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Böller und Raketen steigen an der Oberbaumbrücke in die Luft.

© Paul Zinken/dpa

Update

Nach Silvester-Randale in Berlin: Innensenatorin Spranger will 4000 zusätzliche Bodycams für Polizei und Feuerwehr

Angriffe auf Einsatz- und Rettungskräfte überschatten die Silvesternacht in Berlin. Nun wird über Konsequenzen diskutiert – nicht nur auf Landesebene.

| Update:

Politiker auf Bundes- und Landesebene haben die Angriffe auf Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht in Berlin verurteilt und Konsequenzen angekündigt. Während der Bund ein Böllerverkaufsverbot für nicht notwendig hält, sprachen sich Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und die Polizeigewerkschaft dafür aus. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) fordert 4000 zusätzliche Bodycams für die Einsatzkräfte.

Die 4000 Körperkameras seien nötig, um eine „rechtssichere Strafverfolgung“ zu gewährleisten und dienten der Abschreckung, sagte Spranger am Montag der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Derzeit sind 300 Geräte im Einsatz, 50 davon bei der Feuerwehr. „Ich werde mit allen Beteiligten über weitergehende Schutzmaßnahmen und Lösungsansätze sprechen“, erklärte die Senatorin. Gespräche dazu seien auch mit Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Landesbranddirektor Karsten Homrighausen geplant.

Die Beschaffungskosten für die bisherigen 300 Kameras betrugen laut Senatsinnenverwaltung 275.000 Euro. Berlin hatte erst im vergangenen Dezember den Testbetrieb mit 30 der kleinen Kameras an der Uniform ausgeweitet. Die in der Hauptstadt mitregierenden Grünen und Linken sehen die Bodycams eher skeptisch. In anderen Bundesländern und bei der Bundespolizei werden die Kameras indes schon seit Jahren genutzt.

Ich appelliere an die Bundesländer, Initiativen aus Berlin im Bundesrat zu unterstützen, um das Sprengstoffgesetz dahingehend anzupassen, dass jedes Bundesland weitgehende Beschränkungsmöglichkeiten erhält – bis hin zum Verbot des privaten Einsatzes von Pyrotechnik.

Iris Spranger (SPD), Innensenatorin

In der Silvesternacht hatten Polizei und Feuerwehr zusammen fast 4000 Einsätze, noch mehr als zuletzt vor der Corona-Pandemie. Polizisten und Feuerwehrleute wurden in vielen Fällen mit Böllern und Raketen angegriffen. Insgesamt wurden laut Behörden mehr als 30 Einsatzkräfte verletzt. Spranger zeigte sich entsetzt über das Ausmaß. Zugleich wies sie darauf hin, dass es im gesamten Jahr 2020 mehr als 8000 Angriffe auf Einsatzkräfte gab.

Zu diskutieren ist aus Sicht der Innensenatorin auch eine Ausweitung von sogenannten Böllerverbotszonen. Gespräche dazu will Spranger auch mit ihren Länderkollegen im Rahmen der Innenministerkonferenz führen, deren Vorsitz sie mit dem Jahreswechsel übernommen hat.

Vor allem aber hält Spranger eine deutliche Beschränkung privater Feuerwerke für nötig und spricht sich für eine Anpassung des bundesweiten Sprengstoffgesetzes aus: „Ich appelliere an die Bundesländer, Initiativen aus Berlin im Bundesrat zu unterstützen, um das Sprengstoffgesetz dahingehend anzupassen, dass jedes Bundesland weitgehende Beschränkungsmöglichkeiten erhält – bis hin zum Verbot des privaten Einsatzes von Pyrotechnik.“

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Bund sieht keinen Anlass für deutschlandweites Verbot

Auch die Bundesregierung verurteilte die zahlreichen Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht. Sie sieht darin aber keinen Anlass für ein bundesweites Verbot von Pyrotechnik zum Jahresausklang. „Diese teils massiven Übergriffe auf Einsätze von Polizei und Feuerwehr, ehrenamtliche Helfer sowie auch auf Journalistinnen und Journalisten in der Silvesternacht verurteilt die Bundesregierung, natürlich auch der Bundeskanzler, auf das Schärfste“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin.

Die Regierung habe großes Vertrauen in die Ermittlungsbehörden der Länder, dass die Täter konsequent ermittelt würden. Sie fügte hinzu: „Der Rechtsstaat darf nicht zulassen, dass Menschen, die in unseren Städten friedlich feiern und Einsatzkräfte, die ihren Dienst tun, derartigen Übergriffen ausgesetzt sind.“

Auf die Frage, ob nun ein Verbot von Böllern und Silvesterraketen erwogen werde, verwies eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf bereits existierende Verbotsregeln – etwa in der Nähe von Krankenhäusern und Altersheimen – sowie die Möglichkeit für Länder und Kommunen, sogenannte Böllerverbotszonen einzurichten.

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Wer in der Silvesternacht Rettungskräfte oder Polizisten angegriffen hat, sollte dafür aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser unbedingt strafrechtliche Konsequenzen spüren. Eine erneute Gesetzesänderung hält die SPD-Politikerin dagegen nicht für notwendig. „Die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften sind in den letzten Jahren – zu Recht – erheblich verschärft worden“, sagte Faeser am Montag.

Nun zeige sich, wie notwendig die Gesetzesänderung von 2017 gewesen sei. Entscheidend sei, dass diese Strafvorschriften nun auch mit aller Konsequenz gegen „Chaoten und Gewalttäter“ angewandt und durchgesetzt würden. „Empfindliche Freiheitsstrafen können damit verhängt werden“, betonte die Ministerin.

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Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat eine bundesweite Debatte über Konsequenzen nach den Angriffen auf Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht gefordert. „Es gibt hier natürlich Gesprächsbedarf, das ist völlig klar“, sagte Giffey am Montag in Berlin. „Es ist auch klar, es wird nicht nur eine Berliner Diskussion sein können, es muss eine bundesweite Diskussion sein. Wir können bestimmte Regelungen nicht alleine in Berlin treffen.“

Das Thema gehöre in die Innenministerkonferenz, sagte Giffey: „Die Innenminister aller Bundesländer müssen sich darüber beraten, wie man künftig mit dieser Situation umgeht.“ Die SPD-Politikerin forderte außerdem eine konsequente und schnelle Strafverfolgung. „Auch darüber muss gesprochen werden.“

Lederer für bundesweites Böllerverkaufsverbot

Berlins Kultursenator Klaus Lederer hat sich nach den Angriffen in der Silvesternacht auf Polizei und Feuerwehr für ein Böllerverkaufsverbot ausgesprochen. „Das müsste bundesrechtlich geregelt werden“, sagte der Linken-Spitzenkandidat für die Berliner Wiederholungswahl am Montagmorgen im RBB-Inforadio. Er fürchte aber, dass die FDP „die Freiheit der Menschen in den Vordergrund schieben“ und damit einen solchen Vorstoß blockieren werde. Er selbst zeigte sich klar in seiner Position: „Was soll dieser Quatsch mit den Böllern eigentlich? Das braucht kein Mensch.“

Eine Ausweitung der Böllerverbotszonen sieht Lederer kritisch, weil für die Durchsetzung viele Einsatzkräfte benötigt werden. Man könne schließlich in der Silvesternacht das Personal nicht vervielfältigen, man müsse mit dem arbeiten, was man habe. „Ich wünsche mir eigentlich, dass wir unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte für das einsetzen, für was sie da sind, und nicht für Katz-und-Maus-Spiele in der Stadt“, sagte Lederer.

Auch die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat ein Böller- und Raketenverbot für Privatleute gefordert. „Wir glauben nicht, dass die Bevölkerung in größeren Teilen an Silvester Pyrotechnik selbst zünden muss“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro am Montag der Deutschen Presse-Agentur. 

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Jochen Kopelke, sagte: „Jeder gezielte Angriff auf einen Mensch in Uniform muss zu Ermittlungen und einer Gerichtsverhandlung mit hartem Urteil führen“. Zudem müsse jeder Übergriff auf Beschäftigte der Polizei aktenkundig gemacht werden, denn nur so entstehe ein realistisches Bild. Notwendig seien auch eine gute psychologische und seelsorgerische Betreuung der Einsatzkräfte sowie ausreichend Dienstsport, Kuren und Rehabilitationszeiten.

Im Mai 2017 trat das Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften in Kraft. Seither können Angriffe auf Polizisten, ermittelnde Staatsanwälte, Feldjäger und andere Sicherheitskräfte mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Zuvor hatte es eine besondere Strafandrohung zudem nur für Angriffe bei Vollstreckungshandlungen wie etwa Festnahmen gegeben, seit der Reform auch während jeder anderen Diensthandlung. Ebenso geschützt werden durch die Änderung Kräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste. (Tsp/dpa)

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