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Der Berliner Mietendeckel ist immer noch eine Baustelle.

© dpa

Update

Zoff im Senat: Erneut keine Einigung über den Mietendeckel

Der Senat ist beim Mietendeckel nicht weitergekommen. Die Koalitionspartner schieben sich gegenseitig die Schuld zu

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Sabine Beikler

Verhärtete Fronten in der Koalition: Rot-Rot-Grün ist in der Senatssitzung am Dienstag beim Mietendeckel nicht weitergekommen. Unter Leitung von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) wurde eine Besprechungsvorlage der Stadtentwicklungssenatorin

Katrin Lompscher (Linke) beraten, die auf das Missfallen der Sozialdemokraten stieß. Denn die SPD fühlt sich mit ihren Kompromissvorschlägen völlig ignoriert.

Grüne und Linke wiederum kritisierten die Sozialdemokraten heftig, die SPD verweigere jegliche Diskussion. Bürgermeisterin Ramona Pop (Grüne) warnte nach der Kabinettssitzung davor, „Maximalpositionen zu markieren“. Sie warb für Kompromisse. Schließlich handele es sich um eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben dieser Legislaturperiode.

Trotz der großen Verstimmung im Senat geht Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) davon aus, „dass wir am Donnerstag im Koalitionsausschuss eine Einigung finden“. Es gebe beim Thema Mietendeckel eine „große Menge an Gemeinsamkeiten“ zwischen SPD, Linken und Grünen.

Noch diskutiert die Koalition über die Ausgestaltung des Mietendeckels.
Noch diskutiert die Koalition über die Ausgestaltung des Mietendeckels.

© Soeren Stache

Gleichzeitig deutete Kollatz an, dass die im Senat für den 22. Oktober ins Auge gefasste Beschlussfassung des neuen Mietgesetzes noch einmal verschoben werden könnte: „Sportliche Aktivitäten ja, schlampige Arbeit nein.“ Es sei von überragender Bedeutung, einen rechtlich sorgfältig geprüften Gesetzentwurf herbeizuführen. Bei der juristischen Bewertung spiele das neue Gutachten des Staats- und Verfassungsrechtlers Ulrich Battis eine wichtige Rolle.

In SPD-Kreisen wurde am Dienstag bestätigt, dass man sich notfalls lieber Zeit lassen solle, um sich auf den Mietendeckel zu einigen. Es wäre nicht schlimm, so hieß es, wenn das Gesetz nicht schon im Januar, sondern erst im Februar inkraft trete. Schließlich seien die Berliner Mieter durch den Eckpunktebeschluss des Senats ab dem 18. Juni geschützt.

Einvernehmen über Mietenstopp, Uneinigkeit über Inflationsausgleich und Mietensenkungen

Laut vertraulicher Besprechungsunterlage von Lompscher, die dem Tagesspiegel vorliegt, soll neben den Bezirken und der Investitionsbank Berlin auch die Stadtentwicklungsbehörde wesentliche Aufgaben für die verwaltungstechnische Umsetzung des Mietengesetzes übernehmen. Einvernehmen bestehe im Senat über einen fünfjährigen Mietenstopp. Lompscher empfiehlt jedoch, im Gegensatz zur SPD, einen jährlichen Inflationsausgleich. An der koalitionsintern strittigen Absenkung überhöhter Mieten will Lompscher festhalten. Aber sie würde sich auf ein „späteres Inkrafttreten“ von Mietensenkungen einlassen. Beispielsweise ab dem 1. Januar 2021.

Ein solches Stufenmodell sei bei Gesetzen „nichts Ungewöhnliches“, signalisierte Senator Kollatz nach der Senatssitzung Kompromissbereitschaft. Bei der Festlegung von Mietobergrenzen ist sich die Koalition wiederum nicht einig. Grüne und Linke wollen als Maßstab für die zulässige Miethöhe bei Wiedervermietung den Mietspiegel von 2013 anwenden, die SPD den Mietspiegel 2019.

Für die Mietentabelle, die die Obergrenzen beschreibt, schlägt Lompscher – als Friedensangebot an die SPD – einen „qualitätsbezogenen Zuschlag“ von beispielsweise einem Euro pro Quadratmeter vor. Die Lage der Wohnung will sie aber nicht in der Tabelle berücksichtigen.

Auch Regelungen zu Höchstzuschlägen nach energetischen Modernisierungen strittig

Strittig blieb am Dienstag auch die maximale Mieterhöhung nach einer energetischen Modernisierung. Im Koalitionsausschuss hatte sich Rot-Rot-Grün am vergangenen Freitag auf höchstens einen Euro je Quadratmeter geeinigt, der nicht genehmigungspflichtig wäre. Im neuen Papier ist von bis zu zwei Euro je Quadratmeter die Rede. Bei einem weiteren Punkt, der Härtefallregelung, zeigt sich Lompscher kompromissbereit. Vermietern von Wohnungen mit „außergewöhnlich niedrigen Mieten“ könne ein Zuschlag von bis zu einem Euro je Quadratmeter genehmigt werden.

Nun ruht die Hoffnung der Regierungsparteien auf dem Koalitionsausschuss, der an diesem Donnerstag berät. Es geht nicht nur um die Klärung vieler Details, sondern immer noch um die Kernfrage: Übersteht ein Mietengesetz, das neben einem Mietenstopp auch die Absenkung von Mieten vorsieht, eine verfassungsrechtliche Überprüfung?

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