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Das Verhandlungsteam von Bündnis 90/Die Grünen, angeführt von Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen, M), Berliner Senatorin für Umwelt, Verkehr, Klima- und Verbraucherschutz und Spitzenkandidatin ihrer Partei, kommt zur zweiten Runde der Sondierungen zur Regierungsbildung zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen auf dem EUREF-Campus zusammen..

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Machtkampf bei Berlins Grünen: Abstimmungs-Patt und „Überzeugungsarbeit“ bringen Jarasch an die Fraktionsspitze

Der anstehende Wechsel an der Fraktionsspitze lief nicht so harmonisch, wie es die Grünen darstellen. Silke Gebel soll nur unter Druck zugunsten von Bettina Jarasch verzichtet haben.

Die Pressemitteilung fiel äußerst knapp aus. In nur zwei Sätzen erklärte die Berliner Grüne-Fraktion am Dienstag, dass neben Werner Graf nun Bettina Jarasch ihre Kandidatur für den Fraktionsvorsitz angekündigt habe. Die bisherige Co-Fraktionsvorsitzende Silke Gebel trete dafür „einen Schritt zur Seite“.

Gebel selbst schrieb auf Twitter, sie wisse die Fraktion bei Jarasch „in guten Händen“. All das klang nach einer gütlichen Einigung. Doch hinter den Kulissen lief der geplante Wechsel an der Fraktionsspitze weit weniger harmonisch, als es die Grünen gerne glauben machen wollen. Er ist das Ergebnis eines internen Machtkampfs.

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Um einen offenen Streit zu verhindern, stimmte der Realo-Flügel der Fraktion nach Tagesspiegel-Informationen am Dienstag zunächst intern über die Kandidatur ab. Das Ergebnis: Unentschieden. Erst nach weiteren Gesprächen im engsten Machtzirkel und einiger „Überzeugungsarbeit“ habe Gebel zurückgezogen, heißt es aus der Fraktion. Der Weg für Jarasch war damit frei.

Bis zur vergangenen Woche sahen sich die Grünen erneut auf dem Weg in den Senat

Noch bis zur vergangenen Woche hatten die Grünen ganz andere Pläne. Ob mit einer Fortsetzung der rot-grün-roten Koalition oder im Bündnis mit der CDU, die Partei wähnte sich auf dem erneuten Weg in die Regierung.

Jarasch wäre in diesem Fall wohl Verkehrssenatorin und Bürgermeisterin geblieben. Auch Gebel soll sich Chancen auf den Posten der Gesundheitssenatorin ausgerechnet haben. Andernfalls wäre es für sie aber wohl an der Fraktionsspitze weitergegangen.

Dann kam der Schwenk der SPD, lieber mit der CDU koalieren zu wollen. Plötzlich fanden sich die Grünen auf dem Weg in die Opposition wieder – mit deutlich weniger Posten für ihr Spitzenpersonal.

Dann muss ich wohl Oppositionsführerin werden.

Bettina Jarasch (Grüne) nach der Entscheidung der CDU für Schwarz-Rot

Insbesondere für Bettina Jarasch war die Situation seither heikel. Würde sie nicht nach dem Fraktionsvorsitz greifen, wäre ihre Zeit an der Parteispitze vorbei, hieß es allenthalben in den Reihen der Grünen.

Nachdem sich auch die CDU für Schwarz-Rot entschieden hatte, machte Jarasch ihren Führungsanspruch klar: „Dann muss ich wohl Oppositionsführerin werden“, sagte sie in der „RBB-Abendschau“ – und eröffnete damit den Kampf um den vom Realo-Flügel besetzten Posten an der Doppelspitze der Fraktion.

Jaraschs Entscheidung führt zum Machtkampf in der Fraktion

Denn Gebel war zu diesem Zeitpunkt keineswegs gewillt, ihr Amt freiwillig aufzugeben. Darüber entscheide immer noch die Fraktion, äußerte sie öffentlich. Erst das flügelinterne Abstimmungspatt beendete ihre Ambitionen.

Ihr Sturz sei Folge der Unzufriedenheit, die einige in der Fraktion mit ihr hätten. Schon länger warfen Parteikollegen Gebel Führungsschwäche vor.

Ein Schritt zur Seite zeugt von Führungsstärke und dem Blick auf das Ganze.

Grüne-Co-Fraktionschef Werner Graf über Silke Gebels Rückzug vom Fraktionsvorsitz

Ob beim eskalierten Streit um Mittes Ex-Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) in ihrem eigenen Kreisverband oder der inhaltlichen Dominanz des linken Parteiflügels in der Fraktion. Diesem Eindruck widersprach Fraktionschef Werner Graf am Freitag. „Ein Schritt zur Seite zeugt von Führungsstärke und dem Blick auf das Ganze.“

Jarasch wiederum wahrt mit dem Wechsel an die Fraktionsspitze die Chance, bei der Abgeordnetenhauswahl 2026 erneut als Spitzenkandidatin für die Grünen anzutreten. Sie sei mittlerweile das berlinweit bekannteste Gesicht der Partei und besitze Verwaltungserfahrung, sagen einige. Jarasch an der Spitze sei „die beste Gesamtaufstellung für die Opposition“, sagte Co-Fraktions-Chef Graf.

Doch das Abstimmungsergebnis zeigt, wie brüchig ihr Rückhalt selbst im eigenen Parteiflügel ist. „Wer hat denn die Wahl verloren?“, fragt ein Fraktionsmitglied. Warum solle die zweimal gescheiterte Spitzenkandidatin Jarasch nun nochmal ein Spitzenamt bekleiden?

Jarasch kündigte noch am Dienstagabend auf dem Landesausschuss der Grünen an, die gescheiterte Wahlkampagne „persönlich und auch selbstkritisch“ aufarbeiten zu wollen. In der Fraktion reicht das nicht allen.

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