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Kolumne – Die gute Frage

© Lisa Rock für den Tagesspiegel

Badewannentemperatur in der Luft: Warum sind 37 Grad nicht gleich 37 Grad?

37 Grad Celsius warmes Wasser fühlen sich angenehm an, 37 Grad warme Luft aber fühlt sich unerträglich heiß an. Woran liegt das?

Eine Kolumne von Claudia Füßler

Ein Aufstöhnen nach dem Öffnen der Wetter-App: Die Aussicht auf 37 Grad Celsius finden die wenigsten angenehm. Ganz anders, wenn es darum geht, in 37 Grad Celsius warmes Badewasser zu steigen und sich dort eine Weile lang zu aalen. Wieso finden wir warmes Wasser angenehmer als warme Luft?

„Die Antwort auf diese Frage ist enorm komplex“, sagt Hanns-Christian Gunga, Professor am Zentrum für Weltraummedizin und Extreme Umwelten an der Charité in Berlin. Demnach beeinflussen Faktoren wie Strahlungstemperatur, Luftfeuchtigkeit oder Windgeschwindigkeit, wie wir 37 Grad Celsius warme Luft wahrnehmen. Stark vereinfacht lässt sich aber sagen: Dass wir die gleichen Temperaturen in Wasser und Luft als unterschiedlich angenehm empfinden, hat vor allem mit zwei Dingen zu tun: der Wärmekapazität und der Wärmeleitfähigkeit der beiden Medien.

Wenn die Luft bei 37 Grad Celsius keine Wärmeenergie von unserem erhitzten Körper mehr aufnehmen kann, geht das beim Wasser durchaus noch.

Hanns-Christian Gunga, Professor am Zentrum für Weltraummedizin und Extreme Umwelten

Wasser leitet Wärme etwa 25 Mal so schnell wie Luft und kann mit seiner spezifischen Wärmekapazität viermal so viel Wärme aufnehmen wie Luft. „Das heißt, wenn die Luft bei 37 Grad Celsius keine Wärmeenergie von unserem erhitzten Körper mehr aufnehmen kann, geht das beim Wasser durchaus noch“, sagt Gunga.

Der Körper löst das Problem an der Luft durch Schwitzen. Wir produzieren Schweiß, der verdunstet und so für Kühlung sorgt. Dabei gehen Wasser und Mineralien verloren, es ist eine Notlösung. Deshalb fühlen wir uns dabei schnell unwohl. Im Wasser haben wir dieses Problem bei 37 Grad Celsius noch nicht.

Gunga betont aber auch: Wirklich lange halten wir es bei dieser Temperatur weder im Wasser noch in der Luft aus. Denn die Thermoneutralzone – also der Bereich, in dem wir Menschen etwas weder als zu warm noch als zu kalt empfinden – liegt für Luft bei 27 Grad Celsius und für Wasser bei 33 bis 34 Grad Celsius. „Alles, was darüber liegt, ist schnell unangenehm“, sagt Gunga.

Der Wohlfühlaspekt wird auch davon beeinflusst, wie stark wir uns exponieren: Heiße Luft umgibt uns fast automatisch immer komplett, da ist ein Entkommen kaum möglich. Wenn wir in heißes Wasser gehen, tauchen wir selten komplett unter. Egal ob beim Fußbad, in der Badewanne oder im derzeit durchaus heißen Wasser vor der Küste Floridas: Ein Stück vom Körper bleibt immer an der Luft und reguliert den Wärmehaushalt anders als der vom Wasser bedeckte Teil, das wirkt sich aufs Empfinden aus.

Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf der Übersichtsseite der Kolumne.

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