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Geschäftiges Treiben auf dem Berliner Großmarkt in der Beusselstraße in Berlin-Moabit mit dem Fruchthof und dem Blumengroßmarkt.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Mit Roboter-Farmen und Labor-Fleisch: Berliner Händler wollen Großmarkt auf dem Flughafen Tegel

Der Beusselmarkt ist marode. Doch statt einer Sanierung fordert eine Genossenschaft nun einen größeren Neubau.

Der Berliner Großmarkt an der Beusselstraße in Moabit beliefert die Stadt mit Obst und Gemüse, Blumen und Fisch. Doch die Anlage ist marode. Seit Jahren wird über eine Sanierung diskutiert. Nun sieht ein großer Teil der Händler keine Zukunft mehr am Standort. Der Großmarkt soll ihrer Ansicht nach komplett neu gebaut werden – auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel.

Ein Gabelstapler rollt heran, mit geübtem Schritt weicht Hüseyin Akin aus. Auf dem Großmarkt ist er zu Hause. In zweiter Generation leitet Akin das Familienunternehmen GSM, einen 1980 gegründeten Großhändler für Obst und Gemüse. „Die letzten beiden Jahre waren schwer“, sagt er.

Nach Corona und Inflation kommt die hohe Miete

Und jetzt habe er auch noch eine Mieterhöhung um 5000 Euro im Monat bekommen. „Jede Kostensteigerung müssen wir umlegen.“ Akins Kunden sind Einzelhändler und Gastronomen. Die müssten höhere Preise an die Verbraucher:innen weitergeben, sagt Akin.

Nils Doerwald ist Vorstand der Beusselmarkt-Genossenschaft, der ein großer Teil der Händler angehört. Ihre Vermieterin ist die landeseigene Berliner Großmarkt GmbH (BGM). Doerwald sagt, die BGM sei zwar laut Vertrag berechtigt, die Miete an die durchschnittliche Preisentwicklung anzupassen.

330.000
Quadratmeter Grundfläche hat der Berliner Großmarkt.

Es sei jedoch unfair, wenn die Mittelständler so viel mehr zahlen müssen, obwohl sie selbst von gestiegenen Kosten betroffen sind.

Das ist nicht der einzige Konflikt zwischen Genossenschaft und BGM. Der Großmarkt, der 1965 eröffnet wurde, sei in einem so schlechten Zustand, dass neu gebaut werden müsse, meint Doerwald.

Von 330.000 Quadratmetern Grundfläche ist etwa ein Drittel mit Verkaufshallen bebaut, der Rest besteht aus Verladerampen, Parkplätzen und Straßen. Doerwald sagt, es sei nicht möglich, das „hochverdichtete Gelände“ bei laufendem Betrieb zu sanieren.

Neue Markthalle mit Forschung und Start-ups

Die Mängelliste der Genossenschaft ist lang. Die Gebäude seien nicht isoliert, was zu hohen Energiekosten führe. Der Ausbau einer Ladeinfrastruktur sei nicht möglich, die Unternehmen könnten ihre Fuhrparks nicht auf Elektrofahrzeuge umstellen. Geeigneter Platz für Solarpanele fehle und es gebe insgesamt keinen Raum für Wachstum.

Jetzt ist es wichtig, dass man das Konzept ernsthaft prüft.

 Sebastian Czaja, Chef der FDP im Abgeordnetenhaus

Auf dem Flughafen hingegen könne eine „Berlin Food Area“ entstehen, die „urbane Lebensmittelproduktion“ mit Wissenschaft und Forschung vereint. Wenn es nach Doerwald geht, soll dort in Zukunft mit „Vertical Farming“ und Robotern Gemüse angebaut und künstliches Fleisch im Labor erzeugt werden. Doerwald glaubt, das passe zu der dort geplanten „Urban Tech Republic“.

Frühaufsteher: Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP im Abgeordnetenhaus, Nils Doerwald, Vorstand der Verwaltungsgenossenschaft Fruchthof Berlin und Fruchtgroßhändler Hüseyin Akin, GSM Import-Export GmbH.

© Tagesspiegel/Christoph M. Kluge

Einen Unterstützer hat er bereits gewonnen: Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, wirft dem Senat vor, die Handelsunternehmen stiefmütterlich zu behandeln. „Jetzt ist es wichtig, dass man das Konzept ernsthaft prüft.“ Beim Besuch auf dem Beusselmarkt versprach Czaja, das Thema auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses zu setzen.

Die Senatswirtschaftsverwaltung lehnte einen Umzug des Großmarkts bislang kategorisch ab. „Für die ohne Zweifel bestehenden Bedarfe der Händler sind tragfähige und umsetzbare Lösungen notwendig“, sagte der Sprecher Matthias Kuder dem Tagesspiegel.

„Die vor Weihnachten übermittelten Bedenken zur vereinbarten Sanierung am aktuellen Standort werden in einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrates der Berliner Großmarkt GmbH in Kürze besprochen.“

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