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Badegäste schwimmen im Sommerbad Humboldthain.

© dpa/Christoph Soeder

Update

Mehr als 700 Hausverbote in Berlins Freibädern: Bäder-Betriebe schließen Rutschen und Sprungtürme in Neukölln und Pankow

Der Anlass ist meist gering, doch dann eskaliert die Situation – die Polizei muss einschreiten. Bademeister beklagen mangelnden Respekt und hoffen auf Unterstützung.

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Die Berliner Bäder-Betriebe (BBB) schließen bis auf Weiteres die Großrutschen und Sprungtürme in den Sommerbädern in Neukölln und Pankow. Das teilte die Bäder-Betriebe am Donnerstag mit. Anlass seien die Ausschreitungen von rund 50 jugendlichen Besuchern am Mittwoch im Sommerbad Neukölln und von rund 30 Jugendlichen am Montag in Pankow.

Da sowohl Großrutschen als auch Sprungtürme Attraktionen für Badegäste seien, sei den BBB die Entscheidung für das Verbot nicht leichtgefallen, hieß es. Es seien „jedoch ganz offenbar diese Attraktionen, die immer wieder Randalierer anziehen.“

In den vergangenen fünf Jahren sind in Berlins Freibädern mehr als 700 Hausverbote erteilt worden. Das geht aus einer Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Karsten Woldeit hervor. Angesichts gewaltvoller Auseinandersetzungen in Schwimmbädern werden Forderungen nach mehr Unterstützung durch die Polizei und Videoüberwachung laut.

Die Senatsverwaltung listet in ihrer Antwort die Bäder mit den meisten Problemfällen auf. Demnach erteilten die BBB in den vergangenen fünf Jahren in ihren Freibädern insgesamt 737 Hausverbote.

Spitzenreiter ist das Sommerbad Pankow mit allein 211 Hausverboten. An zweiter Stelle steht das Sommerbad am Insulaner mit 102 Fällen, in denen Besuchern das Betreten des Bads verboten wurde. Darauf folgt nach Angaben der Senatsverwaltung das Columbiabad in Neukölln, das in 94 Fällen Badegästen den Besuch verwehrte. Im Strandbad Wannsee sowie im Kinderbad Monbijou gab es demnach am wenigsten Vorkommnisse: Am Wannsee erteilten die Bäder-Betriebe lediglich in vier, im Kinderbad in nur zwei Fällen Hausverbote.

Während vor fünf Jahren 572 Hausverbote erteilt wurden, waren es im Jahr 2022 lediglich 133. Die Bäderbetriebe führen dies vor allem auf die unterschiedlichen Besucherzahlen zurück. 2018 sei ein heißer Sommer mit mehr als zwei Millionen Badegästen gewesen, erklärte eine Sprecherin am Dienstag. Im vergangenen Jahr seien es rund 1,7 Millionen Menschen gewesen.

Polizeigewerkschaft fordert Unterstützung durch Security

Die Zahlen der Senatsverwaltung zeigen auch: In den meisten Fällen verwehrten die BBB Badegästen aufgrund von Verstößen gegen die Haus- und Badeordnung, nach Beleidigungen oder weil kein Eintritt gezahlt worden war den Zutritt. Eher selten waren Straftaten der Grund. Für das Jahr 2022 etwa werden sieben Körperverletzungen, sechs Bedrohungen, zwei Sexualdelikte und zehn Beleidigungen genannt.

Im vergangenen Sommer war es mehrfach in verschiedenen Freibädern zu Streitereien und Tumulten zwischen Gruppen junger Männer und dem Wachpersonal gekommen. Die Polizei musste eingreifen. Einmal gingen Angreifer mit Schlagwaffen und Reizgas gezielt auf Wachleute los.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält strengere Einlasskontrollen für erforderlich. „Diese sollten von privaten Sicherheitsunternehmen unterstützt werden, um das Hausrecht von Beginn an deutlich machen“, sagte der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Im Neuköllner Columbiabad gab es erst am Mittwochabend wieder einen Polizeieinsatz wegen einer Auseinandersetzung.

Aus Sicht des GdP-Bundesvorsitzenden Kopelke müssten Hausverbote in einer empfindlichen Länge schnell und niederschwellig verhängt werden können. „Zudem dürfte eine Videoüberwachung für weitere Abschreckung sorgen“, sagte er. Betreiber müssten gemeinsame Konzepte mit der Polizei und den Rettungsdiensten abstimmen. „Die Polizei wird dabei unterstützen, Streifen am Beckenrand wird es jedoch nicht geben.“

Vor diesem Hintergrund sprach sich der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister für mehr Unterstützung durch die Polizei aus. Diese sollte auf Streifenfahrten auch in Bädern vorbeischauen, um zu signalisieren: „Auch hier gelten Recht und Gesetz“, sagte Präsident Peter Harzheim der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Die Polizei steht nach eigenen Angaben stets in engem Kontakt zu den Bädern. Polizeilich relevant seien aber nicht alle Freibäder, sagte eine Sprecherin. Man führe nicht erst seit diesem Jahr lageangepasste Maßnahmen durch, präventiv und repressiv, sagte eine Polizeisprecherin dem Tagesspiegel. Je nach Bedarf werden vor und in den Bädern Präsenz gezeigt – von der mobilen Wache auf Rädern bis zu Streifen, Kontaktbereichsbeamten und Gruppen von Einsatzhundertschaften. Auch Beamte in zivil seien im Einsatz.

Auch ein Sprecher der Berliner Bäder-Betriebe wies im Gespräch mit dem RBB-Inforadio am Donnerstag darauf hin, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei in Berlin bereits sehr weit fortgeschritten sei.

„Wir erleben zunehmend Aggression und Respektlosigkeit in den Bädern“, beklagte Harzheim. Insbesondere Kolleginnen seien betroffen und würden zum Teil auch bedroht. „Die Probleme konzentrieren sich sehr stark auf Bäder in Großstädten“, sagte Harzheim.

Sommerbad Neukölln am Mittwochabend geräumt

Das Sommerbad Neukölln wurde am Mittwochabend vorzeitig geschlossen. Auf oder an der Rutsche hätten sich einige Jugendliche nicht benommen, es habe eine Schlägerei gegeben, hieß es. Als die Polizei kam, habe sich die Lage bereits beruhigt, dennoch hätten die Verantwortlichen die vorzeitige Schließung verkündet, sagte eine Sprecherin. Mehrere Dutzend Beamte hätten mitgeholfen, Gäste anzusprechen und auf die Schließung hinzuweisen. Gegen 19.30 Uhr war das Bad leer und schloss.

In einem Freibad in Mannheim war es am Wochenende ebenfalls zu Tumulten gekommen. Es gab mehrere Verletzte.

„Freibäder sind Orte, an denen viele Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenkommen. Das birgt Potenzial für Stress“, sagte Schwimmmeister-Verbandschef Harzheim. Der äußere sich dann beispielsweise in Massenschlägereien.

Insbesondere im Sommer kommt es bundesweit in Freibädern zu Tumulten oder Schlägereien, sodass die Polizei einschreiten muss. In Berlin war dies allein in dieser Woche schon zweimal der Fall. Erst am Montag eskalierte in einem Freibad in Pankow ein Streit. Es kam zu einer Schlägerei, an der laut Polizei rund 30 Menschen beteiligt gewesen sein sollen.

Die Bäder-Betriebe in der Hauptstadt sprachen von Einzelfällen angesichts der vielen Bäder und Öffnungstage in einem langen Sommer mit Millionen Besuchern. Das Unternehmen setzt an heißen Wochenenden Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen ein. Rund 1,5 Millionen Euro werden dafür pro Jahr ausgegeben. In den vergangenen fünf Jahren wurden in allen Bädern der Hauptstadt fast 1300 Hausverbote ausgesprochen, wie aus der Antwort der Innenverwaltung auf die AfD-Anfrage hervorgeht. (mit dpa)

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