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Wegen des langjährigen sexuellen Missbrauchs durch einen katholischen Priester muss das Erzbistum Köln einem Betroffenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zahlen (Symbolbild).

© dpa/Oliver Berg

„Immens wichtiges Signal“: Urteil gegen Erzbistum Köln könnte zu weiteren Klagen von Missbrauchsopfern führen

Aufgrund langjährigen sexuellen Missbrauchs durch einen Priester wurde dem Betroffenen 300.000 Euro zugesprochen. Experten sehen darin eine Signalwirkung.

Das Kölner Urteil über eine sechsstellige Schadensersatzzahlung für einen Missbrauchs-Betroffenen hat nach Ansicht von Experten Signalwirkung.

Das Urteil gegen das Erzbistum Köln sei ein „immens wichtiges Signal“ für Betroffene aller Kontexte, nicht nur der Kirchen, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es zeige, dass über rechtsstaatliche, kirchenunabhängige Wege eine zivilrechtliche Prüfung möglich sei.

Auch für den Kölner Staatsrechtler Stephan Rixen besteht die Signalwirkung über die katholische Kirche hinaus für die evangelische Kirche oder den Staat, wenn es um Schulen oder die Aufsicht über Heime gehe. „Die Sorge vor Klagen wird dazu führen, dass Sorgfalts- und Aufsichtspflichten noch ernster genommen werden, insoweit wirkt das Urteil präventiv“, sagte der Jurist, der dem Deutschen Ethikrat angehört, dem epd.

Wegen des langjährigen sexuellen Missbrauchs durch einen katholischen Priester muss das Erzbistum Köln laut dem Urteil einem Betroffenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zahlen.

Kirche haftet trotz Verjährung

Obwohl der Täter verstorben und die Taten verjährt sind, hatte der Anwalt des Betroffenen das Erzbistum mit Verweis auf die sogenannte Amtshaftung der Kirche als öffentlich-rechtliche Institution in einem Zivilverfahren verklagt. Das Erzbistum hatte darauf verzichtet, die Verjährung geltend zu machen.

Rixen sagte, er gehe er davon aus, „dass das Urteil für viele Betroffene eine Ermutigung ist, Klagen gegen andere Bistümer anzustrengen“. Er ist auch Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs des Bundes. Das bisherige katholische System der sogenannten Anerkennungsleistungen sei am Ende, erklärte er.

Die Missbrauchsbeauftragte Claus warnte jedoch, das Urteil dürfe nicht Hoffnungen in die falsche Richtung lenken. Denn in einem zivilrechtlichen Verfahren müssten Betroffene den sexuellen Missbrauch konkret nachweisen.

„Dies ist für viele Betroffene gerade nicht möglich, entweder weil Täter bereits verstorben sind oder aber Taten ganz oder teilweise bestritten werden“, sagte Claus. Aus diesen Gründen sei das von der katholischen Kirche eingerichtete „Verfahren zur Anerkennung des Leids“ durch das Urteil nicht obsolet.

Diese Leistungen werden bislang von der Deutschen Bischofskonferenz freiwillig an Missbrauchsbetroffene gezahlt, in der Regel sind es zwischen 1.000 und 50.000 Euro. Aus dem Tätigkeitsbericht der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen vom Februar geht hervor, dass die 27 katholischen Bistümer seit 2021 rund 40 Millionen Euro an Missbrauchsbetroffene zahlten. Das jahrelange Gerangel über die Höhe der Zahlungen sei für die Betroffenen sehr belastend gewesen, erklärte die Reforminitiative „Wir sind Kirche“.

Die Bischofskonferenz hatte erklärt, weiter an dem Verfahren festhalten zu wollen. Betroffene könnten auf einem möglichst niedrigschwelligen Weg materielle Leistungen erhalten, die sich an den durch Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgeldern orientierten, erklärte die Generalsekretärin Beate Gilles. (epd)

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