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© dpa/Fabian Sommer

„Unverhältnismäßiger Eingriff in die Rundfunkfreiheit“: RBB-Mitarbeiter kritisieren Staatsvertrags-Novelle

Unter dem Eindruck der letzten RBB-Skandale soll der Staatsvertrag novelliert werden. Mitarbeitende befürchten Eingriffe in ihre redaktionelle Freiheit.

Die Vertretungen der RBB-Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiter haben die geplante Neufassung des Sender-Staatsvertrags kritisiert. Der Redaktionsausschuss als Vertretung der Programmmacherinnen und Programmmacher sowie der Personalrat, der alle Mitarbeiter in dem Sender vertritt, veröffentlichten dazu am Donnerstag im Intranet des Senders eigene Stellungnahmen an die Regierungen in Berlin und Brandenburg.

In beiden Schreiben wird die Befürchtung geäußert, dass der Vertrag einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Staatsferne und in die Rundfunkfreiheit bedeuten könnte. Darüberhinaus wird das Sonderrecht für Kirchen für eigene Sendezeit infrage gestellt.

Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Verschwendung

Der Staatsvertrag wird auch unter dem Eindruck der Krise novelliert, in die der Sender im Sommer 2022 stürzte. Es gibt Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Verschwendung gegen die damalige Sender- und Verwaltungsratsspitze, die diese zurückwiesen. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt noch. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung. Wegen der Krise wird die Novelle beim RBB besonders beobachtet, die Regierungen wollen Lehren aus den Geschehnissen ziehen. Ein Staatsvertrag bestimmt den groben Rahmen der Medienhäuser im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Beim Programm sprechen die Länder nicht mit, das ist verfassungsrechtlich geschützt. Es gilt Rundfunk- und Pressefreiheit in Deutschland.

Gerade die Mitglieder des Redaktionsausschusses haben in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass strukturell und finanziell im RBB vieles schief läuft.

RBB-Redaktionsausschuss

Der RBB-Personalrat sieht die Rundfunkfreiheit und die Staatsferne etwa durch die Einrichtung bestimmter Regionalbüros oder dadurch missachtet, dass der Rundfunk die Leitung der Landesangebote bestimmen soll. Der Personalrat forderte auch ein volles Stimmrecht in dem Kontrollgremium Rundfunkrat, der die Programmarbeit des Senders überwacht und den Senderchef wählt.

Der Redaktionsausschuss betonte seinerseits auch: „Gerade die Mitglieder des Redaktionsausschusses haben in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass strukturell und finanziell im RBB vieles schief läuft.“ Man habe jedoch keinerlei Möglichkeiten gehabt, Erkenntnisse und Bedenken beispielsweise gegenüber dem Rundfunkrat zu äußern. „Nach dem RBB-Skandal können wir deshalb nur nochmal darauf drängen, dass sich die Gremien mit den Personalvertretungen rückkoppeln müssen und dass der RBB-Staatsvertrag dafür den Rahmen setzen sollte.“ Nach wie vor gebe es keine Möglichkeiten der Mitsprache der Redakteurinnen und Redakteure im Sender, keine Möglichkeit, etwa im Rundfunkrat gehört zu werden.

Sendezeit für Kirchen infrage gestellt

Darüber hinaus hat der Redaktionsausschuss das Sonderrecht für Kirchen für eigene Sendezeit mit Gottesdiensten infrage gestellt. Es sei „nicht nachvollziehbar, warum die Kirchen nach wie vor selber im RBB Programm machen dürfen - ein Recht, was keiner anderen Gruppierung eingeräumt wird“, heißt es. Und weiter: „Entweder bekommen auch andere gesellschaftliche Gruppen die Möglichkeit, Programm zu machen - oder alle sind gleichermaßen Gegenstand journalistischer Berichterstattung.“

Im RBB-Staatsvertrag ist auch weiterhin geplant, dass Kirchen und anderen für die Bevölkerung bedeutsamen Religionsgemeinschaften Sendezeiten zur Übertragung von Gottesdiensten und Feierlichkeiten und für sonstige religiöse Sendungen eingeräumt wird. Neu ist der Zusatz, dass die jeweilige Religionsgemeinschaft sich nicht gegen die Grundwerte des Grundgesetzes oder Landesverfassungen richten darf.

In Deutschland ist es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk jahrzehntelange Tradition, dass zum Beispiel Gottesdienste im Fernsehen übertragen werden. Der Fachbegriff in der Medienpolitik lautet Drittesenderecht. In Staatsverträgen zu den Sendern sind Passagen zu finden, in denen Kirchen und auch anderen religiösen Gemeinschaften Zeit für die Übertragung von Gottesdiensten eingeräumt werden muss. Die Staatsverträge werden von den Ländern beschlossen.(dpa)

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