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Der RBB in der Diskussion. Ein externer Kandidat soll an die Senderspitze.

© dpa

Diskussionen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Alles schaut auf uns

Vertrauenskrise beim NDR, Vetternwirtschaft an der RBB-Spitze, schwierige Intendantensuche – Medienexperten fordern, dass Öffentlich-Rechtliche auf ihr Publikum zugehen sollen.

Die Causa Schlesinger/Vetternwirtschaft/RBB und die Folgen: Kein Tag ohne Diskussionen über Leistungen, Grenzen und Kontrollen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Nun hat Sachsen-Anhalts Medienminister Rainer Robra (CDU) im „Zeit“-Gespräch neue Machtverhältnisse an der Spitze der ARD-Sender geforderte: „Die Intendanten sind zu machtvoll. Dieses monokratische ,Alles schaut auf den Intendanten´ bei uns ist nicht mehr zeitgemäß“. Wir bräuchten in den Sendern stattdessen einen ans Aktienrecht angelehnten Vorstand, in dem die Macht verteilt ist.“ Der Schweizer Rundfunk hat das bereits.

Die zutage getretenen Missstände beim RBB seien „systembedingt“, kritisiert Robra. Das System setze an seiner Spitze charakterlich sehr starke Persönlichkeiten voraus, weil es Versuchungen schafft, die man nicht schaffen sollte. Man dürfe „sich nicht damit zufriedengeben, dass man den Einzelfall Schlesinger geißelt und sonst so tut, als könne Ähnliches anderswo gar nicht vorkommen.“ Daher werbe er dafür, „dass wir den Fall Schlesinger als Anlass nehmen für eine beherzte ARD-Reform.“

Robra hat dabei auch den NDR im Blick. Nach Vorwürfen gegen redaktionelle Führungskräfte des Norddeutschen Rundfunks am Standort Kiel hat der unabhängige Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein eine Prüfung eingeleitet. Der Fall dreht sich um Vorwürfe im Zusammenhang mit der Politik-Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders.

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„Business Insider“ und der „Stern“ hatten über Vorwürfe berichtet, wonach es eine Art Filter durch die Vorgesetzten in der Redaktion geben könnte. Dabei ging es beispielsweise um ein Interview, das ein NDR-Journalist habe führen wollen, was seine Vorgesetzten aber abgelehnt hätten.

In einem Schreiben an die Funkhaus-Spitze forderten zahlreiche NDR-Mitarbeiter die lückenlose und transparente Aufarbeitung aller Vorwürfe. Es gehe um die Reputation des Senders. In dem Schreiben war auch die Rede von verloren gegangenem Vertrauen. Der Deutsche Journalisten-Verband Nord betonte, allein der Eindruck, dass es einen Eingriff in die politische Berichterstattung gegeben haben könnte, schade dem Sender – dessen Kapital Vertrauen in unabhängigen Journalismus sei.

Die Öffentlich-Rechtlichen seien wertvoller denn je

Die Öffentlich-Rechtlichen müssen nach Ansicht von Fachleuten viel stärker den Dialog mit dem Publikum suchen. Bei einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung zu „Öffentlich-rechtliche Medien: Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft“ sagte Jürgen Betz von der Historischen Kommission der ARD, die Öffentlich-Rechtlichen, seien wertvoller denn je, müssten aber mehr daraus machen. Die Menschen müssten in einer komplexen Welt stärker mitgenommen, es müsse mehr erklärt werden.

Der rheinland-pfälzischen Staatssekretärin Heike Raab, die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder ist, fehlen Kanäle der Diskussion zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Bevölkerung. Kritik aus dem Publikum müsse ernst genommen werden. Dazu passt auch eine Forsa-Umfrage der „FAZ“. Nur 13 Prozent der Menschen in Berlin und Brandenburg befürworten demnach an der Spitze des RBB künftig jemanden, der oder die aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt. 66 Prozent der Berliner und 70 Prozent der Brandenburger präferieren externe Kandidatinnen.

Viel Arbeit für den Rundfunkrat des RBB, der in diesen Tagen nach Schlesingers Demission einen Interims-Intendanten sucht und sich nun am nächsten Mittwoch entscheiden will. Zuletzt wurden Namen wie Ex-NDR-Intendant Lutz Marmor oder Reinhart Binder, Ex-Justitiar sowie Direktor Recht und Unternehmensentwicklung beim RBB, gehandelt. Wie aus dem Sender am Mittwoch zu erfahren war, soll und wird der Interims-Intendant aber nicht aus dem Haus kommen.

Immerhin: Das umstrittene Bonus-System für Führungskräfte beim RBB wird abgeschafft. Die Vorsitzende des Verwaltungsrats, Dorette König, sagte am Dienstagabend der Deutschen Presse-Agentur, das Gremium habe beschlossen, das System der variablen Vergütung abzuschaffen und nicht mehr anzuwenden. (mit dpa)

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