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Im Palast der Republik tagte in der DDR die Volkskammer.

© dpa

Neue Ausstellung im DDR-Museum: Was vom Palast der Republik übrig blieb

Vor dem neuen Berliner Stadtschloss war einst der Palast der Republik. Eine Ausstellung beschäftigt sich nun mit der Geschichte des abgerissenen Gebäudes.

Immer wenn die Sonne auf ihn schien, verwandelte sich das Braun seiner Fensterfassade in strahlendes Kupfer: Bis zu seinem Abriss war der Palast der Republik das größte und symbolträchtigste Relikt der sozialistischen Vergangenheit Berlins. Nur wenige Meter von seinem einstigen Standort widmet ihm das DDR-Museum jetzt eine Sonderausstellung.

„Der Palast der Republik bewegt die Gemüter bis heute“, erklärt Ausstellungsleiter Sören Marotz, der zusammen mit dem Historiker Stefan Wolle die Ausstellung kuratiert hat. In dem Gebäude erkennt er eine Art „Seismographen“ für die Stimmung zwischen Ost und West.

Erzählt werden soll in der Ausstellung nicht nur die Geschichte des Palastes selbst, sondern auch das, was vor ihm war und auf ihn folgte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschloss die SED 1950 die Überreste des ausgebrannten Berliner Schlosses zu sprengen. An die Stelle des traditionsreichen Baus sollte ein moderner Sitz für die Volkskammer, das nominell das höchste Verfassungsorgan der DDR, treten.

Etliche Pläne zur Gestaltung des neuen Gebäudes wurden entworfen. Einer von ihnen ist auch in der Ausstellung zu sehen. Am Ende entschied man sich für den Entwurf des Architekten Heinz Graffunder. Die Tochter des 1994 verstorbenen Berliners hat dem DDR-Museum einige der Arbeitsinstrumente ihres Vaters zur Verfügung gestellt, die nun bewundert werden können.

Bei der Errichtung des Palastes halfen nicht nur Bauarbeiter, sondern auch Soldaten. „Wenn es eines gibt, das den Bau des damaligen Palastes von heute unterscheidet, dann ist es seine Termintreue“, weiß Marotz. Man habe jedoch auch keine große Wahl gehabt: Die Führung der SED hätte Verspätungen nicht geduldet.

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Das den Palast umgebende Areal sollte zunächst als Paradeplatz genutzt werden. Als man jedoch feststellte, dass die Erschütterungen das Gebäude bedrohten, wurde die Fläche zu einem Parkplatz umgeändert. Letztlich fungierte der Palast der Republik nicht nur als Sitz der Volkskammer, sondern auch als Mittelpunkt des kulturellen Lebens in Ost-Berlin, weiß Marotz: „Er war in erster Linie ein Palast des Volkes.“ Schon seine feierliche Eröffnung im Jahre 1976 soll sage und schreibe 105.000 Menschen angelockt haben.

Ein Besucher der Ausstellung zum Palast der Republik hat den Helm des Architekten Heinz Graffunder im Blick.
Ein Besucher der Ausstellung zum Palast der Republik hat den Helm des Architekten Heinz Graffunder im Blick.

© Britta Pedersen/dpa

Auch danach hatte der Palast einiges an Programm für die Allgemeinheit zu bieten: Im geräumigen Innenraum des Palastes konnte man bowlen, ins Kino gehen und vorzüglich speisen. Bestimmte alkoholische Getränke, die es sonst nirgendwo Ostdeutschland gab, wurden hier ausgeschenkt. Zwei der übriggebliebenen Liköre sind Teil der Ausstellung.

Ein Palast fürs Volk

Immer wieder wurde der Palast für Veranstaltungen aller Art genutzt. Unter anderen traten hier Udo Lindenberg und Carlos Santana auf. „Die Kinder Ostberlins wissen vielleicht noch, wie beliebt er als Fotomotiv war“, erinnert Marotz. Er selbst sei als Kind zwei Mal in dem Bau zu Gast gewesen. Um die Geschichten rund um den Palast zum Leben zu erwecken, bietet das DDR-Museum eine digitale Komponente im Rahmen seiner Ausstellung an. Die Kuratoren fordern Berlinerinnen und Berliner dazu auf, ihre persönlichen Erinnerungen, die sie mit dem Palast der Republik verbinden, zu teilen.

Wer möchte, kann dem Museum seine eigene Geschichte via Mail zukommen lassen. Die schönsten Erzählungen sollen dann ausgewählt und über die Social-Media-Kanäle des Hauses veröffentlicht werden.
Dass der Palast nach der Wende geschlossen wurde, hält Ausstellungsleiter Marotz persönlich für den falschen Schritt. Er ist sich sicher, dass man für die Fragen nach seiner Nutzung, die früher oder später aufgetaucht wären, Lösungen hätte finden können. „Stattdessen wurde ein Konflikt unnötig geschürt, der zumindest zur Einheit Deutschlands nicht beigetragen hat“, so Marotz.

Der Gnadenstoß folgt 2006

Das Inventar der ehemaligen Volkskammer wurde aus dem Palast entfernt. Heute verwaltet die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Relikte – es sind Hunderte – an einem geheimen Ort. Zu ihm habe man zwar Zugang erhalten, so Marotz, doch eine Ausstellung größerer Möbelstücke sei nicht möglich gewesen. Ein Foto gibt stattdessen eine Vorstellung davon, was und wie viel dort lagert.

Sonderausstellung „Palast der Republik”, 24. September 2020 bis 5. April 2021, DDR-Museum, Karl-Liebknecht Straße 1, Eröffnung: 23. September um 18 Uhr.

Im Jahr 2006 beschloss die Bundesregierung, dem mit Asbest verseuchten Gebäude den Gnadenstoß zu versetzen. Von den glorreichen Zeiten des Palastes war da schon lange nichts mehr zu spüren. Bereits im September 1995 hatte man Strom und Heizung abgestellt und ließ die Einrichtung zur Ruine verkommen. „Es gibt Menschen, die sprechen hier von Siegerjustiz“, sagt Marotz. In der Ausstellung sollen aber sowohl die Befürworter als auch die Gegner seines Abrisses zu Wort kommen. Kurz vor der Eröffnung des umstrittenen Berliner Stadtschlosses regt das DDR-Museum jedoch zum Nachdenken darüber an, was sonst hätte sein können.

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