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Der CDU-Spitzenkandidat für die anstehende Wahl zum Abgeordnetenhaus Kai Wegner spricht im Ludwig Erhard Haus bei einer Diskussionsveranstaltung des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) und des «Tagesspiegels». Daneben sitzt die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey.

© dpa / Paul Zinken

Erste Wahldebatte in Berlin: Spitzenkandidaten diskutieren über Wirtschaft, Energie und Verwaltung

Energiepolitik und Verwaltungsreform bestimmen das erste direkte Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten. Giffey sprach sich erstmals explizit gegen Enteignungen aus.

Beim ersten Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten für die Wiederholungswahl am 12. Februar stand die Wirtschafts- und Energiepolitik im Mittelpunkt. Dabei warf Kai Wegner, derzeitiger Oppositionsführer und CDU-Spitzenkandidat, der regierenden Koalition vor, die Stadt durch verschiedene Rekommunalisierungsprojekte „in die völlig falsche Richtung“ zu lenken. „Die Stadt ist nicht der bessere Unternehmer“, sagte Wegner. Durch den geplanten Rückkauf des Wärmenetzes würden weder die Versorgungssicherheit besser noch die Bezahlbarkeit.

Wie der Tagesspiegel erfuhr, hat das Land Berlin in der vergangenen Woche eine Interessenbekundung für den Kauf der Vattenfall-Anteile am Fernwärmenetz hinterlegt. Dazu will der Senat am Dienstag weitere Informationen bekannt geben.

Giffey gegen Enteignungen und für eine Verwaltungsreform

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die sich an diesem Abend so deutlich wie nie zuvor gegen die Enteignung großer Wohnungskonzerne und damit gegen den Volksentscheid aussprach, ließ sich auf einen Schlagabtausch über die Energiepolitik und die Rolle des Staates dabei nicht ein.

Sie verwies darauf, dass die Berliner Wirtschaft im vergangenen Jahr stärker gewachsen sei als im Bundesdurchschnitt und lobte insbesondere das Neustartprogramm nach der Hochphase der Coronapandemie. Sie wolle dafür sorgen, dass die Stadt in Zukunft „zu den wettbewerbsfähigsten Städten gehört.“ Ein zentraler Baustein davon sei eine umfassende Verwaltungsreform. Giffey kündigt an, dass die Grundzüge dieser Reform am 7. Februar, in der Woche vor der Wahl, im Senat beschlossen werden solle.

Wir haben eine riesige Chance, dass wir besser aus dieser Krise herauskommen als wir hineingekommen sind.

Bettina Jarasch, grüne Spitzenkandidatin

Giffeys Koalitionspartner machten sich hingegen explizit für einen regulativ eingreifenden Staat in der Wirtschafts- und vor allem der Energiepolitik stark. Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kündigt an, zwei Milliarden Euro in die Transformation der Berliner Energieversorgung investieren zu wollen. Dies sei Voraussetzung für eine „grüne Re-Industrialisierung“. „Wir haben eine riesige Chance, dass wir besser aus dieser Krise herauskommen als wir hineingekommen sind“, sagte Jarasch.

Klaus Lederer, Kultursenator und Spitzenkandidat von der Linken, führte den Rückkauf des Stromnetzes und die Gründung der Berliner Stadtwerke als Argumente für eine erfolgreiche Rolle des Staates auf dem Energiemarkt an. Eine Mehrheitsbeteiligung beim Fernwärmenetz sowie eine Übernahme der Gasag seien wichtige Schritte, um Berlin zur „Zukunftshauptstadt“ zu machen.

Einigkeit herrschte zur Zentralisierung der Verwaltung

Gegen weitere staatliche Eingriffe wandte sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja. Er warb dafür die „Innovationskraft der Wirtschaft nutzen“ und verwies unter anderem auf die Förderung der Wasserstofftechnologie Als „Problem aller Probleme“ nannte Czaja die Verwaltung.

Zwar warben alle Spitzenkandidaten für eine stärke Zentralisierung der Verwaltung in einigen Bereichen und klare Zuständigkeiten. Dem FDP-Vorschlag, die Verwaltung in Berlin in Zukunft eingliedrig zu gestalten und die Bezirksämter abzuschaffen, wollte sich aber niemand anschließen.

Die AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker hatte schließlich zunächst praktische Einwände gegen den Vorschlag von Kai Wegner, alle Dächer mit Solarzellen zu versehen. Dies sei schon statisch in Berlin nicht möglich, sagte die gelernte Architekten. Brinker machte sich stattdessen für eine Wiederbelegung der Kernenergie stark. Berlin könne dafür ein Forschungsschwerpunkt werden. „Energie muss bezahlbar bleiben“, resümierte Brinker.

Die Diskussion zwischen den Spitzenkandidaten aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien wurde vom Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) im Ludwig-Erhard-Haus veranstaltet und von Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt moderiert.

In einer aktuellen Umfrage zur Abgeordnetenhauswahl führt die CDU derzeit mit 22 Prozent. Es folgen SPD und Grüne mit jeweils 18 Prozent. Linke und AfD kommen auf jeweils 12, die FDP auf sieben Prozent. Die Wiederholungswahl findet statt, weil es bei der regulären Wahl 2021 zahlreiche Pannen gegeben hatte. Auch die Wahl zu den Bezirksparlamenten wird wiederholt.

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