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Cover des ersten hanserblau-Programms

© promo

Hanser hat ein neues Sublabel: Sternstunden der Betriebswirtschaft

Der Hanser Verlag versucht mit seinem neuen Label hanserblau "die breite Öffentlichkeit" zu erreichen. Ob das mit einem Autor wie Rocko Schamoni gelingt?

Die Welt hat darauf nicht gewartet, bei allem Respekt: auf einen neuen Roman von Rocko Schamoni. Den kennen sicher so einige Menschen weniger als Schriftsteller, sondern mehr als Golden-Pudel-Club-Betreiber, Musiker, begnadeten Entertainer oder auch einfach als Hamburger Szene-Größe.

Bereit ist die Welt jedoch durchaus, nach Romanen wie „Dorfpunks“ oder „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“ einen weiteren Schamoni-Roman zu lesen, einen historischen gar, über St. Pauli in den frühen sechziger Jahren. „Große Freiheit“ heißt der und erscheint im Hanser Verlag, genauer: hanserblau, so klein und zusammengeschrieben will es der Verlag, einem nach Hanser Berlin neu gegründeten Berliner Sublabel des in München angesiedelten Hauses.

Im Frühjahr erscheint das erste Programm mit vier Romanen und vier Sachbüchern. Allerdings fragt sich: Wofür hat Hanser diesen Verlag eigentlich gegründet? Um Rocko Schamoni von Piper loszueisen? Um endlich auch Titel für laut Programmvorschau „Leser und Leserinnen großer Stoffe wie Dörte Hansen und Carmen Korn“ anbieten zu können, so wie Beatrix Kramlovskys Roman „Die Lichtsammlerin“? Tatsächlich stellt sich der Verlag als hanserblau-Profil „eingängig erzählte, handlungsgetriebene zeitgenössische Romane und aktuelle meinungsstarke Sachbücher“ vor. „Unsere Autoren und Autorinnen schreiben für eine breite Öffentlichkeit, durchaus mit Blick auf eine vermehrt weibliche Leserschaft“, so sagt es Verlagsleiterin Ulrike von Stenglin, die vorher beim Ullstein Verlag für das neue, jugendlich orientierte Label Ullstein fünf zuständig war.

Auch Michael Krüger verlegte nicht nur Literaturnobelpreisliteratur

Der Move, den Hanser hier macht, ist durchaus ungewöhnlich. Denn der Trend in der Verlagswelt ging zuletzt in Richtung jung, hip, beweglich, anders, mit neuen Labels wie eben Ullstein fünf, dem Tempo Verlag (Hoffmann & Campe), den Verlagen Hardcore und Encore (Heyne) oder dem schnell wieder eingestellten Metrolit Verlag (Aufbau). Hanser dagegen sucht die Breite, will explizit mit einem Publikumsverlag ins Rennen nicht zuletzt um die Chartplätze gehen. Jung, hip und anders hat der Verlag schließlich mit Veröffentlichungen wie „Serverland“ von Josefine Rieks, „Über Deutschland, über alles“ von Pascal Richmann oder demnächst Takis Würgers Roman „Stella“ schon im Hauptprogramm oder beim anderen Berlin-Ableger.

Andererseits würde Rocko Schamoni dort genauso gut reinpassen, gibt es bei Hanser die Anna Gavaldas und Alex Capus. Auch Michael Krüger, der legendäre Hanser Verleger, der Ende 2013 seinen Stuhl für Jo Lendle räumte, verlegte bekanntlich nicht nur Literaturnobelpreisliteratur, auch er dachte ökonomisch, hatte ein Eric-Emmanuel-Schmidt- und Carmen-Korn-Publikum im Visier.

Nein, erschließen will sich diese hanserblau-Gründung nicht wirklich. Sie hat nicht einmal den Zauber eines Anfangs wie etwa bei Tempo (von wegen des Magazins) oder Ullstein fünf mit konsequent vielen jungen Autoren und Autorinnen. Aber vielleicht urteilt der Buchmarkt ja anders, kommt es im hanserblau-Fall tatsächlich zu Sternstunden der Ökonomie.

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