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Flüchtlinge laufen mit Koffern bepackt auf einem Weg einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ingelheim (Rheinland-Pfalz) entlang.

© dpa/Christoph Schmidt

25 Prozent leben in Gemeinschaftsunterkünften: Mancherorts wohnt jeder vierte Flüchtling von 2015 noch in Unterkunft

Mancherorts wohnt jeder vierte Flüchtling von 2015 noch in Unterkunft. Die Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen hängt auch von Herkunft und Geschlecht ab, zeigt eine Umfrage.

In Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt lebt ein erheblicher Teil der Flüchtlinge auch mehrere Jahre nach dem Abschluss des Asylverfahrens noch in einer kommunalen Unterkunft.

Nach einer Expertise des Mediendienstes Integration, die am Mittwoch vorgestellt wurde, schätzen mehrere Kommunen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, dass der Anteil von Geflüchteten, die 2015 nach Deutschland eingereist waren, in ihren Gemeinschaftsunterkünften bei rund 25 Prozent liegt.

Da Geflüchtete bei der Wohnungssuche häufig auf Diskriminierung stießen, sei eine Hilfestellung beim Auszug sinnvoll, sagte Boris Kühn, ehemaliger Flüchtlings- und Integrationsberater der Stadt Mössingen in Baden-Württemberg. Das sei auch wichtig, um genügend Plätze für Neuankömmlinge in den Unterkünften bereithalten zu können.

Zelte oder Behelfsunterkünfte sind keine Lösung

Es sei ein „fataler Irrtum“ zu glauben, Zelte oder Behelfsunterkünfte könnten das Problem lösen, sagte Ingo Malter, Geschäftsführer einer Wohnbauten-Gesellschaft der Stadt Berlin. Wenn anerkannte Flüchtlinge in einer ihnen zur Verfügung gestellten Wohnung bleiben wollten, dann sollte dies auch möglich sein.

Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde in den ersten fünf Monaten dieses Jahres für 125.556 Menschen erstmals in Deutschland ein Asylantrag gestellt. Das waren fast 77 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten Schutzsuchenden kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.

Mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 haben zudem mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Schutz gesucht - vor allem Frauen und Kinder. Sie müssen keinen Asylantrag stellen. Laut Expertise ist es viel einfacher, für sie privaten Wohnraum zu finden als für andere Flüchtlinge.

In einigen Bundesländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen haben sich der Untersuchung zufolge mehr Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angesiedelt, als dort nach dem üblichen Verteilschlüssel aufgenommen werden müssten. In Bayern Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wohnen dagegen weniger Ukraine-Flüchtlinge als nach dem Königsteiner Schlüssel vorgesehen ist.

Grund dafür ist, dass die Wohnortwahl anfangs nicht reguliert war. Da gingen die Menschen dorthin, wo sie Anknüpfungspunkte hatten. „Die Ungleichverteilung war sicherlich am Anfang groß“, sagte Kühn. Inzwischen sei es aber so, dass kein Land mehr als zehn Prozent über oder unter seiner Quote liege.

Weiblichen, christlichen Flüchtlingen wird eher geholfen

Dass die Bereitschaft zu Hilfe für bestimmte Gruppen größer ist, zeigt auch eine aktuelle Umfrage. „Die Befragungsergebnisse lassen erkennen, dass christlichen, weiblichen und gut ausgebildeten Flüchtlingen eher geholfen würde als muslimischen, männlichen und gering gebildeten“, erklärte Nora Storz vom Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) am Mittwoch in Berlin. Der SVR befragte im Frühjahr 4021 Menschen in Deutschland.

Den Ergebnissen zufolge ist die Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten grundsätzlich groß. Drei von vier Befragten würden eigenen Angaben zufolge spenden, zwei Drittel von ihnen Flüchtlinge zu Behörden begleiten, und knapp ein Drittel würde selbst geflüchtete Menschen zu Hause aufnehmen.

Dabei gebe es aber ein „gewisses Ranking“ der unterschiedlichen Gruppen, erklärte Storz. Flüchtlingen aus der Ukraine werde mehr Solidarität entgegengebracht als solchen aus Syrien oder Nigeria. Neben Herkunft, Geschlecht, Bildung und Religion spiele auch die zu erwartende Aufenthaltsdauer in Deutschland eine Rolle. Wenn Flüchtlinge in ihr Herkunftsland zurückkehren wollten, werde ihnen mehr Hilfsbereitschaft entgegengebracht.

Besonders relevant für Hilfs- und Aufnahmebereitschaft sei unter anderem auch die politische Einstellung der Befragten. „Politisch links oder eher links eingestellte Befragte sind gegenüber allen drei Herkunftsgruppen der Flüchtlinge hilfsbereit, während politisch in der Mitte, eher rechts oder rechts stehende Befragte eine insgesamt niedrigere Hilfsbereitschaft aufweisen und zwischen ukrainischen Flüchtlingen auf der einen und Flüchtlingen aus Syrien oder Nigeria auf der anderen Seite unterscheiden“, fasste Storz zusammen. (dpa, AFP)

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