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Teilnehmer der „Special Olympics“ müssen schwere Koffer die Treppen hochschleppen.

© Jörn Hasselmann

Verwahrloste Unterführung am Berliner ICC: Gäste der „Special Olympics“ müssen durch den „Tunnel des Grauens“

Ein großer Teil der „Special Olympics“ findet in den Messehallen statt. Der Weg dahin führt durch einen düsteren Tunnel, in dem keine einzige Rolltreppe funktioniert.

Am Wochenende haben die „Special Olympics“ in Berlin begonnen: 7000 Athleten aus fast 200 Nationen treten in 26 Sportarten an, 14.000 Freiwillige helfen bei der Organisation. Zehntausende Besucher werden erwartet – für die meisten führt der Weg durch den „Tunnel des Grauens“, wie ihn der Tagesspiegel vor Jahren getauft hat. Nicht einmal für die „Special Olympics“ hat es das Land Berlin geschafft, den Fußgängertunnel zwischen S-Bahn, Messehallen und ICC etwas freundlicher aussehen zu lassen.

„Wir präsentieren eine verdreckte Unterführung, die nach Scheiße und Urin stinkt“, schrieb ein Berliner Helfer am Sonnabend an den Tagesspiegel.

Nur jede zweite Lampe in der Unterführung leuchtet.
Nur jede zweite Lampe in der Unterführung leuchtet.

© Jörn Hasselmann

Ortsbesichtigung am Samstagabend: Keine einzige Rolltreppe funktioniert, Teilnehmer schleppen schwere Koffer die steilen Treppen hoch. Die „Passerelle“ ist noch düsterer als man es in Erinnerung hatte. Denn nur noch jede zweite der Leuchtröhren brennt noch. Ohne das gleißende Sonnenlicht von draußen wäre es vollständig ein Angstraum. Irgendjemand hat irgendwann ein paar Richtungspfeile auf den Asphalt gesprüht. Die offiziellen Wegweiser an den Wänden sind durch Graffiti vollständig überdeckt.

Dabei ist das Messegelände der größte Veranstaltungsort während der Weltspiele. Hier findet seit Sonntag ein großer Teil der Wettkämpfe statt. Zudem gibt es drei Kongresse zum Thema Inklusion in den Hallen unterm Funkturm, das „Special Olympics Festival“ hat seinen Platz im Sommergarten der Messe.

Wohin dieser Weg führt, wissen nur Eingeweihte.
Wohin dieser Weg führt, wissen nur Eingeweihte.

© Jörn Hasselmann

Alle, die mit der S-Bahn kommen, müssen durch diesen Tunnel. Fußgängerüberwege gibt es auf der riesigen Kreuzung aus Neuer Kantstraße, Masurenallee und Messedamm nicht, ein Relikt der autogerechten Stadt. Dennoch meiden viele Fußgänger die Treppen und sprinten lieber entlang der Fahrradspuren über die Fahrbahnen. Dies ist nicht ungefährlich, weil es Ampeln nur für Radfahrer gibt.

Eröffnet wurde die „Passerelle“, wie sie offiziell heißt, Mitte der 70er mit dem Tagungszentrum ICC. In Richtung des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) entstand vor einigen Jahren ein neuer, ampelgeregelter Überweg am Messedamm. Der aber nutzt den Sportlern und den Besuchern der weltweit größten inklusiven Sportveranstaltung nichts.

Erst Zuschüttungspläne, dann Denkmalschutz

Vor fünf Jahren wollte die Verkehrsverwaltung den Tunnel zuschütten. Dazu wurde eine Studie in Auftrag gegeben. Kurz danach wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt, die Studie deshalb abgebrochen. Seitdem ist nichts mehr geschehen.

Zuständig ist die Senatsverkehrsverwaltung. Die Behörde beantwortete eine Anfrage am Sonntag nicht. Auch die Veranstalter der „Special Olympics“ waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Vor drei Jahren waren jährliche Unterhaltungskosten von 350.000 Euro genannt worden, demnach werde der Tunnel, der über fünf Ausgänge verfügt, täglich gereinigt. Der wenige Müll, der am Samstagabend herumlag, war am Sonntag beseitigt.

Die Rolltreppen, jeweils zwei pro Aufgang, sehen indes nicht so aus, als ob sie in den letzten Monaten funktioniert hätten. Zwei von ihnen sind seit langem mit massiven Metallgittern abgesperrt, ebenso die Aufzüge. Auch der sechste Eingang, zum ICC, ist vergittert: Nach Jahren der Schließung ist die Zukunft des Internationalen Congress Centrums völlig offen.

Genau wegen des düsteren Ambientes ist der im Orange der 70er-Jahre geflieste Bau bei Filmproduzenten beliebt. „Die Bourne Verschwörung“ wurde hier gedreht, und der dritte Teil von „Die Tribute von Panem“. Eine ähnlich große, verwinkelte Unterführung gab zu DDR-Zeiten am Alexanderplatz. Auch dort sollten Fußgänger nicht den Autofluss behindern. Dieser Tunnel wurde dichtgemacht, teilweise zugeschüttet.

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