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Blick von oben: So unterschiedlich können Rotbuchen sein, je nach Standort, Alter oder Vitalität.

© Niedersächsische Landesforsten TreeSatAI

Forschung von ganz oben: Wie Satellitendaten bei der Erforschung des Klimawandels helfen

TU-Wissenschaftlerinnen lernen, wie die KI lernt – für ein besseres Bild von der Welt.

Zumindest ist die Patientin unter Beobachtung. Mehr als 1000 Satelliten zur Observation der Erde umkreisen uns, neben vielen Kleinsatelliten auch etwa 100 große, die meist Bilder aufnehmen: bitter notwendiges Monitoring, vor allem um die Auswirkungen des Klimawandels besser verstehen zu können. Doch mittlerweile werden Forscher:innen, Behörden und Organisationen der Bilderflut kaum noch Herr.

„Allein die Sentinel-Satellitenmissionen der Europäischen Weltraumorganisation ESA funken täglich 12 Terabyte Daten zur Erde“, sagt Professorin Begüm Demir, Leiterin des Fachgebiets „Remote Sensing Image Analysis“ an der TU Berlin. Gefördert vom Europäischen Forschungsrat hat Demir vor fünf Jahren begonnen, für die umfangreichen Bilddaten der Satelliten „Sentinel-1“ und „Sentinel-2“ ein Analyse- und Informationssystem zu entwickeln. Dabei ist auch die Referenz-Bilddatenbank BigEarth­Net und als Anschlussprojekt die Suchmaschine „EarthQube“ entstanden. Mit ihr lässt sich erstmals eine Rückwärtssuche bei Satellitenbildern durchführen. So kann ein:e Nutzer:in das Satellitenbild eines verbrannten Waldgebiets als Suchanfrage hochladen und „EarthQube“ gibt dann Bilder von anderen verbrannten Gebieten auf der Erde aus, die einen ähnlichen räumlichen und spektralen Informationsgehalt haben.

Bei den Bildern von „Sentinel-1“ handelt es sich um Radaraufnahmen, die Bilder von „Sentinel-2“ werden mit sichtbarem und infrarotem Licht gemacht. In den Aufnahmen lassen sich über „EarthQube“ auch Merkmale suchen: „Bergwerke, Industrieanlagen, Müllhalden, Weinberge, Äcker, Sümpfe, Wälder und vieles mehr“, sagt Demir, die mit ihrer Forschungsgruppe am Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD) an der TU Berlin angesiedelt ist. Es beschäftigt sich mit dem Management großer Datenmengen und Maschinellem Lernen. „Natürlich steckt hinter diesen Anwendungen Künstliche Intelligenz, die KI. Um Objekte zu erkennen, müssen KI-Modelle zunächst aus vielen Zehntausenden Trainingsbildern lernen“, erklärt Begüm Demir. Jedes Pixel muss dafür einem Objekt zugeordnet sein. „Von Hand ist das zeitaufwendig und komplex. Daher haben wir bei einem Projekt auf die sogenannte erklärbare KI gesetzt.“

Um Objekte zu erkennen, müssen KI-Modelle aus vielen Zehntausenden Trainingsbildern lernen.

Begüm Demir, Leiterin des Fachgebiets „Remote Sensing Image Analysis“

Verschiedene Baumarten sollten hier automatisch identifiziert werden. Bei den Trainingsbildern wurde nicht jedes Pixel von Hand zugeordnet, sondern der KI wurde pauschal gesagt: „Dieses Bild enthält Kiefern“ – und ihr beim Lernen genau zugeschaut. „Dies ist nur bei der erklärbaren KI möglich. Bald konnten wir so automatisch feststellen, wie die Pixel zugeordnet werden müssen, um eine optimale Erkennung zu ermöglichen“, sagt Demir.

Zum Einsatz kam das Verfahren bei „TreeSatAI“, einer Kooperation von Begüm Demir mit dem Fachgebiet „Geoinformation in der Umweltplanung“ an der TU Berlin. „Gerade bei Bäumen ist die Erkennung durch selbstlernende Algorithmen besonders komplex, weil jeder Baum je nach Art, Jahreszeit, Standort, Alter oder Vitalität ganz unterschiedlich aussehen kann“, sagt Professorin Birgit Kleinschmit, die Fachgebiets- und Projektleiterin. „Und in den niedersächsischen Wäldern, die zur Klassifizierung herangezogen wurden, gibt es immerhin 60 verschiedene Baumspezies.“

Neben Aufnahmen von „Sentinel-1“ und „Sentinel-2“ kamen auch von Flugzeugen aufgenommene Bilder zum Einsatz, für die genaue Zuordnung der Trainingsbilder Waldinventurdaten der Niedersächsischen Landesforsten. „Wir haben aber auch das Potenzial von Social-Media-Anwendungen wie der Bestimmungs-App ‚Pl@ntNet‘ untersucht“, erzählt Kleinschmit. Ergebnis der TU-internen Kooperation: 150.000 attribuierte Bildausschnitte sowie optimierte KI-Algorithmen, die nun frei verfügbar von Behörden und Umwelt-Dienstleistern zum Waldmonitoring genutzt werden können.

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