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Bürger können Anfragen an den Petitionsausschuss schicken (Archivbild).

© Doris Spiekermann-Klaas

Petitionen in Berlin: Wenn Schwaben sich über BVG-Werbung empören

Skurril und ernst: 1571 neue Eingaben gingen 2017 beim Petitionsausschuss ein. Einige zeigten sogar Wirkung – zum Beispiel bei einer drohenden Abschiebung.

Von Sabine Beikler

Müllberge, Wartezeiten auf Ämtern oder drohende Abschiebungen: Die meisten Bürgeranfragen, die den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses erreichen, sind ernsthafter Natur. Bei einigen Eingaben aber mussten die zwölf Mitglieder des Ausschusses schmunzeln.

Äußerst empört war ein Schwabe über die Werbung auf BVG-Bussen: „Liebe Schwaben, wir bringen Euch gerne zum Flughafen“. Daraufhin wandte sich der Ausschuss an die BVG, die in ihrer Antwort darauf verwies, dass zu diesem Spruch der Nachsatz „Und auf Wunsch auch wieder zurück“ gehöre.

Diese mit Augenzwinkern aufzunehmenden Sprüche seien überwiegend positiv diskutiert worden. Der Ausschuss schloss die Eingabe ab, da der schwäbische Kabarettist und Schauspieler Bernd Gnann in Berlin inzwischen Aufkleber mit dem Logo von Biberach verteilt hatte, auf denen stand: „Wir nehmen Schwaben zurück.“

Rettungsfallschirme in Hochhäusern, verbilligter Eintritt bei der IGA

Nach dem verheerenden Brand des Grenfell Towers im Londoner Westen mit mehr als 80 Toten schlug ein Bürger dem Petitionsausschuss im Bundestag vor, in allen Hochhäusern Rettungsfallschirme für den Brandfall zu verteilen. Da bauordnungsrechtliche Vorschriften in die Zuständigkeit der Länder fallen, befasste sich der Petitionsausschuss im Abgeordnetenhaus damit und erhielt eine Antwort der Senatsbauverwaltung, wonach in Berlin bereits ein hoher Brandsicherheitsstandard beim Bau von Hochhäusern bestehe.

Und nicht jedes Hochhaus biete ausreichend Absprungmöglichkeiten und Mindestabsprunghöhen für eine Personenrettung. Auch eine sichere Landung sei aufgrund der dichten Bebauung nicht immer garantiert. Der Ausschuss hatte die Anregung des Petenten aufgrund der Gegenargumente nicht weiter aufgegriffen.

Ein Hochzeitspaar hatte auf dem IGA-Gelände seine Vermählung mit Trauungstermin, Gästen und Torte geplant. Aber nach der festen Buchung erhielt es überraschend eine Mitteilung der „Gärten der Welt“: Jeder Gast sollte 18 Euro Eintritt zahlen. Die Verlobten wandten sich an den Ausschuss, dieser an die Senatsverkehrsverwaltung. Die IGA bot einen deutlich reduzierten Eintrittspreis von fünf Euro pro Gast an. Die Hochzeit fand zu aller Zufriedenheit statt.

Die meisten Petitionen für Ausländerrecht und Soziales

Im Jahr 2017 erhielt der Petitionsausschuss 1571 neue Eingaben, 253 mehr als im Jahr zuvor. Die meisten Petitionen bezogen sich auf das Ausländerrecht und Soziales. Denn sobald eine Petition zum Beispiel bei einer drohenden Abschiebung im Ausschuss eingeht, wird die Innenverwaltung informiert. „Solange wir uns mit dem Fall befassen, hat das aufschiebende Wirkung“, sagte der Ausschussvorsitzende Kristian Ronneburg (Linke).

In einem Fall drohte einem schwer erkrankten Serben nach einem abgelehnten Asylantrag die Abschiebung. Die Familie bat darum, einen weiteren Aufenthalt aus humanitären Gründen zu dulden, zumal die Kinder in Berlin die Schule absolviert und bereits eine Ausbildung begonnen hatten.

Die zwei Geschwister erhielten vom Innensenator Andreas Geisel (SPD) Aufenthaltserlaubnisse, um ihren Eltern beizustehen, mit der Auflage, nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung vollständig ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu sichern.

Auch die Warteschlangen vor dem Standesamt Mitte für Anmeldungen zu Eheschließungen sowie für Geburts- und Sterbeurkunden waren immer wieder Thema im zwölfköpfigen Ausschuss. Auf Nachfrage des Tagesspiegels teilte das Bezirksamt am Mittwoch mit, dass die Wartezeit bei Sterbeurkunden bei cirka vier bis fünf Wochen liegt.

Geburtenbeurkundungen dauerten in Eilfällen wenige Tage, grundsätzlich „leider im Schnitt aktuell wieder mehrere Wochen“. Man verstärke das Personal mit Pensionären, um auch Altfälle abzuarbeiten. Und Eheschließung können nur online gebucht werden. Nur zwei Monate werden freigeschaltet. Aktuell sind jedoch keine Termine frei.

Jeder Bürger hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. So steht es im Artikel 17 des Grundgesetzes. Die Berliner Verfassung ergänzt, dass Petitionen „zum Schutz der Rechte der Bürger“ dienen. Bürger können sich bei Regierung, Behörden und Parlament Gehör verschaffen und Missstände anprangern. Das gilt übrigens auch für Bürger ohne deutschen Pass. Petitionen sind ein Grundrecht für jedermann.

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