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Kindernotdienst in Kreuzberg.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Nach Brandbrief des Berliner Kindernotdienstes: SPD-Politiker schlägt Gründung eines landeseigenen Trägers vor

Die Weiterverteilung vom Notdienst in andere Unterkünfte gelingt nicht immer. Der jugendpolitische Sprecher der SPD-Fraktion hält die Schaffung neuer Angebote für notwendig.

Der jugendpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Alexander Freier-Winterwerb, schlägt die Gründung eines landeseigenen Trägers zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Notlagen vor. Besonders drängend sei die Unterbringungssituation für Kinder, die sogenannte Systemsprenger seien.

„Wenn wir keine Träger finden, die passgenaue Angebote für diese Kinder haben, dann müssen wir es eben selbst machen und einen eigenen Landesträger gründen“, sagte er dem Tagesspiegel. Diesen Vorschlag wolle er mit dem Senat besprechen.

Seine Beobachtung sei, dass die Anzahl dieser Kinder und Jugendlichen zunehme. „Es braucht für diese Kinder besondere Angebote“, sagte er.

In einem Brandbrief an Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und Familiensenatorin Katharina Günther-Wünsch (beide CDU) hatten Mitarbeitende des Berliner Kindernotdienstes am Mittwoch alarmierende Zustände in der Einrichtung geschildert. Sie sprachen darin unter anderem von regelmäßigen Kindeswohlgefährdungen. Familiensenatorin Günther-Wünsch hatte auf Anfrage gesagt, dass sie den Brief mit Ernsthaftigkeit zur Kenntnis nehme. Sie bekräftigte, dass es einen vierten Standort des Kindernotdienstes geben solle.

Auch SPD-Politiker Freier-Winterwerb, der zuvor Bezirksstadtrat für Jugend in Treptow-Köpenick war, spricht sich für einen vierten Standort aus. „Wir setzen uns intensiv damit auseinander, wie wir alle Kinder, die Bedarf haben, vernünftig unterbringen können“, sagte er. Dabei stünden die Jugendämter allerdings miteinander in Konkurrenz. Erschwerend käme hinzu, dass auch viele Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gebraucht würden.

Staatssekretär will Einrichtung besuchen

Die Jugendverwaltung erklärte am Freitag, das Kindeswohl und der Kinderschutz habe „oberste Priorität“. „Im Sinne einer guten Betreuung für die Kinder und Jugendlichen gibt es einen dauerhaften und regelmäßigen Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kinder-Notdienstes an der Gitschiner Straße“, sagte ein Sprecher.

Die Senatsjugendverwaltung stehe im ständigen Austausch mit den Bezirken und den freien Trägern, um den Kindern und Jugendlichen möglichst schnell zu helfen und andere Unterbringungsmöglichkeiten zu finden. Dafür gebe es auch eine Koordinierungsstelle.

In der kommenden Woche will sich Jugendstaatssekretär Falko Liecke (CDU) gemeinsam mit der Abteilungsleitung beim Kindernotdienst vor Ort ein Bild machen. Dabei will er nach Angaben der Senatsverwaltung insbesondere auch das Gespräch mit Kindern und Jugendlichen suchen.

Einrichtung eines vierten Standorts laut Regierendem Bürgermeister „notwendig“

Der RBB hatte schon im Mai sehr deutlich über die Situation beim Kindernotdienst berichtet. Darauf fußte eine Anfrage von Tommy Tabor (AfD). Das war nach der Wahl, und Jugendstaatssekretär Liecke räumte ein, dass es „an der Schnittstelle“ von Kinder- und Jugendhilfe sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht ausreichend stationäre Plätze gebe. Das gelte auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen. Zudem fehlten Plätze zur Kurzzeit- und Krisenunterbringung, sagte Liecke.

Unterm Strich führten die Zustände im Kindernotdienst dazu, dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) in seiner Regierungserklärung Mitte Mai bestätigte, dass die Eröffnung eines vierten Standortes „für versorgungsintensive Kinder und Jugendliche dringend notwendig“ sei. Zudem prüfe der Senat, die „Einrichtung eines Kinderschutzteams für jeden Bezirk“ und darüber hinaus eine „Einrichtung zur Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit sozialen, emotionalen und psychischen Beeinträchtigungen“.

Marianne Burkert-Eulitz, die jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sagte zu Versäumnissen der rot-grün-roten Regierung, es handele sich um eine „komplexe Materie“. Erschwerend sei die Pandemie hinzugekommen. Auch die Aufnahme der vielen minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten habe „sicher dazu geführt, dass Prozesse nicht weitergegangen sind“.

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