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Holzernte in Mecklenburg-Vorpommern.

© dpa/Bernd Wüstneck

Holz statt Kohle: Umweltverbände kritisieren Fernwärme-Pläne von Vattenfall und Berliner Senat

Um den Kohleanteil bei der Fernwärme- und Stromproduktion möglichst auf null zu bringen, setzt Vattenfall auf nachwachsende Holzplantagen. Ein Irrweg auf Kosten des Klimas, sagen Kritiker.

Vattenfall will bis 2030 aus der Kohle aussteigen. Stattdessen soll unter anderem nachwachsendes Plantagenholz verheizt werden. Gegenwind kommt von den Umweltverbänden BUND und Naturschutzbund (Nabu).

Momentan verfeuert Vattenfall jedes Jahr große Mengen Steinkohle, um Berliner Wohnungen zu heizen und nebenbei Strom zu erzeugen. 18 Prozent der Fernwärmeleistung basiert auf klimaschädlicher Kohle. Diesen Anteil will der Energiekonzern durch erneuerbare Energiequellen ersetzen – darunter nachwachsendes Plantagenholz, den Einsatz von Wasserstoff und Abwärmenutzung.

Der Senat als künftiger Eigentümer der Fernwärmesparte von Vattenfall unterstützt diese Strategie. Aus Sicht der Klimaschützer von BUND und Naturschutzbund (Nabu) sind der Ausbau von Holzplantagen und die Verbrennung sogenannter Hackschnitzel zur Wärmeerzeugung ein Irrweg.

Der Anbau von Agrarholz lohnt sich auch wirtschaftlich nicht.

Almuth Ernsting von der Organisation Biofuelwatch

„Bei Holzverbrennung wird so viel CO₂ freigesetzt wie bei Kohle“, sagte Almuth Ernsting von der Organisation Biofuelwatch auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Die Wiederaufnahme dieses freigesetzten CO₂ durch das Nachwachsen von Bäumen dauert viel zu lange.“

Der Anbau von Agrarholz lohne sich auch wirtschaftlich nicht. „Das sehen wir zurzeit in England. Die Erwartungen erfüllen sich nicht. Nur in Brasilien in schnellwachsenden Eukalyptusplantagen geht das.“ Wegen der Flächenkonkurrenz mit Solaranlagen, die deutlich mehr Energieertrag pro Hektar bringen, sei der Holzanbau nicht wettbewerbsfähig.

Wachsender Holzbedarf wird durch Importe gedeckt

Der wachsende Holzbedarf in Deutschland werde letztlich durch Importe aus Ländern gedeckt, die ihre Wälder weniger schützen. Die Verbrennung von Hölzern werde auch im Entwurf zur nationalen Biomasse-Strategie der Bundesregierung kritisch bewertet, erklärte Michaela Kruse vom Naturschutzbund. Das dort genannte Potenzial der Biomasse-Nutzung würde allein durch die Pläne von Vattenfall ausgeschöpft.

Im Kraftwerk Reuter-West wird Kohle verheizt. Künftig soll hier Holz als Brennstoff dienen.
Im Kraftwerk Reuter-West wird Kohle verheizt. Künftig soll hier Holz als Brennstoff dienen.

© IMAGO/Funke Foto Services/IMAGO/Maurizio Gambarini

Nach Angaben der Umweltorganisationen würde Vattenfall mit seiner Biomasse-Strategie spätestens ab 2030 1,6 Millionen Tonnen Holz pro Jahr verbrauchen. Das entspräche etwa zwei Drittel des jährlichen Holzeinschlags in Brandenburg. Vattenfall spricht dagegen von einem maximalen Bedarf zwischen „450.000 bis 480.000 Tonnen absolut trockener Biomasse“.

Die Diskrepanz der Zahlen lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass die Umweltschützer den aktuellen Holzeinsatz in den Kraftwerken Moabit und Märkisches Viertel hochrechnen, während Vattenfall von erheblichen Effizienzgewinnen in den künftigen Anlagen durch den Einsatz von Rauchgaskondensation ausgeht. Geplant ist, in den Kraftwerken Reuter West und Klingenberg künftig Holz zu verheizen.

Angesichts des steigenden Bedarfs werden wir den Agrarholzanbau in Brandenburg und in den angrenzenden Bundesländern stark ausweiten.

Jan Grundmann, Geschäftsführer von Energy Crops.

Eine Tochterfirma von Vattenfall, Energie Crops, kümmert sich um den Anbau von Plantagenholz. „Angesichts des steigenden Bedarfs werden wir den Agrarholzanbau in Brandenburg und in den angrenzenden Bundesländern stark ausweiten“, sagt Jan Grundmann, Geschäftsführer von Energy Crops.

In den vergangenen Jahren erntete das Unternehmen jährlich zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen Hackschnitzel aus dem Agrarholzanbau. Verfeuert werden in Berlin nach Angaben der Klimaschützer derzeit aber rund 96.000 Tonnen. Das nötige Holz stamme zu mehr als zwei Dritteln aus Wäldern.

Vattenfall kündigt an, verstärkt nicht mehr benötigtes Altholz etwa aus der Möbel- oder Bauindustrie einzusetzen. Dazu plant die Berliner Stadtreinigung bereits ein Heizkraftwerk für Sperrmüll. Zudem sollen „Landschaftspflegematerial aus Parks oder Straßengrün sowie Sägenebenprodukte“ verstärkt genutzt werden.

Im Heizkraftwerk Neukölln wird seit vielen Jahren Holz als Brennstoff eingesetzt.
Im Heizkraftwerk Neukölln wird seit vielen Jahren Holz als Brennstoff eingesetzt.

© imago/Schöning

Die Firma Energy Crops soll zusammen mit der Vattenfall Wärme künftig in den Besitz des Landes übergehen, wie Matthias Kuder, Sprecher von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD), auf Anfrage bestätigte. Die Pläne von Vattenfall entsprächen dem Dekarbonisierungsfahrplan des Senats, erklärte Kuder.

Der Einsatz von Holz sei im Energiemix der Erneuerbaren auch deshalb wichtig, um in Tagen einer winterlichen Dunkelflaute ausreichend lagerfähiges Brennmaterial vorhalten zu können, damit die Wärme- und die Stromproduktion nicht zusammenbrechen.

Der Berliner Dekarbonisierungsfahrplan sollte dringend überarbeitet werden, sagte Neelke Wagner vom Verein Powershift, zumal er ohne Beteiligung der Öffentlichkeit zustande gekommen sei. „Die geplanten Biomasse-Anlagen brauchen wir gar nicht.“

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