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Ein Schild reicht nicht, es kommt auf die Menschen an.

© imago images/Hans Lucas/David Himbert via www.imago-images.de

Gender und Toiletten: Ein Türschild allein ändert keine Einstellung

Sich auf der Toilette wohl und sicher fühlen? Immer noch nicht für alle Realität. Vor allem nicht, wenn cis Frauen Räume nur für sich beanspruchen, die trans Menschen Schutz bieten sollen.

Ein Zwischenruf von Luca Lang

„Das Männerklo ist drüben“, sagt eine Frau, die mich im Spiegel vorbeigehen sieht. Aber ich habe mich nicht verirrt. Mehr zu erwidern als ein Augenrollen, habe ich keine Lust. Auf dem Rückweg zurück in den Barraum schaue ich doch noch einmal nach. Nur um sicherzugehen.

Auf der Tür steht FLINTA*.

„FLINTA*-Klo“ statt „Frauenklo“, das wirkt gleich noch queerer, noch progressiver, noch mehr im Zeitgeist. Wäre es auch. Setzte nicht bei vielen Frauen nach den Buchstaben F und L eine spontane Legasthenie ein.

Das Akronym steht für alle Menschen, die keine cis Männer sind: Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans* und agender Personen. Ich falle da auch mit rein. Bei nicht-binär. Der Raum, den die Frau mit ihrem Kommentar als ihren besetzte, soll eigentlich einer sein, in dem alle, die vom Patriarchat diskriminiert werden, einen Platz finden.

Nun muss man keine Alice Schwarzer sein, um sich zu wundern oder vielleicht sogar etwas unwohl zu fühlen, wenn das erste Mal eine männlich gelesene Person das gleiche Klo benutzt. Ist ja ein intimer Ort, einer, an dem man sich sicher fühlen will. Von Safe Spaces ist gerade überall die Rede – gerade dieser sollte einer sein.

Schilder allein reichen nicht, es kommt auf die Menschen an

Aber: Das Männerklo ist genau das für mich nicht. Abends in einer Kneipentoilette an einer Reihe cis Männer vorbeizugehen, die mit dem Penis in der Hand zusammen mit dem Urin sexistische Kommentare zu meinem Gang oder meiner Kleidung ablassen, ist für mich maximal unangenehm. Auf FLINTA*-Toiletten sollte ich nicht dasselbe Unwohlsein erleben müssen.

Dass ein Schild nicht reicht, sondern dass es auf die Menschen ankommt, findet Richard Stein, Geschäftsführer der Berliner Queer-Bar Südblock. Dort gibt es nur eine „All-Gender-Toilette“. „Das geht, weil da ein Grundverständnis herrscht von den Leuten, die kommen.“

Das L steht noch immer im Akronym, um den großen Beitrag von Lesben für die Frauenbewegung sichtbar zu machen. Aus Frauenzentren wurden in den 80er Jahren „FrauenLesben“-Zentren, um zu zeigen, dass Lesben in diesen Räumen willkommen sind.

F und L sollten jetzt darauf achten, dass aus ihnen keine transfeindlichen werden.

Die Herrschaft des Patriarchats lässt sich wohl nicht aus der Klokabine heraus beenden. Aber es wäre ein Anfang, wenn sich auch wir INTA* beim Gang aufs Klo sicher fühlen könnten. Und wer das Quäntchen Unwohlsein, das mit dem Ungewohnten einhergeht, nicht aushält, sollte sich die Frage stellen, ob man nicht selbst auf der falschen Toilette sitzt.

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