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Mit dem Noma wurde René Redzepi zum einflussreichsten Koch der letzten Dekade. 

© AFP / AFP/THIBAULT SAVARY

Noma in Kopenhagen: Bestes Restaurant der Welt schließt – und will ganz anders wieder aufmachen

Nicht mehr nachhaltig sei seine Form der Spitzenküche, sagt René Redzepi. Was das für die internationale Gastronomie bedeuten kann. 

Von Felix Denk

Verändert hat sich das „Noma“ eigentlich immer, seit es 2003 in Kopenhagen eröffnet hat. Jetzt hat das weltberühmte Restaurant eine erneute Metamorphose angekündigt.

Im Winter 2024 wird man den regulären Betrieb schließen, heißt es auf der Instagram-Seite: „Um weiterhin das Noma zu sein, müssen wir uns verändern“. Das Ende sei das aber nicht, das Projekt Noma 3.0, das dann losgehe, sei eher ein Food Lab als ein Restaurant. Ziel sei die Entwicklung von Lebensmitteln und Erforschung neuer Geschmacksrichtungen.

Einen forschenden Ansatz hatte das Restaurant von René Redzepi stets. In seinem ersten Restaurant in einem alten Speichergebäude in der Innenstadt von Kopenhagen popularisierte er die Idee einer nordischen Regionalküche.

Auf den Teller kam, was im Umkreis um das Restaurant wuchs, damals eine radikale Abkehr von französisch geprägter Küche mit Edelprodukten wie Steinbutt aus der Normandie, Geflügel aus Bresse und Trüffel aus dem Périgord.

Gastraum des weltberühmten Restaurants Noma in Kopenhagen.

© AFP/THIBAULT SAVARY

Nach Vorbild der japanischen Keiseki-Küche standen die Mikrosaison und die Produkte im Vordergrund. Das konnten schon mal Flechten und Farne sein, die das Küchenteam selbst am Strand sammelte, oder Muscheln, bei denen man die Schalen mitessen kann. Später krabbelten auch mal Ameisen über die Teller – ihrer Säure wegen konnte man mit ihnen Zitrone ersetzen.

Mit solchen Impulsen wurde Redzepi zum wichtigsten Koch der vergangenen Dekade, das erste Noma viermal zum besten Restaurant der Welt gewählt. Es beerbte damit das katalanische El Bulli von Ferran Adrià, das die technischen Spielereien der Molekularküche zum großen Hype der Jahrtausendwende machte.

Der Aufstieg des Noma erfolgte parallel zur „50s Best“-Liste, die anders als etablierte Guides wie der Michelin oder der Gault & Millau auf ehrgeizige Konzepte schielt.

Das zweite Noma eröffnete dann 2016 im Stadtteil Christiania. Es hat nicht nur einen eigenen Garten und ein Gewächshaus, sondern auch ein Fermentationslabor, in dem Misopasten, Sojasaucen, Essige, Kombuchas, Garum, milchsauer und schwarz eingelegte Gemüse unter Einsatz eines beeindruckenden Maschinenparks hergestellt wurden.

Auch mit dieser Grundlagenforschung des Geschmacks wirkte das Noma stilbildend. Der Einsatz von Fermenten gehört zu den großen Trends, gerade wenn viel mit Gemüse gearbeitet wird.

Das Lab bildet auch die Grundlage für das Noma 3.0. Fermente wie das geräucherte Pilzgarum kann man schon heute kaufen. Die Produktlinie soll ausgebaut werden. Darüber hinaus soll es regelmäßig Pop-up-Events geben, wie sie zuletzt auf der ganzen Welt stattfanden. In Mexiko, Tokio oder Sydney etwa. Dieses Jahr geht es noch nach Kyoto.

Das zweite Noma befindet sich im Kopenhagener Stadtteil Christiania. Es hat einen Garten, ein Gewächshaus und ein Fermentationslabor. 

© AFP/THIBAULT SAVARY

Was bedeutet das Ende der Restaurantlegende für die Gastrowelt? Möglicherweise einiges. Denn bislang wurde so ziemlich alles, was das Noma macht, früher oder später vom Rest der Branche imitiert.

Vor allem aber zeigt es, wie schwer es ist, diese extreme Form des Fine Dining mit sozialverträglichen Arbeitsbedingungen in Einklang zu bringen. Über 100 Mitarbeitende hat das Noma. Hoher Druck und lange Schichten gehören zum Alltag.

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Kronen verdienten die vielen Hospitierenden im Noma bis Oktober vergangenen Jahres.

Eine angemessene Bezahlung offenbar nicht unbedingt. Entscheidend für das Funktionieren des Systems mit seinen extrem aufwendig zubereiteten Gerichten ist eine Schar an Praktikanten aus aller Welt, in der Regel bestens ausgebildete Profis, die den Betrieb von innen sehen und ihren Lebenslauf mit der glamourösen Station schmücken wollen.

Für ihre Arbeit erhielten sie lange keinen Lohn. Seit vergangenem Oktober werden auch sie bezahlt, heißt es in der „New York Times“. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebs hat dieser Schritt offenbar weiter eingeschränkt.

Die Spitzengastronomie befinde sich in einer Krise der sozialen Nachhaltigkeit, sagt Redzepi in der „NY-Times“. Die Branche müsse sich komplett neu überdenken. Es scheint, als mache Redzepi auch hier den Anfang. Wieder mal.

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