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Atemberaubend schrecklich: Samuel (Serkan Kaya), Tanja (Andrea Sawatzki) und Gilles (Jürgen Vogel, von l.).

© RTL/TN Now

Langweiligste Serie der Welt?: Männer, die die Zeit totschlagen

Originelle Idee, ermüdend derb: Die Comedy-Serie „KBV – Keine besonderen Vorkommnisse“ auf TVNow.

Zwei Hamburger Kriminalbeamte beobachten ein Lagerhaus, in dem zwei Ganoven auf eine Drogenlieferung warten. Macht zusammen: vier Männer, die die Zeit totschlagen. Und dann gibt es noch die beiden Frauen, die in der Leitstelle der Polizei eigentlich auch nichts zu tun haben. Sechs Darstellerinnen und Darsteller plus einige Gaststars, die sich (fast) nicht vom Fleck bewegen und (fast) nur miteinander reden – das ist das minimalistische Szenario von „KBV – Keine besonderen Vorkommnisse“, einer Adaption der australischen Serie „No Activity“ (2015). Die Mediengruppe RTL verspricht – Achtung, Selbstironie – eine „sterbenslangweilige Cop-Comedy“. Gemeint ist natürlich das Gegenteil („KBV – Keine besonderen Vorkommnisse“, TVNow, ab Donnerstag).

Gelungen ist so ein Mittelding. Es geht ähnlich peinlich, aber nicht so abwechslungsreich und lustig zu wie in „Jerks“ (auf Joyn) und ähnlich handlungsarm, aber nicht so berührend und vielschichtig wie in „Warten auf’n Bus“, der RBB-Serie. Denn der Unterhaltsamkeit der Zweierteams werden regelmäßig derbe Tiefschläge verpasst. Irgendein infantiler Penis- oder Masturbationswitz geht immer.

Das kann sehr ermüdend sein, auch wenn man es nicht abstoßend, sondern komisch finden sollte, wenn sich Männer über den Sex von siamesischen Zwillingen Gedanken machen oder Lebensweisheiten von dieser Qualität mit ernster Miene vortragen: „Kacken und Onanieren zur gleichen Zeit, das funktioniert nicht.“

Das ist schade, denn die Grundidee ist originell und die Besetzung ziemlich genial: allen voran Jürgen Vogel als Kriminalhauptkommissar Gilles mit atemberaubend schrecklicher Vorne-ganz-kurz-hinten-ganz-lang-Frisur und Serkan Kaya („Andere Eltern“, „Der König von Köln“) als sein schnauzbärtiger Freund und Kollege Samuel.

Beide sehen aus, als wären sie beim Dreh einer 40 bis 50 Jahre alten US-Polizei-Serie am Set vergessen worden und seither gar nicht gealtert. Zu Beginn herrscht noch dicke Luft, weil Gilles auf dem Weg zur Observation einigen Sperrmüll einsammelte und nun ein ausgestopfter Albino-Pfau auf dem Rücksitz thront.

Die Frauen sind nicht ganz so ordinär

Hinreißend auch das Ganovenpaar: Der Musiker und Schriftsteller Rocko Schamoni gibt mit Perücke den stoischen, nicht ganz so hellen Bernhard, Denis Moschitto den veganen Killer Maurizio, der seinen Vater sucht. So wie Gilles und Samuel eigentlich nur Polizistendarsteller sind, die nichts tun und zu nichts zu gebrauchen sind, verschwimmen auch bei den Ganoven Traum, Anspruch und Wirklichkeit.

In der ersten Folge werden Maurizio und Bernhard mit einer vielversprechenden Szene eingeführt, in der der eine mit einer Feuerzeugpistole in der Hand Tarantino und die Bibel, also „Gott“, zitiert, und der andere „voll hart“ den Carsten-Maschmeyer-Blick probiert. Schließlich geschieht doch etwas: Bernhard muss mal und wird von Samuel über den Haufen geschossen, weil der das Feuerzeug für eine echte Waffe hält.

In der Leitstelle der Polizei offenbaren derweil Annette Frier und Maike Jüttendonk als Carola und Danni komisch-finstere Geheimnisse. Die Frauen sind nicht ganz so ordinär, aber eigentlich auch immer mit dem Thema Männer und Sex beschäftigt. Hier wird schonungslos über die korrekten Stränge geschlagen. Dazu passt insbesondere der Auftritt des Comedian Carl Josef Statnik als Carolas 15-jähriger, behinderter Sohn Alex, der zwar von der Mama „Mausebärchen“ genannt wird, aber sein Taschengeld mit gefakten Nacktfotos aufbessert.

Darsteller Statnik ist wegen einer muskulären Erbkrankheit auf den Rollstuhl angewiesen und verarbeitet sein Handicap mit viel schwarzem Humor. Mit Youtube-Videos und Fernsehauftritten wurde der Teenager aus Niedersachsen bekannt.

Außerdem treten zeitweise in Erscheinung: Kida Khodr Ramadan („4 Blocks“), Christina Große, Andrea Sawatzki und Rauand Taleb. Und Daniel Zillman („Tanken – Mehr als Super“, „Andere Eltern“) erfreut diesmal als übereifriger Lars von der Hafen-Security, der ebenfalls nichts erlebt, aber all das, was nicht passiert, wortreich meldet, zum Beispiel „ungewöhnliche Möwen-Ansammlungen“.

„KBV – Keine besonderen Vorkommnisse“ ist Teil der „Fiction-Offensive“ von RTL. Die von Warner produzierte Comedy-Serie wird erst einmal im RTL-Streamingdienst TVNow als Premium-Angebot verbreitet. Das monatliche Premium-Abo kostet 4,99 Euro. Der kreative Kopf im Hintergrund ist der Kölner Autor, Regisseur und Produzent Lutz Heineking jr. („Drinnen“, „Andere Eltern“), der sich bei den Dreharbeiten teilweise in Quarantäne befand und per Videocall Regie führte. Eine zweite Staffel wurde bereits in Auftrag gegeben und soll im zweiten Quartal gedreht werden.

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