historisch korrekt mit nur einem „s“ geschrieben – scheint von zeitloser Aktualität und bringt insbesondere zur Zeit eine regelrechte Flut an Neuen zutage. So unternimmt die Fernseh-Dokumentation „Sisis Erben“ von Filmautor Martin Koddenberg den Versuch, im Einstunden-Format die Geschichte der familiären Nachkommen der Kaiserin näher zu beleuchten, und insbesondere mittels der biographischen Abrisse ihrer vier Kinder auch sie, die Mutter, doch nochmal anders zu erzählen.

Die Narration von „Sisis Erben“ erzählt so das Schicksal der Kaiserin im Spiegel ihrer vier Kinder, und vice versa, die biographische Entwicklung ebendieser Kinder im Schatten ihrer Mutter, die für einige von ihnen, nicht für alle, „die fremde Frau“ ist, wie es im Film an einer Stelle heißt. In der neuen Dokumentation – die recht konventionell gehalten ist und zwischen Interviews, Reenactment und dem Einsatz historischen Materials wechselt – kommen Kuratoren Wiener Museen und der Hofburg ebenso zu Wort wie Wiener Biographinnen der Kaiserin.

Die 1837 in München geborene Elisabeth, die 1854 mit ihrem Cousin Franz Joseph verheiratet wird, bringt bereits im Alter von siebzehn Jahren ihr erstes Kind zur Welt, Tochter Sophie. Die Zweitgeborene wird Tochter Gisela – wieder hat sie keinen männlichen Thronfolger geboren. Während einer Reise nach Ungarn stirbt die erst zweijährige Sophie – eine erste, harte Belastungsprobe für die noch junge Ehe, und ein erster großer Schatten, der sich über Elisabeths Gemüt legt.

Mit der Geburt des Kronprinzen und Thronfolgers Rudolf im Jahr 1858 hätte noch alles gut werden können. Doch es wird nicht alles gut. Sisi ergreift regelrecht die Flucht und bleibt ihren beiden Kindern ganze zwei Jahre fern. Gisela und Rudolf wachsen ohne Mutter auf.

Die „Elfenkönigin Titania“ und ihre Traumwelt

Als sie schließlich an den Hof zurückkehrt, da erkennen ihre eigene Tochter und ihr eigener Sohn sie, die Fremde, zunächst nicht. Sie habe „ein gestörtes Verhältnis zu ihren Kindern“, heißt es im Film.

Sisi, die sich selbst einmal als „die Elfenkönigin Titania“ bezeichnet, lebt in ihrer ureigenen Traumwelt, die primär aus Reisen besteht. Sie beschäftigt sich sehr mit sich selbst, geht ihren eigenen Interessen nach, neben dem Reisen ist es das Reiten, befolgt ungern Hof-Protokoll und Erwartungen Dritter. Sisi, die Unangepasste.

Das vierte und letzte Kind ist Tochter Marie Valerie. Sie wird jene Tochter sein – und es kommt einem Bruch mit ihrem bisherigen Mutter-Dasein gleich –, um die sich Elisabeth liebevoll kümmert. Marie Valerie lernt eine Mutter kennen, die ihre anderen Kinder nie hatten.

Bei Marie Valerie, 1868 in Ungarn geboren, kehrt sich alles um: Sisi erdrückt sie regelrecht mit ihrer Zuneigung. Was bei den anderen drei Kindern mangelte, das ist beim vierten zuviel. Marie Valerie ist es auch, die in die Linie der Habsburger einheiratet – nach dem Untergang der Monarchie ist sie ab April 1919 Marie Valerie Habsburg-Lothringen.

Jahre zuvor soll ihre Mutter Sisi ein weiterer schwerer Schicksalsschlag ereilen, der sie, die Rebellin, die zu Depressionen neigt, noch mehr in ihre Welt versinken lässt: 1889 nimmt sich ihr Sohn Rudolf gemeinsam mit seiner jungen Geliebten Mary Vetsera auf Schloss Mayerling das Leben.

Von diesem Moment an trägt Sisi nurmehr Schwarz. Als Elisabeth am 10. September 1898 das Genfer Hotel Beau-Rivage verlässt und die Seepromenade Quai Mont Blanc entlanggeht, da stürzt sich der italienische Anarchist Luigi Lucheni auf sie und stößt ihr eine Feile mitten ins Herz. Noch vor Ort stirbt sie im Alter von 60 Jahren. Das mediale Phänomen der Sisi hat bis heute überlebt und scheint lebendiger denn je.

„Sisis Erben – Die Kinder der Kaiserin Elisabeth“, Arte, 29. September, 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false