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Franziska Brychcy (l) und Maximilian Schirmer, beide Berliner Landesvorsitzende der Partei Die Linke, stehen nach ihrer Wahl zur neuen Doppelspitze der Berliner Linken beim Landesparteitag zusammen. Nach sechseinhalb Jahren war die Landesvorsitzende Schubert nicht mehr angetreten. +++ dpa-Bildfunk +++

© picture alliance/dpa

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Berliner Linke mit neuem Vorstand: Doppelspitze aus Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer gewählt

Nach sechseinhalb Jahren im Amt gibt Katina Schubert den Posten der Landeschefin ab. Zuvor hatte sich die Partei mit ihrer Rolle in der Opposition auseinandergesetzt.

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Erstmals in ihrer Geschichte wird die Berliner Linke von einer Doppelspitze geführt. Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer wurden von den Delegierten des Landesparteitags am Samstag mit 85 und 73,4 Prozent der Stimmen gewählt. Passar Hariky, der ebenfalls auf den Posten des Landesvorsitzenden kandidiert hatte, unterlag mit 15,6 Prozent der Stimmen deutlich.

In ihren Bewerbungsreden hatte Brychcy, die bereits Vize-Vorsitzende der Abgeordnetenhausfraktion ist und diesen Posten zeitnah abgeben wird, die Partei auf ein kämpferisches Vorgehen in der Opposition eingestellt. „Wir wollen 2026 angreifen, die Machtfrage stellen und gemeinsam für das Berlin für alle kämpfen“, erklärte Brychcy.

Schirmer, der aktuell Vorsitzender der Linke-Fraktion in Pankow ist, kündigte eine programmatische Neuaufstellung an, „um 2026 wieder Verantwortung zu übernehmen“. Er sprach sich dafür aus, die Kommunalpolitik wieder zum „Herzstück linker Politik“ zu machen und kündigte eine Kampagne an, um neue Mitglieder zu gewinnen und die Diversität innerhalb der Mitgliedschaft zu steigern.

Mit der Wahl von Brychcy und Schirmer vollzieht die Linke einen Generationswechsel. Katina Schubert, die den Landesvorsitz der Partei erstmals 2016 übernommen hatte, verzichtete auf eine erneute Kandidatur. Dem schlossen sich die bislang drei stellvertretenden Vorsitzenden an. Künftig gibt es vier stellvertretende Parteivorsitzende. Gewählt wurden Katalin Gennburg, Deniz Seyhun, Bjoern Tielebein und Ruben Lehnert. Landesgeschäftsführer bleibt Sebastian Koch, Schatzmeisterin Annetta Juckel.

„Radikal in den Forderungen und realistisch in den Konzepten“

Zum Auftakt des Landesparteitags hatte Ex-Landeschefin Katina Schubert die Partei auf die kommenden Aufgaben eingeschworen. „Wir stehen jetzt vor großen Herausforderungen“, sagte Schubert und rief ihre Partei dazu auf, die Verteilungsfrage in den Mittelpunkt stellen.

„Es ist wichtig, dass wir es sind, die das Verbot von Luxusyachten und Minijets fordern anstatt normalen Menschen die hart ersparte Mallorca-Reise madig zu machen. Dass wir das Öffentliche stärken anstatt den Leuten das Duschen vorzuhalten“, erklärte Schubert vor den Delegierten in Berlin-Schöneweide.

Sie rief die Partei dazu auf, radikal in den Forderungen und realistisch in den Konzepten zur Umsetzung zu agieren. Schubert forderte die Umsetzung des Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungsbestände und betonte, dass der Einsatz für den Klimaschutz in den Mittelpunkt der politischen Arbeit gestellt werden muss.

Heftige Kritik übte Schubert an der „Rückschrittskoalition“ von CDU und SPD. Ersterer attestierte sie „Piefigkeit und Provinzialität“ sowie eine „stockkonservative Haltung“. Schubert kritisierte die angekündigten Mieterhöhungen in den Beständen der landeseigenen Wohnungsunternehmen sowie die Schaffung neuer Stellen an den Spitzen der Senatsverwaltungen. 

Wer glaubt, die Partei erpressen zu können, irrt.

Katina Schubert, ehemalige Landeschefin Linke Berlin

Den stärksten Applaus in ihrer knapp 20-minütigen Rede bekam Schubert für eine klare Absage an die Spaltungspläne von Sahra Wagenknecht. „Wer glaubt, die Partei erpressen zu können, irrt. Wer eine andere Ausrichtung der Partei möchte, muss um Mehrheiten ringen, nicht um Sendezeit in Talkshows“, erklärte Schubert.

Sie räumte ein, dass sich die Linke „insgesamt in nicht so guter Verfassung“ befindet. „Umso wichtiger ist es, Erfolge zu organisieren, neue Mitstreiter*innen zu gewinnen, Enttäuschte, die sich abgewandt haben, auch wieder zurückzuholen und die Partei zu konsolidieren“, sagte Schubert.

Stehende Ovationen für Schubert

Bezogen auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der die Partei immer wieder vor heftige Debatten stellt, machte Schubert deutlich, dass die Solidarität der Partei den Angegriffenen, den Geflüchteten und den Menschen in der Ukraine gelten müsse. „Wer behauptet, die Linke sei auf dem Weg zur Kriegspartei, lügt“, sagte Schubert und erinnerte an die Beschlusslage der Partei, die Waffenlieferungen in die Ukraine ablehnt.

Zum Ende ihrer Rede verabschiedete sich Schubert, die 2016 erstmals zur Landeschefin gewählt worden war, von den Delegierten und Weggefährten. Sie wünschte den beiden designierten Nachfolgern, der stellvertretenden Fraktionschefin Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer, Chef der Linke-Fraktion in Pankow, alles Gute. Schubert wurde mit stehenden Ovationen verabschiedet.

Debatte über erneutes Bündnis mit der SPD

In der anschließenden Generaldebatte offenbarten sich vereinzelt inhaltliche Bruchstellen innerhalb der Partei. Während einer Mehrheit der Redner:innen forderte, die Oppositionsarbeit auf eine Wiederauflage eines Bündnisses mit SPD und Grünen auszurichten, forderten andere eine stärkere Autonomie der Partei.

Einzelne Delegierte forderten eine weniger strikte Abgrenzung von Sahra Wagenknecht, hatten jedoch die Mehrheit im Saal klar gegen sich. Auch zum Ukraine-Krieg deuteten sich unterschiedliche Sichtweisen an, Kontroversen blieben jedoch aus.

Inhaltlich stellt sich die Berliner Linke am Wochenende auf die für sie neue Oppositionsrolle auf. Im mit großer Mehrheit verabschiedeten Leitantrag des Landesvorstands wird eine bezahlbare und solidarische Stadt gefordert und eine engere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft angekündigt. Von einem „Neuformierungsprozess“ ist die Rede und davon, dass die „räumliche Präsenz“ der Partei trotz Mandats- und Mitgliederrückgang erhalten bleiben soll.

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