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Ein schönes Paar, aber nicht das Traumpaar der „Sissi“-Filme: Devrim Lingnau und Philip Froissant in „Die Kaiserin“.

© dpa / Netflix/dpa

„Die Kaiserin“ bei Netflix: Elisabeth vom Thron geholt

Weit weg von der „Sissi“-Trilogie. In der neuen Netflix-Serie wirkt Elisabeth beinahe bürgerlich. Der Titel „Die Kaiserin“ gebührt jedoch einer anderen Figur.

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Bei den Royals muss man sich umgewöhnen: Früher war die Queen „not amused“, wenn ihr eine Äußerung oder ein Verhalten nicht gefiel. Heute wird davon ausgegangen, dass König Charles III. nicht erfreut ist, wenn ausgerechnet in den ersten Monaten seiner späten Regentschaft die fünfte Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ jene wenig schmeichelhaften Ereignisse aus den 1990er Jahren rund um Lady Diana, ihn selbst und Camilla – die inzwischen den Titel Queen Consort trägt – wieder aufwärmt.

„Wir waren zu dritt in der Ehe, es war also ein wenig eng“, hatte Diana das Eheproblem seinerzeit kommentiert. Man darf gespannt sein, welche Schwerpunkte „The Crown“-Showrunner Peter Morgan in der neuen Staffel mit Imelda Staunton als gealterte Königin Elizabeth setzt. Fest steht inzwischen jedenfalls, dass die Fortsetzung der höchst erfolgreichen Serie am 9. November starten wird.

An diesem Donnerstag nimmt jedoch erst einmal ein anderes royales Drama seinen Lauf. Am 29. September startet bei Netflix „Die Kaiserin“. Damit gemeint ist Elisabeth von Österreich-Ungarn. Showrunnerin und Head-Autorin Katharina Eyssen hat die erste Staffel so angelegt, dass Fortsetzungen nicht nur möglich, sondern fast zwangsläufig sind. Was mit dem Stoff alles möglich ist, zeigen die verschiedenen neuen Sisi-Filme wie „Corsage“ und -Serien wie zuletzt von RTL.

Obwohl die Erzählung von der großen Liebe zwischen der bayerischen Herzogin Elisabeth und dem österreichischen Kaiser Franz Joseph auch diesmal im Mittelpunkt steht, hat Eyssen viel unternommen, nicht ins Donau-Fahrwasser der rührseligen „Sissi“-Trilogie von Ernst Marischka aus den 1950er Jahren zu geraten.  

Am wichtigsten dabei die Besetzung der Hauptrollen. Der Erfolg von „Sissi“ wäre ohne das Traumpaar Romy Schneider und Karlheinz Böhm nicht möglich gewesen. Mit Devrim Lingnau als Elisabeth und Philip Froissant als Franz Joseph wurden zwei Schauspieler ausgewählt, die zwar ebenfalls ein schönes Paar abgeben, ohne aber auf einen Sockel gestellt zu werden.

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Das Serien-Drama von Netflix ist dabei überreich an Konflikten, die längst nicht alle Elisabeth betreffen. Der Kampf von Franz Josephs jüngerem Bruder Maximilian (erfrischend frech: Johannes Nussbaum) um Bedeutung und Anerkennung belastet nicht nur das Verhältnis der beiden, sondern wird zunehmend zu einem politischen Problem für den Kaiser.

Ob es nur Zufall ist, dass Maximilian an Harry, den Bruder des britischen Thronfolgers William, erinnert? Dass eine Ex-Liebschaft nicht einsehen will, dass Franz Josephs Herz nun ein anderen gehört, setzt den Kaiser jedenfalls zusätzlich unter Druck.

Aber vor allem ist es die übermächtige Frau Mama, gegen die sich der junge Regent behaupten muss. Überhaupt ist es Melika Foroutan als Erzherzogin Sophie, der in der ersten Staffel dieser neuen Serie der Titel „Die Kaiserin“ gebührt.

Entspanntes Kennenlernen. Noch soll sich Kaiser Franz Joseph (Philip Froissant) mit Helene von Bayern verloben. Doch er fühlt sich mehr zu ihrer Schwester Elisabeth (Devrim Lingnau) hingezogen.
Entspanntes Kennenlernen. Noch soll sich Kaiser Franz Joseph (Philip Froissant) mit Helene von Bayern verloben. Doch er fühlt sich mehr zu ihrer Schwester Elisabeth (Devrim Lingnau) hingezogen.

© Netfix

Während sich Elisabeth erst auf dem Weg vom trotzigen Mädchen aus Possenhofen zur Gemahlin eines der mächtigsten Männer seiner Zeit entwickeln muss, weiß sie um ihre Aufgabe: die Erhaltung von Monarchie und Kaiserreich sowie die Fortsetzung der Habsburger-Dynastie.

Von „The Crown“ bis zur „Kaiserin“ ist der Weg der Pflichterfüllung gar nicht mal so weit. Und doch unterscheidet sich diese Sophie ganz erstaunlich von dem Sopherl der Sissi-Trilogie, jener kühlen, beinahe herzlosen Schwiegermutter.

Die neue Sophie hat durch Verständnis für die Nöte von Elisabeth, sie besitzt jedoch die Stärke, sich nicht von Gefühlen leiten zu lassen – jedenfalls meistens, den die Erzherzogin hat noch eine unbekannte Seite. Eine Neuinterpretation erfahren auch Elisabeths Eltern Ludovika (Jördis Triebel) und ihr Gatte Maximilian.

Zudem ist „Die Kaiserin“ die politischste Interpretation der Sisi-Geschichte. In der ersten Staffel steht Kaiser Franz Joseph einerseits innenpolitisch durch revolutionäre Freiheitsbewegungen unter Druck. Nur mit Mühe gelingt es den Sicherheitskräften, den Aufruhr der unter Armut und Hunger leidenden Menschen zu unterdrücken.

Anderseits versucht er alles, um Österreich aus einem Krieg mit Russland zu halten. Denn er hat eine andere Vision für die Zukunft der Habsburger-Monarchie. Mit dieser Politik gerät er nicht nur mit Frankreich in Konflikt, auch innerhalb des Landes formiert sich Widerstand.

Und Elisabeth? Sie bleibt als junge Kaiserin der bekannte Wildfang, eine Rebellin, die zugleich fügsam sein kann, wenn es die Rolle verlangt. Aber mit Devrim Lingnau doch erheblich nahbarer ist als Romy Schneider.

Natürlich gibt es die herausgeputzte Braut mit der wallenden Schleppe über dem Kirchenboden. Doch wenn Sisi – wie häufig – ohne Schmuck und in einfachen Kleidern durch Schloss Schönbrunn geht – gedreht wurde übrigens an Orten in Bayern und im Babelsberger Studio –, wirkt sie beinahe bürgerlich. Ob die echte Elisabeth darüber „amused“ gewesen wäre?

„Die Kaiserin“, Staffel eins mit sechs Folgen, ab 29. September bei Netflix

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