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Fahrradfahrer fährt auf dem Gehweg auf der Schönhauser Allee in Berlin-Prenzlauer Berg.

© imago images/snapshot

Weil Ausbau der Infrastruktur stockt: Berliner wollen Bau von Radwegen einklagen

Betroffene fordern den Senat auf, an fünf bekannten Unfallschwerpunkten sichere Radwege einzurichten. Notfalls wollen sie ihn vor Gericht dazu zwingen.

Das ging schnell: Zwei Tage, nachdem der Verein „Changing Cities“ erstmals laut über juristische Mittel gegen den schleppenden Ausbau des Radverkehrsnetzes nachgedacht hat, sind die ersten Anwaltsschreiben an die Verkehrsverwaltung gegangen. Nach Angaben des aus dem Fahrrad-Volksbegehren hervorgegangenen Vereins haben Betroffene am Donnerstag für insgesamt fünf Hauptverkehrsstraßen beantragt, geschützte Radwege einzurichten.

Falls die Verwaltung untätig bleibt, wollen sie mit Unterstützung durch den Verein klagen. „Wenn der Staat seiner Verpflichtung zum Schutz der Verkehrsteilnehmenden nicht nachkommen will, soll er notfalls durch ein Urteil dazu gezwungen werden“, heißt es dazu.

Für die von einer Berliner Anwaltskanzlei versandten Anträge wurden fünf Hauptstraßen ausgewählt, auf denen die Antragsteller nach eigenem Bekunden fast täglich unterwegs sind und an denen viele Probleme zusammenkommen: starke Verkehrsbelastung, reger Radverkehr, notorische Unfallhäufung sowie zusätzliche Gefahren etwa durch Baustellen oder mangelhafte Markierungen.

Konkret geht es um Teilbereiche von Leipziger, Hermann- und Kaiser-Friedrich-Straße sowie Treskow- und Schönhauser Allee. Letztere hat zwar einen Radweg, der aber nach heutigen Standards zu schmal und besonders konfliktträchtig ist.

Absender der Schreiben ist eine Lichtenberger Kanzlei, die jeweils von Betroffenen bevollmächtigt wurde. Die Anträge sind detailliert begründet, mit Zahlen aus dem Unfallatlas des Statistikamtes und Verkehrsdaten aus dem Geoinformationsportal des Senats. Hinzu kommen Beschreibungen spezieller lokaler Konfliktquellen. Den Anspruch auf die Einrichtung geschützter Radwege leiten die Juristen aus der täglichen Gefährdung von Leib und Leben der Betroffenen ab.

Als rechtliche Grundlagen werden das Berliner Mobilitätsgesetz mit dem darauf beruhenden Radverkehrsplan genannt, aber auch die Straßenverkehrsordnung, derzufolge Radwege auch ohne die sonst von der StVO geforderte besondere Gefahrenlage angeordnet werden können. Die Kriterien für Radwege sind also weniger eng als beispielsweise für Tempo 30 auf Hauptstraßen.

Dass er jetzt auch juristisch für den Bau von Radwegen kämpft, begründet der Verein mit der seit dem Regierungswechsel noch zäher gewordenen Umsetzung des Mobilitätsgesetzes. Fünfeinhalb Jahre nach dessen Verabschiedung seien erst fünf Prozent des bis 2030 avisierten Solls erreicht worden.

Durch autofreundliche Umplanungen oder komplette Stopps baureifer Projekte unter Senatorin Manja Schreiner (CDU) sei das Tempo noch weiter gesunken.

Die aktuellen Fälle sind nicht die ersten, in denen Betroffene bei der Verwaltung juristisch für Radwege kämpfen: Bereits im Sommer war die Deutsche Umwelthilfe (DUH) für eine Reinickendorfer Radfahrerin gegen die Weigerung der Verwaltung vorgegangen, den fertigen Radfahrstreifen auf der Ollenhauerstraße für den Verkehr freizugeben. Die Sache erledigte sich dann vor einem Urteil dadurch, dass die Strecke doch noch freigegeben wurde.

Allerdings erlegte das Berliner Verwaltungsgericht der Verkehrsbehörde die Zahlung der Verfahrenskosten auf, weil die Richter einen Erfolg der DUH-Klage als „überwiegend wahrscheinlich“ bewerteten.

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