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Vor vier Jahren gingen 163 Teilnehmende aus Deutschland an den Start. Dennis Mellentin (rechts) entfachte bei der Eröffnung das Feuer.

© Stefan Holtzem/SOD

Die Geschichte der World Games: Feuer und Flamme für Special Olympics

Die Fackel steht für die Kraft und Vision der weltweit größten Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung. 1968 wurde sie bei Sommerspielen das erste Mal entzündet.

Vor vier Jahren bei den Weltspielen der Special Olympics in Abu Dhabi wurde die Fackel von sieben Athlet*innen – symbolisch für die sieben Kontinente – ins Stadion getragen. Schlussläufer war Dennis Mellentin (Foto oben, rechts), der den europäischen Kontinent und Deutschland als Gastgeberland der folgenden Sommerspiele in Berlin repräsentierte. „Das ist eine ganz, ganz große Ehre gewesen“, sagt der Berliner. Und dann ließ er auch noch zwei Bronzemedaillen im Radsport folgen.

Mellentin lächelt, wenn er sich heute daran erinnert. Er konnte es damals kaum fassen. Da stand er nun tatsächlich in Abu Dhabi und wartete darauf, gleich bei der Siegerzeremonie geehrt zu werden. Ihm kamen die Tränen, niemals hätte er damit gerechnet, einen solchen Moment erleben zu dürfen.

Die Fackel gilt als das Symbol für die Kraft und die Vision der Special Olympics, Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung eine stärkere Aufmerksamkeit und Teilhabe zu verschaffen. „Die sportlichen Erfolge stehen da ja eigentlich gar nicht im Mittelpunkt“, sagt Mellentin, der heute als Athlet*innensprecher zum Team gehört.

Bei den Special Olympics zählt vorrangig die Teilnahme, alle Sportler*innen erhalten eine Ehrung, Besonderheiten – wie zum Beispiel vorbildliches Fair Play – werden extra hervorgehoben. „Niemand muss sich hier verstecken“, sagt Mellentin: „Ich kann zeigen, was ich kann.“

1968 initiierte Shriver-Kennedy die ersten Spiele

Den Funken für die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung entfachte Eunice Kennedy-Shriver, deren Schwester selbst eine geistige Behinderung hatte. Sie hatte es sich zum Ziel gesetzt, mit einer Inklusionsbewegung zu mehr Anerkennung, Selbstbewusstsein und Teilhabe in der Gesellschaft beizutragen.

1968 initiierte die Schwester des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy dann die ersten Spiele in Chicago, welche die Öffentlichkeit für die Fähigkeiten der Teilnehmenden sensibilisieren und nicht den Fokus auf ihre Behinderungen legen sollte. Die Veranstaltung wurde der Beginn einer Erfolgsgeschichte. 

In den folgenden Monaten und Jahren konnten Vorurteile und Missverständnisse in der Gesellschaft langsam abgebaut werden. Immer mehr Forschende kamen zu der Erkenntnis, dass Sport förderlich für die Entwicklung von Menschen mit Behinderung ist. 1988 erkannte das Internationale Olympische Komitee die Spiele offiziell an. 

Seit den vierten Sommerspielen, an denen 1975 bereits zehn Nationen teilnahmen, findet die Veranstaltung alle vier Jahre statt. Zwei Jahre darauf folgte die erste Ausrichtung von Winterspielen, die seit 1977 ebenfalls alle vier Jahre ausgetragen werden. Die Winterspiele 1993 in Österreich waren es dann auch, die zum ersten Mal nicht von den USA ausgerichtet wurden.

Eunice Kennedy-Shriver (vorne links) initiierte die ersten Spiele 1968 in Chicago. Neben 26 US-Bundesstaaten nahm eine Delegation aus Kanada teil.
Eunice Kennedy-Shriver (vorne links) initiierte die ersten Spiele 1968 in Chicago. Neben 26 US-Bundesstaaten nahm eine Delegation aus Kanada teil.

© imago sportfotodienst

Zehn Jahre darauf schafften es die Sommerspiele auch über den Teich und fanden 2003 in Dublin statt. Zu diesem Zeitpunkt nahmen an der Veranstaltung in etwa so viele Aktive teil wie heute, auch die Zahl der Sportarten hat sich seit damals nicht groß verändert.

Heute sorgt Mellentin dafür, dass „alle genug zu essen bekommen“

Die Weltspiele in Berlin sind nun das größte Multisportevent in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 in München. Aber ganz anders als im olympischen Sport und auch bei den Paralympics, gibt es bei den Spielen der Special Olympics „keinen Druck, keine Leistung, die abgeliefert werden muss und kein Geld“, sagt Dennis Mellentin

Die Angebote der Special-Olympics-Bewegung sind kostenlos, die Teilnahme an Wettbewerben wird so kostengünstig wie möglich organisiert, denn die Athlet*innen sind in den meisten Fällen eben nicht hauptberuflich Leistungssportler*innen. Das trifft wieder den Gründungsgedanken der Special Olympics: So vielen Menschen mit geistiger Behinderung wie möglich den Zugang zu sportlicher Betätigung ermöglichen. 

An den ersten Sommerspielen außerhalb der USA – 2003 in Dublin – nahmen rund 6500 Sportlerinnen und Sportler aus 160 Nationen teil.
An den ersten Sommerspielen außerhalb der USA – 2003 in Dublin – nahmen rund 6500 Sportlerinnen und Sportler aus 160 Nationen teil.

© imago sportfotodienst

Dennis Mellentin wurde 2008 in der Werkstatt, in der er arbeitete, vom damaligen Athletensprecher angesprochen: „Hey, du siehst fit aus! Komm doch mal mit zum Training.“ Er trainierte drei Wochen bei den Radsportlern mit – und dann „wollte der Trainer sehen, was ich wirklich kann“: Der erste Wettkampf stand an.

Bei den Weltspielen in Berlin erbringen die Teilnehmenden die gleichen Leistungen, wie alle anderen Sporttreibenden auf dieser Welt auch.

Dennis Mellentin, Athletensprecher

Mit seinen Teamkameraden hatte er vorher noch gewitzelt, dass er es auf das Podium schaffen würde. „Dann mussten sie mich zwicken“, lacht Mellentin heute: „Ich habe das Rennen gewonnen!“ Und so trainierte er regelmäßig auf dem Rad und qualifizierte sich über die Nationalen Spiele für die Teilnahme an den Weltspielen.

Am 17. Juni wird die Flamme nun bei der Eröffnungsfeier im Berliner Olympiastadion erneut entfacht. Dennis Mellentin wird selbst nicht mehr an der Startlinie stehen. Er wird in seiner Rolle als Athlet*innensprecher für die Sportler*innen da sein und dafür sorgen, dass zum Beispiel „alle genug zu essen bekommen“ – eines der Hauptthemen, die an ihn herangetragen werden.

Als Teil des Organisationskomitees wird er daran mitwirken, dass sich die Sportler*innen in Berlin wohl fühlen und Spaß haben. Dass allen der Respekt gezollt werden wird, der ihnen zusteht, denn sie erbringen die gleichen Leistungen, wie alle anderen Sporttreibenden auf dieser Welt auch. „Das sei der Gedanke“, so Mellentin, „den die Spiele in Berlin in alle Ecken der Hauptstadt und der Welt hinaustragen sollen.“

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