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Zwei Menschen liegen mit Strohhut über dem Gesicht im Schatten eines Baumes im Tiergarten in Berlin.

© picture alliance/dpa/Annette Riedl

Update

„Bei Hitze sind Menschen nicht so leistungsfähig“: Amtsärzte fordern Einführung von Siesta in Deutschland

Der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte des öffentlichen Dienstes spricht sich für Anpassungen an die Hitze im Arbeitsalltag aus. Die Idee stößt auf viel Zuspruch.

| Update:

Die Amtsärzte fordern wegen der hohen Temperaturen die Einführung einer Siesta nach südeuropäischem Vorbild in Deutschland.

„Wir sollten uns bei Hitze an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen ist ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Johannes Nießen, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

„Bei starker Hitze sind Menschen nicht so leistungsfähig wie sonst“, sagte Nießen weiter. „Schlechter Schlaf bei fehlender Abkühlung in der Nacht führt zusätzlich zu Konzentrationsproblemen.“

Komplexe Arbeitsanforderungen solle man in die frühen Morgenstunden verschieben, rät der Mediziner. „Zudem braucht es ausreichend Ventilatoren und leichtere Kleidung, auch wenn die Kleiderordnung im Büro das nicht erlaubt.“

Wichtig sei auch, grundsätzlich viel mehr zu trinken und leichtes Essen in mehreren kleineren Portionen zu sich zu nehmen. „Ein kaltes Fußbad unter dem Schreibtisch wäre eine weitere Möglichkeit, um im Homeoffice für Abkühlung zu sorgen.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält den Vorschlag aus medizinischen Gründen für sinnvoll. „Siesta in der Hitze ist sicherlich kein schlechter Vorschlag“, schrieb Lauterbach am Dienstag auf Twitter. Arbeitnehmende und -gebende sollten dies allerdings untereinander ausmachen.

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Auch Arbeitgeber zeigten sich offen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) schlägt eine Reform des Arbeitszeitrechts vor, „um Beschäftigten die Chance zu geben, flexibler zu arbeiten“, erklärte der Verband auf Anfrage des RND. Dazu könnten auch längere Mittagspausen gehören.

Bereits jetzt seien Arbeitgeber zum Schutz ihrer Beschäftigten bei hohen Temperaturen verpflichtet – „sie nehmen diese Fürsorgepflicht sehr ernst“, unterstrich der BDA. Gesunde Arbeit sei „auch bei Hitze in den Betrieben gewährleistet“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht das etwas anders. Das DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel forderte die Arbeitgeber auf, während der Sommermonate regelmäßig Hitze-Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen, um Arbeitsschutz bei hohen Temperaturen zu gewährleisten.

Gewerkschaften fordern mehr Schutz vor Hitze und staatliches Ausfallgeld

„Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten vor Hitze schützen – Arbeit bei Hitze ist für Beschäftigte belastend und gefährdet im schlimmsten Fall ihre Gesundheit“, sagte sie den RND-Zeitungen. „Gefährdungsbeurteilungen sind Grundlage für passgenauen Schutz.“ Diese seien immer noch kein Standard in Betrieben, fuhr Piel fort.

Sie sprach von einem „Versäumnis der Arbeitgeber, das angesichts des Klimawandels und der extrem heißen Sommer vollkommen inakzeptabel ist“. Piel forderte zudem, Büroräume mit Temperaturen von mehr als 35 Grad zu schließen, sofern der Arbeitgeber keine Hilfsmittel wie Luftduschen anbietet.

Zweifel meldete auch die IG BAU an. „Natürlich müssen wir vor allem die Beschäftigten schützen, die bei dieser Gluthitze draußen unter freiem Himmel arbeiten müssen“, erklärte der Vorsitzende Robert Feiger.

In frühen Morgen- und späten Abendstunden zu arbeiten, lasse sich aber für „Bauarbeiter:innen, Erntehelfer:innen und Reinigungskräfte nicht so einfach anwenden“. Beispielsweise würde es bei Bauarbeiten schon vor sieben Uhr morgens „Konflikte mit dem Lärmschutz“ geben, führte die Gewerkschaft an.

„Bei diesen Temperaturen, bei denen das Thermometer mittlerweile die 40-Grad-Grenze immer wieder schrammt, gibt es nur eines: runter vom Bau, vom Feld, von der verschmutzten Dachterrasse“, erklärte Feiger. „Für die fehlende Arbeitszeit sollte mit staatlichen Hilfen Ausfallgeld bezahlt werden.“ (AFP)

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