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„Das Duell bei n-tv“ mit Heiner Bremer. Abschied am Montag um 17 Uhr 10.

© dpa

Interview mit Heiner Bremer: „Endlich sagt’s mal einer!“

Gute oder schlechte Zeiten für den Journalismus? Moderator Heiner Bremer über Populismus, die AfD und TV-Duelle ohne Moderator.

Herr Bremer, am 6. Juni läuft zum letzten Mal „Das Duell bei n-tv“. Warum hören Sie auf, das Renteneintrittsalter haben Sie mit 75 Jahren doch ohnehin schon vor ein paar Jahren absolviert?

Ich wollte gehen, so lange ich noch fit genug bin, andere Dinge zu machen, mehr private Zeit zu haben. Ich hatte zwei Daten im Kopf: Das war zuerst die Bundestagswahl 2013, aber da hat mich der Sender von abgebracht. Die zweite Option war jetzt mein 75. Geburtstag. Die Bundestagswahl 2017 war mir doch noch zu lange hin.

Was für andere Dinge können das sein?
Wichtig ist mir, nicht unbedingt in diesem wöchentlichen Rhythmus weiterzuarbeiten. Am Montag eine Sendung zu haben, heißt: das Wochenende ist im Eimer – wenn man sich vernünftig vorbereiten will.

Also stecken keine großkoalitionären Ermüdungserscheinungen hinter Ihrer Entscheidung.
Wenn ich eine politische Ermüdungserscheinung habe, dann ist es eher das bei mir wachsende Unverständnis darüber, wie Politik zur Zeit abläuft. Die Politik gestaltet nicht mehr wirklich, sondern verwaltet nur noch – und ist in weiten Bereichen relativ prinzipienlos geworden. Das kenne ich von früheren Jahren nicht so. Es ist auf Dauer ermüdend, das anzuprangern, weil man nicht das Gefühl hat, etwas zu bewirken.

Was hat sich da konkret geändert?
In der politischen Auseinandersetzung und im Journalismus gibt es nach meinem Geschmack inzwischen zu viel Mainstream. Und zu wenig Bemühungen, gegen den Strich zu bürsten. Es wird viel nachgeplaudert, was die allgemeine Meinung ist. In der derzeitigen Entwicklung mit dem wachsenden Populismus vor allem von rechts halte ich das für ganz gefährlich.

Welche Ursachen hat das?
Es gibt nicht den Mumm abzuweichen. Vielleicht fehlt zudem die Zeit für eine Gegenrecherche. Möglicherweise sind viele Medienhäuser auch gar nicht mehr daran interessiert, dass man eine abweichende Meinung vertritt. Selbst der „Spiegel“ weiß nicht mehr ganz klar, was er will. Dabei kommt es doch gerade darauf an, Reibung zu erzeugen, wenn du das Publikum erreichen und binden willst. Egal, ob es sich um eine gedruckte Publikation handelt oder erst recht bei elektronischen Medien. Der Leser oder Zuschauer muss sich entweder über eine Äußerung aufregen oder denken können: Endlich sagt’s mal einer!

Sind es eigentlich gute oder schlechte Zeiten für den Journalismus?
Es könnten sehr gute sein, weil die in der Bevölkerung stattfindende Politisierung ein Nährboden für aufklärerischen Journalismus ist. Anders als vor einigen Jahren, als viele dachten: das geht schon gut, die Kanzlerin wird sich kümmern, mangelt es ja nicht an Ereignissen. Inzwischen haben wir eine Herausforderung wie die AfD. Da könnte in puncto guter Journalismus noch mehr passieren.

Bei den Präsidentenwahlen in Österreich gab es eine Novum: Ein Duell der Spitzenkandidaten ohne Moderator. Ein Vorbild?
Das war der schlagende Beweis, dass ein Streitgespräch zwischen zwei Personen, die um den gleichen Posten kämpfen, nicht ohne Moderator auskommt, der mäßigend wirkt. Schließlich ging es um das Präsidentenamt. Am Ende wird der Zuschauer denken, wir haben ja überhaupt keinen vernünftigen Präsidenten demnächst. Damit hat der Sender sich selbst, den Kandidaten und dem österreichischen Volk keinen Gefallen getan.

Also kein Modell für die Zukunft.
Unter anderen Bedingungen kann das funktionieren. Bei n-tv hatten wir die Sendung „Glotz & Geißler“. Hier ging es aber um Sachthemen. Die Protagonisten hielten sich an Spielregeln. Die beiden waren vorher in meinen „Duell“-Sendungen und wussten, wie das geht, auch wenn kein Moderator dabeisitzt.

Was kann man davon zum Beispiel für das Duell der Kanzlerkandidaten ableiten?
An diesem Duell hat mich immer gestört, dass die Kandidaten in sehr steifen Spielregeln eingesperrt sind. Das müsste lockerer werden, wenn nötig auch mit zwei Nachfragen eines Moderators. Allerdings fürchte ich, dass die Politik nicht bereit ist, das Protokoll zu lockern.

Und was wird mit Ihrer Sendung „Das Duell bei n-tv“?
Das „Duell“ war sicher ein Aushängeschild des Senders, hat n-tv mitgeprägt, im Sinne eines politisch engagierten, aufklärerischen Journalismus. Das Ziel ließe sich auch erreichen über das klassische zwölf bis 15 Minuten lange 1:1-Gespräch, in dem hart nachgebohrt werden kann, damit sich kein Politiker einfach rausreden kann, wie in den im TV-Geschäft üblichen Schnell-Interviews.

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Seit 23 Jahren ist Heiner Bremer für die RTL-Gruppe im Einsatz, 13 Jahre lang hat er „Das Duell bei n-tv“ moderiert. Seinen 75. Geburtstag nimmt Bremer zum Anlass, einen Gang zurückzuschalten. Am Montag wird er seinen Polit-Talk auf n-tv zum letzten Mal moderieren, AfD-Vize Alexander Gauland ist zu Gast. Vor seiner Zeit bei RTL, wo er 1993 das „RTL Nachtjournal“ entwickelte, zehn Jahre moderierte und leitete, war Bremer beim „Stern“, zwischen 1986 und 1989 in der Chefredaktion.

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