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Digitally generated image  of planet and nebula dust cloud.

© Foto: Getty Images

Exoplaneten : „Ich will herausfinden, ob es Leben da draußen gibt“

Allein in unserer Galaxie gibt es Millionen Planeten, auf denen Leben existieren könnte. Der Astrophysiker Sascha Quanz sucht nach Biosignaturen in den Weiten des Alls.

Aus dem Bauch raus: Gibt es anderes Leben im Universum?

Aus dem Bauch raus – ja. Beweisen kann ich es aber noch nicht.

Was spricht dafür?                                                                       

Zum einen, dass schon früh nach der Entstehung, unseres Planeten, nach ungefähr 500 Millionen Jahren, Leben existierte. Seither hat die Erde viele Phasen durchgemacht, aber Leben war immer mit dabei und hat sich bis in die extremen Nischen ausgebreitet. Es hat den Anschein, als würde Leben unter bestimmten Bedingungen zwangsläufig entstehen.

Außerdem wissen wir seit ungefähr zehn Jahren, dass die meisten der Sterne da draußen statistisch gesehen mindestens einen Planeten besitzen, und dass die meisten Planeten ungefähr so groß wie die Erde sind. Ein Teil dieser Planeten hat den richtigen Abstand von seiner Sonne, sodass flüssiges Wasser, eine Voraussetzung für Leben wie wir es kennen, existieren könnte. Es sollte also allein in unserer Galaxie Millionen von Planeten geben, auf denen Leben existieren könnte. Mich würde schon sehr wundern, wenn die Erde ein Sonderfall wäre.

Sie haben zusammen mit anderen im September an der ETH Zürich das „Centre for Origin and Prevalence of Life“ gegründet, das den Ursprung des Lebens erforschen soll. Wie kam es dazu? 

Meine persönliche Initialzündung war ein Symposium der Max-Planck-Gesellschaft im Jahr 2013. Da wurde mir zum ersten Mal klar, wie viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz unterschiedlichen Fachgebieten dieser Frage nachgehen. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus, es war eine der inspirierendsten Erfahrungen meines Lebens. Später habe ich entdeckt, dass es viele Arbeitsgruppen auch an der ETH gibt, die zumindest teilweise dieser Frage nachgehen. Ich begann zu überlegen, ob man die Zusammenarbeit nicht verstärken könnte. Und dann kam Didier Queloz auf die ETH zu.

Er hat 1995 den ersten Planeten außerhalb des Sonnensystems entdeckt und wurde 2019 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Und er hatte die Vision, an der ETH ein Zentrum für die Suche nach dem Ursprung des Lebens zu gründen. Das hat perfekt gepasst. Nun haben sich über 40 Professorinnen und Professoren und ihre Arbeitsgruppen aus den Bereichen Physik, Biologie, Chemie, Erdwissenschaften und Umweltsystemwissenschaften vernetzt.

Planet im Trappist-1 System. (Illustration) Den Stern umkreisen sieben erdähnliche Planeten, auf einigen wäre Leben möglich.

© AFP / M. Kornmesser

Sie erforschen Exoplaneten, also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Was treibt Sie an?

Ich will herausfinden, ob es Leben da draußen gibt. Wir kennen inzwischen rund 5000 Exoplaneten, die durch indirekte Beobachtungen entdeckt wurden. Indirekt heißt, dass der Planet selber nicht gesehen wird, aber seine Existenz kann durch präzise Beobachtungen des Sterns abgeleitet werden. Wenn zum Beispiel ein ferner Planet von uns aus gesehen vor seiner Sonne vorbeizieht, dann beobachtet man mit Teleskopen ein Flackern – das Sternenlicht wird kurz schwächer. Ich entwickle mit meiner Gruppe hingegen Methoden, wie wir auch Exoplaneten direkt beobachten – also sozusagen fotografieren – können.

Gerade hat das James-Webb-Teleskop die Atmosphäre des Exoplaneten Wasp39b analysiert. Kann man so Anzeichen von Leben finden?

Nein, leider nicht. Wasp39b ist ein heißer Gasriese, der seinem Stern sehr nahe ist und entsprechend schnell umkreist. Leben könnte dort nicht existieren. Wir möchten Planeten analysieren, die ihrem Stern nicht so nahe sind und ihn langsam umkreisen, auf denen es flüssiges Wasser geben könnte. Dafür reicht James Webb nicht aus.

Mit welchen Teleskopen arbeiten Sie?

Wir haben Zugriff auf das VLT, das Very Large Telescope in Chile. Für unsere Zwecke ist aber auch dieses nicht groß genug. Wir arbeiten daher an einem Instrument für das ELT, das Extremely Large Telescope, das am Ende dieser Dekade in Chile fertiggestellt werden wird. Es wird das größte jemals gebaute optische Teleskop sein. Damit haben wir eine gute Chance auf das erste Foto eines Exoplaneten.

Welche Strahlung messen Sie?

Wir messen die thermische Strahlung, das Infrarotlicht, das ein Planet aussendet. Wir werden so erfahren, welche Temperaturen auf einem Planeten herrschen. Das ist aber nur der erste Schritt. Für noch bessere Messungen und um Dutzende von erdähnlichen Exoplaneten genauer analysieren zu können, treiben wir die Mission LIFE voran – den Bau eines neuen Teleskops im Weltall, ohne den störenden Einfluss der Atmosphäre. Es wird aus mehreren zusammen geschalteten Teleskopen bestehen. Sie sind so klein, dass sie in Raketen passen, werden aber zusammen weit größer als das James Webb-Teleskop sein.

Was erhoffen Sie sich davon?

In dem Infrarotlicht, das die Planeten aussenden, stecken noch viel mehr Informationen als nur die Temperatur. Wir können auf die Zusammensetzung der Atmosphäre schließen, denn die verschiedenen Moleküle absorbieren das ausgestrahlte Infrarotlicht bei unterschiedlichen Wellenlängen. Das wird der Schlüssel sein: Daran könnten wir erkennen, ob es auf dem Planeten biologische Aktivität gibt.

Wie das?

Bestimmte Moleküle in der Atmosphäre, beispielsweise Ozon, Methan oder Lachgas, wären deutliche Biosignaturen, also Anzeichen für Leben. Auf der Erde werden sie zum allergrößten Teil von lebenden Organismen gebildet. Sie zerfallen rasch und müssen beständig nachgeliefert werden.

Wie wahrscheinlich ist es, dass LIFE gebaut wird?

Wir haben geschafft, dass die ESA die Charakterisierung der Exoplaneten, wie wir sie anstreben, als ein Topthema für eine zukünftige große Weltraummission identifiziert hat. Damit ist der Bau noch nicht gesichert, aber wir bekommen hoffentlich die Mittel, das Projekt genauer zu planen und die Kosten abzuschätzen.

Wie teuer würde die LIFE-Mission werden?

Genau wissen wir das noch nicht. Wahrscheinlich mehr als eine Milliarde Euro, aber nicht so viel wie die zehn Milliarden, die James Web gekostet hat. Wir planen zwar fünf verschiedene Module, die zugrunde liegenden Instrumente werden aber einfacher sein und könnten zum Teil auf Entwicklungen für das Webb-Teleskop aufbauen.

Wenn die Menschheit will, können wir uns zum ersten Mal der Frage nähern, ob wir allein im Universum sind.

Sascha Quanz, Astrophysiker

Wie rechtfertigen Sie eine solche Ausgabe?

Wenn die Menschheit will, können wir uns zum ersten Mal der Frage nähern, ob wir allein im Universum sind. Die Antwort darauf würde unser Weltbild verändern. Jahrtausende haben wir mit der Vorstellung gelebt, als Menschen etwas sehr Spezielles zu sein. Aber warum eigentlich? Früher dachte man, die Erde sei der Mittelpunkt des Universums. Dann dachte man, die Sonne sei der Mittelpunkt. Aber auch das stimmte nicht. Selbst unsere Galaxie mit ihren mehr als 100 Milliarden Sternen ist nur eine von mehr als hundert Milliarden Galaxien. Das einzig Spezielle an der Erde ist noch, dass auf ihr Leben existiert. Jetzt könnten wir erkennen, dass wir nicht die einzigen sind.

Auch nicht zu vernachlässigen sind positive Nebeneffekte wie die Entwicklung von neuen Technologien und die Inspiration, die von einer solchen Mission ausgeht. Das Interesse für technische, ingenieurs- und naturwissenschaftliche Berufe wird steigen, und diese Berufsfelder gewinnen in einer Zeit, die mehr und mehr von Technologien dominiert wird und wo wir Lösungen für globale Probleme benötigen, an enormer Bedeutung.

Und wenn sie die Finanzierung damit vergleichen, was Menschen für viele andere Dinge ausgeben, ist es gar nicht so viel. Allein der jährliche Gesamthaushalt Deutschlands umfasst deutlich mehr als 400 Milliarden Euro, und schließlich wird es sich um eine internationale Kooperation handeln.

Was glauben Sie, wie würden die Menschen auf die Nachricht von außerirdischem Leben reagieren?

Atmosphärische Biosignaturen von Planeten, die Dutzende von Lichtjahren entfernt sind, würden vermutlich keine großen Ängste vor Aliens auslösen. Und je nach den Beobachtungen gäbe es zunächst auch Unsicherheiten, ob eine Auffälligkeit in einer Atmosphäre wirklich nur Leben als Erklärung zulässt.

Wie sähe ein sicherer Beweis aus?

Absolute Gewissheit würde es dann geben, wenn wir außerirdisches Leben oder Spuren davon direkt vor Ort analysieren könnten, zum Beispiel Beweise, dass auf dem Mars früher einmal Leben existiert hat. Um bei atmosphärischen Biosignaturen einen robusten Nachweis zu erbringen, suchen wir nach bestimmten Kombinationen von Molekülen, etwa Sauerstoff und gleichzeitig Methan. Sie werden auf der Erde von Tieren und Pflanzen erzeugt und reagieren schnell miteinander. Ein solches permanentes chemisches Ungleichgewicht ist kaum vorstellbar, ohne dass lebende Organismen es aufrechterhalten.

Wird es je eine Raumfahrtmission zu einem fernen Sonnensystem geben?

Sicher nicht in naher Zukunft. Aber es gibt bereits Leute, die sich darüber Gedanken machen, etwa indem man Mikrosonden mit einem Laserstrahl beschleunigt. Kann sein, dass nie etwas daraus wird, aber ich finde es grundsätzlich gut, in alle Richtungen zu denken.

Wie findet man intelligente Lebensformen? Falls diese existieren, müssten wir nicht längst Signale erhalten haben?

Wenn man bedenkt, was wir gerade mit unserem Planeten machen: Die Zeitspanne, in der es intelligentes Leben auf der Erde gab, könnte sich als extrem kurz erweisen – gemessen an den etwa vier Milliarden Jahren, seit denen bereits Leben auf der Erde existiert. Vielleicht kommen höher entwickelte Zivilisationen mit kompatibler Technologie allgemein nur selten vor, sodass es unwahrscheinlich ist, in Kontakt zu treten.

Hat die Suche nach dem Ursprung des Lebens Sie verändert?

Auf jeden Fall. Wenn ich beispielsweise mit der Familie in den Bergen wandere, dann staune ich immer wieder über die Allgegenwart des Lebendigen. Bäume, Moose und Flechten, selbst die Luft, einfach überall ist Leben. Das ist ein Wunder, das wir noch längst nicht verstanden haben – nicht hier bei uns auf der Erde und schon recht nicht in den Weiten des Alls.

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