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Rund 300 Menschen forderten am Samstag bei einer Protestaktion ein Verbot der Rammstein-Konzerte

© Priska Wörl

Gegenseitige Provokation vor Konzert in Berlin: Rammstein-Fans treffen auf Protest gegen Till Lindemann

Vor dem Rammstein-Konzert demonstrieren 300 Menschen gegen den Auftritt der Rockband. Fans und Protestierende zeigen sich gegenseitig den Mittelfinger – es wird aber auch diskutiert.

| Update:

Rund 300 Menschen haben sich Polizeiangaben zufolge am Samstagnachmittag zu einem Protestmarsch gegen das Rammstein-Konzert in Berlin versammelt.

Vom Theodor-Heuss-Platz zogen die Demonstrierenden unter dem Motto „Kein Rammstein in Berlin! Vor Gericht statt auf die Bühne!“ bis zur Konzertstätte am Olympiastadion, wo sie auf Fans der Gruppe trafen. Die Berliner Polizei hatte sich zuvor auf Konflikte eingestellt. Sie war mit 200 Einsatzkräften vor Ort.

Hintergrund der Demonstration sind Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann, nach denen dieser systematisch junge Fans für Sex rekrutieren lassen soll. Die Anwälte von Lindemann und Rammstein bestreiten die Vorwürfe.

„Ich bin hier, weil ich als Frau auch selbst von sexualisierter Gewalt betroffen bin“, sagte Sonja (24). Sie hatte über Social Media von der Demo erfahren. Sie findet, dass jede Stimme zählt. Für sie sei schon ein Ziel erreicht, wenn nur ein paar Menschen weniger auf die Konzerte gehen.

Einige Rammstein-Fans hatten die Demo auf dem Weg zum Olympiastadion beobachtet. „Ihr seid ausgeladen“, so die Rufe der Demonstrierenden. Einige von ihnen zeigten Mittelfinger in Richtung der Fans.

Demonstrierende und Rammstein-Fans treffen vor Konzertbeginn am Olympiastadion aufeinander

Als der Protestzug den Vorplatz des Olympiastadions erreichte, kam es zu gegenseitigen Provokationen zwischen Fans und Demonstrierenden. Auch von Rammstein-Fans waren nun Mittelfinger zu sehen.

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Hauptsächlich Männer in Rammstein-T-Shirts oder ganz ohne Oberbekleidung versuchten, die Redebeiträge der Demonstrierenden mit Lachen und Buhrufen zu übertönen. Die Polizei richtete eine räumliche Trennung ein und sorgte dafür, dass die Abstände eingehalten wurden. Bislang habe es keine Zwischenfälle gegeben, hieß es von der Behörde am Nachmittag.

Während die Konzertbesucher ins Stadion strömten, waren immer wieder Rufe der Protestierenden zu hören: „Keine Show für Täter, ob jetzt oder später!“. Die Lindemann-Gegner hatten sich außerdem auf dem Vorplatz eingerichtet. Zelte, die sie mit Sägespänen ausgelegt hatten, sollten als Toiletten dienen.

Vor Konzertbeginn stehen sich Demonstranten und Rammstein-Fans gegenüber.

© Leonie Fischer

An dem von der Polizei installierten Zaun war eine Demonstrantin mit einer Frau mit Rammstein-T-Shirt ins Gespräch gekommen. „Till Lindemann ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt die Demonstrantin. „Guck dich um, hier sind überall Männer, sind die alle schuldig?“, fragt die Frau auf der anderen Seite. „Nein, natürlich nicht – auch Frauen können vergewaltigen“, erwiderte die Demonstrantin. Es trennt sie an diesem Tag mehr als nur das weiß-rote Flatterband, die 1,5 Meter Abstand und der metallene Zaun. 

Ich bin Fan der Unschuldsvermutung. Solange nichts vor Gericht bewiesen ist, spielen die Vorwürfe für mich keine Rolle.

Clemens Sputh, Rammstein-Fan

Schon mehrere Stunden vor Konzertbeginn hatten sich etwa 200 Rammstein-Fans vor dem Olympiastadion versammelt. „Seit den Vorwürfen sind die Medien bei mir durch“, sagte ein Mann Mitte 20. Er trug, wie die meisten vor Ort, Merch der Band, „Rammstein“ stand groß auf seiner Brust. Was er zu den Vorwürfen denkt, wollte er nicht sagen.

Die meisten Fans scheinen von den Vorwürfen mitbekommen zu haben, halten es aber wie Clemens (24): „Ich bin Fan der Unschuldsvermutung. Solange nichts vor Gericht bewiesen ist, spielen die Vorwürfe für mich keine Rolle.“ Er war mit seiner Freundin aus Erfurt angereist. 

Clemens (24) ist mit seiner Freundin aus Erfurt nach Berlin angereist, um Rammstein zu sehen.

© Leonie Fischer

„Ich war ja nicht dabei, deswegen kann ich nicht wissen, was passiert ist“, sagte auch Fabian (34). Solange nichts vor Gericht entschieden wurde, würden die Vorwürfe nichts für ihn ändern. „Ich will jetzt aber nicht gleich als Rechter abgestempelt werden.“

Ähnlich sehen das zwei weibliche Rammstein-Fans, die am Rand des Parkplatzes stehen, an dem sich mittlerweile der Protestmarsch eingefunden hat und rufen ihm lachend entgegen: „Man hört euch hier hinten eh nicht!“ Die beiden beschreiben sich als „Hardcore-Fans“: „Ich verstehe, wie man als Außenstehender glauben kann, dass was dran ist an den Vorwürfen. Ich weiß aber, dass das nicht stimmt“, sagt A. (18).

Sie sei bei einem Konzert in Düsseldorf dabei gewesen. Auch an die Aftershow-Party erinnert sie sich. Das Datum des Konzerts, das Rammstein-Logo und Till Lindemanns Kopf hat sie sich auf den Arm tätowieren lassen. „Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt unwohl gefühlt“, meint auch L. (23)

Tattoo eines Rammsteinfans zeigt den Kopf von Till Lindemann.

© Leonie Fischer

L. sagt, sie sei von Alena angeschrieben worden. Damit gemeint ist Alena Makeeva, eine Vertraute der Band, die mittlerweile von ihren Aufgaben entbunden wurde. Die Rammstein-Assistentin habe L. auf die Aftershow-Party eingeladen. A. habe Alena selbst angeschrieben. Nach dem Konzert hätten sie mehrere Stunden mit der Band verbracht, getrunken, gelacht und Polonaise getanzt. Sie hätten ihre Getränke alle selbst aufgemacht, hätten von keinen Vorfällen mitbekommen. Nach einem Ausweis seien sie nicht gefragt worden. A. war zu dem Zeitpunkt minderjährig.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Till Lindemann aufgenommen. Ermittelt wird wegen Tatvorwürfen aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln. Rammstein treten auch am 16. und 18. Juli im ausverkauften Olympiastadion auf, erwartet werden jeweils rund 60.000 Fans.

Zuvor hatten bereits mehrere Zehntausende Menschen Petitionen gegen die Auftritte im Olympiastadion unterzeichnet. Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) hatte die Forderung nach einer Absage der Konzerte am Donnerstag erneut zurückgewiesen – es gebe dafür keinen rechtlichen Hebel. Auch das Berliner Olympiastadion hielt am Vertrag mit Rammstein fest.

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