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Elektrische Heizlüfter taugen nur als Notlösung - und sind außerdem teurer als Gasheizungen.

© picture alliance/dpa

Ohne Fernwärme überhitzen die Trafos: Warum bei Gasmangel Stromausfälle in Berlin drohen

Sollte bei großer Kälte die Gas- und Fernwärmeversorgung stocken, hängt die Stabilität des Stromnetzes vom Verhalten der Verbraucher ab. Die sparen schon jetzt.

Wenn der Winter sehr kalt und das Gas wider Erwarten doch knapp werden sollte, hängt es vom Verhalten der Berlinerinnen und Berliner ab, ob Stromausfälle drohen: Sollten sie ausfallende Gas- oder Fernwärmeheizungen massenhaft und gleichzeitig durch elektrische Heizlüfter ersetzen, wird das Berliner Stromnetz lokal überlastet – mit der Konsequenz, dass entweder Sicherungen rausfliegen oder einzelne der stadtweit etwa 10.000 Trafostationen wegen Überhitzung abgeschaltet werden müssen.

Dieses Szenario beschrieb Erik Landeck, Geschäftsführer der landeseigenen Stromnetz Berlin GmbH, am Freitag bei einem Pressetermin in der Wirtschaftsverwaltung. Der begann mit einem beruhigenden Vorwort von Wirtschaftssenator Stephan Schwarz. „Die Situation, was die allgemeine Energieversorgung betrifft, hat sich ja in den vergangenen Wochen deutlich verbessert“, sagte der Senator.

Nach dem russischen Lieferstopp könne Nachschub in Form von Flüssiggas bald nicht mehr nur über das neue Terminal in Wilhelmshaven kommen, sondern auch via Lubmin bei Greifswald. Und sollte der Brennstoff, auf dem das Gros der Fernwärmeproduktion in Vattenfalls Berliner Heizkraftwerken beruht, tatsächlich knapp werden, dann keinesfalls plötzlich, sondern mit Vorwarnzeit. Lokale Stromabschaltungen seien deshalb ein „super unwahrscheinliches Szenario“. Der Krisenstab in seiner Verwaltung habe es dennoch durchgespielt, sagte Schwarz.

Sicherungsvertreter: Wirtschaftssenator Stephan Schwarz und Stromnetz-Geschäftsführer Erik Landeck zeigen Sicherungen für Trafostationen und Hausanschlüsse.

© Stefan Jacobs

Nach Angaben von Landeck versorgt Stromnetz Berlin etwa 2,3 Millionen Abnehmer, überwiegend Haushalte. Deren typischer Maximalbedarf liege erfahrungsgemäß bei 2,3 Millionen Kilowatt. Macht durchschnittlich 1000 Watt pro Haushalt.

Zwar liegen einzelne Geräte – Fön, Staubsauger und Spülmaschine beispielsweise – schon für sich genommen über diesem Wert. Aber sie würden eben nie alle gleichzeitig benutzt, daher das relativ geringe Mittel. „Unsere Transformatoren sind im Schnitt nur zu 50 Prozent ausgelastet“, sagte Landeck.

Schlagartig ändern würde sich die Lage, wenn in einigen Kiezen die Wärmeversorgung durch Gasheizungen oder Fernwärme ausfiele und die Menschen dort versuchen würden, ihre Wohnungen elektrisch zu heizen – ganz gleich, ob mit Heizlüftern oder dem Backofen. „Dann wären die Transformatoren zu 150 Prozent ausgelastet – und das können sie nicht“, erklärte Landeck.

In Mehrfamilienhäusern würden dann wohl die Hauptsicherungen im Keller herausfliegen. Im Unterschied zu den Sicherungen in der Wohnung müssen diese von einem Installateur ersetzt werden, sodass es also erst einmal kalt und dunkel bliebe.

Wo die Hausanschlüsse durchhalten, würden die lokalen Trafostationen zum Engpass. Der enorme Stromfluss würde die Geräte überhitzen, sodass sie vorsorglich abgeschaltet werden müssten.

„Wir können uns nicht erlauben, dass die kaputtgehen“, sagte Landeck und berichtete von 20 Monaten Lieferzeit für neue Trafos. Vorsorglich habe Stromnetz Berlin seine Reserve auf etwa 100 Stück erhöht – wobei unter normalen Bedingungen nur etwa zwei bis fünf Trafos pro Jahr kaputtgingen. Die auch „Brownout“ genannten Abschaltungen bei Überlastungen seien immer lokal begrenzt und würden sich auf die wenigen Stunden beschränken, die die Trafos zum Abkühlen bräuchten.

Allerdings geht der Stromnetz-Chef nicht davon aus, dass es überhaupt so weit kommt: Er sei überzeugt, dass die Berliner im Ernstfall kreativ würden – und sich beispielsweise in der Hausgemeinschaft abstimmen, wer wann seine Elektroheizung anwirft. Wobei auch die bewusste Nutzung der anderen Haushaltsgeräte hilft, indem beispielsweise nicht zusätzlich zum Radiator auch die Waschmaschine angeschaltet wird.

Dass das Problembewusstsein vorhanden ist, zeigt sich nach Auskunft von Landeck bereits an der Entwicklung des Stromverbrauchs. Der habe im September fünf Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen, im Oktober sogar acht Prozent darunter. Woran die Berliner gespart haben, sei für die Netzgesellschaft nicht erkennbar. Offensichtlich sei nur der Zusammenhang zwischen Tageslänge und Strombedarf: An den kurzen und oft trüben Wintertagen sei die Nachfrage deutlich größer als im Sommerhalbjahr. Der Zusammenhang zwischen Stromverbrauch und Temperatur sei weniger markant – bisher jedenfalls.

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