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Verlust für das Kupferstichkabinett, eine Wiedergutmachung für die Nachfahren von Friedrichs Guttsmann, an die 2019 die Tuschpinselzeichnung „Auf Hiddensee“ (1764) von Jakob Philipp Hackert restituiert wurde. Guttsmann hatte die Zeichnung 1939 an die Nationalgalerie verkauft. 1936 hatte er aufgrund seiner jüdischen Abstammung Arbeit und Wohnung verloren und war zum Verkauf seines Hab und Guts gezwungen.

© bpk/Kupferstichkabinett, SMB / Jörg P. Anders

Berliner Festakt zu 25 Jahren Washingtoner Prinzipien: Das große schwarze Loch sind die Privatbesitzer

Die Restitution von Kunst, die in der NS-Zeit geraubt wurde, dauert immer noch viel zu lange. Das Nachsehen haben die Nachfahren der einstigen jüdischen Besitzer.

Ein Kommentar von Nicola Kuhn

| Update:

Lassen sich 25 Jahre Washingtoner Prinzipien wirklich feiern, ein soft law, welches die Rückgabe von durch Nazis geraubter Kunst regelt? Nicht wirklich, das war beim Festakt des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste in der Staatsbibliothek Untern den Linden zu spüren. Eine Erfolgsgeschichte gibt es nicht zu erzählen, wenn seit 1998 gerade einmal 7455 Kulturgüter durch öffentliche Museen, Bibliotheken und Archive restituiert wurden, ein Bruchteil dessen, was jüdischen Besitzern während des Nationalsozialismus gestohlen, abgepresst oder von ihnen unter Zwang verkauft wurde.

„Das ist eine Schande!“, kommentierte Kulturstaatsministerin Claudia Roth in ihrem Grußwort dieses Missverhältnis, um abermals zu versichern, dass die Beratende Kommission gestärkt werden müsse. Ob sie das schafft, raunte es aus dem Publikum, als sie erneut versprach, im Frühjahr eine Reform vorzulegen. Demnach soll fortan nicht nur die einseitige Anrufung des Gremiums durch die Erben möglich sein, sondern wäre auch die Vergabe von Fördergeldern für Provenienzforschung daran gebunden.

Auch Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Jewish Claims Conference in Deutschland, überzeugte das nicht, wie er bei der anschließenden Podiumsdiskussion zu verstehen gab. Er forderte, die eine Hälfte der Kommission müsse mit Vertretern der Opfer, die andere durch den Bund besetzt werden. Wie ihm überhaupt zu wenig von den Opfern die Rede ist. Schnell wischte er alles Selbstlob zum Jubiläum vom Tisch mit dem Verweis, dass der erste Schritt sicher großartig gewesen sei, allerdings 99 noch kämen.

Gilbert Lupfer, Vorstand des Zentrums Kulturgutverluste, legte selbst den Finger in die Wunde, indem er von den Privatbesitzern als großem schwarzen Loch sprach. Nicht nur in den Museen, mehr noch in privaten Haushalten stecken die gestohlenen Bilder, die nach 1933 allzu günstig erworbenen Möbel.

Das „soft law“ Washingtoner Prinzipien besitzt keine Handhabe dafür. Ein Entschädigungsgesetz müsste auf den Weg gebracht werden. Wann, wenn nicht jetzt, möchte man den Diskutanten auf der Bühne zurufen. „Wenn wir so weitermachen, sind wir in tausend Jahren noch nicht fertig“, wirft Rüdiger Mahlo noch ein.

Da ist der Moment auch schon vorüber. Die Beratende Kommission wird noch ein bisschen kritisiert, weil sie sich zur Behörde aufblähen will, Sorge ums Geld für die Provenienzforschung angesichts des Haushaltsdefizits kommt zur Sprache. Dann befindet sich die Festgesellschaft auch schon beim anschließenden Empfang, wo die Brötchen zum Wein sehr, sehr klein sind.

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