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Mieterinnen und Mieter von landeseignen Wohnungsunternehmen soll in diesem Winter nicht die Wohnung aufgrund von Zahlungsrückständen gekündigt werden.

© G.Schleser

Keine Kündigungen bis März: Berlin schützt 700.000 Mieter vor Verlust der Wohnung

Der Senat hat ein Moratorium für landeseigene Unternehmen beschlossen. Der Berliner Mieterverein hält den Beschluss für nicht ausreichend.

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen von diesem Oktober bis März 2023 keine Mieter aufgrund von Zahlungsrückständen kündigen. Das hat der Berliner Senat am Dienstag in seiner Sitzung beschlossen. Außerdem sollen „keine Räumungen bewohnter Wohnungen durchgeführt werden“, heißt es in dem Beschluss, der dem Tagesspiegel vorliegt. Das Kündigungsmoratorium soll sowohl für private als auch für gewerbliche Mieter gelten. Laut Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) betreffe die Regelung 360.000 Wohnungen in Berlin mit rund 700.000 Mieterinnen und Mietern.

„Wir stellen sicher, dass keine Mieterin und kein Mieter der städtischen Wohnungsbaugesellschaften ihre Wohnung verlieren, weil sie die steigenden Heiz- und Energiekosten nicht mehr zahlen können“, sagte Geisel am Dienstag. „Niemand sollte Angst vor dem Verlust der Wohnung haben.“

Das Kündigungsmoratorium ist Teil des vor anderthalb Wochen angekündigten Berliner Entlastungspakets der rot-grün-roten Koalition. Sollten Mieterinnen und Mieter aufgrund der hohen Energiekosten in Zahlungsschwierigkeiten geraten, sollen sie Zahlungen aus einem Härtefallfonds erhalten. So könnten sie ihre Mietschulden zu einem späteren Zeitpunkt begleichen. Direkte Zahlungen des Landes an die landeseigenen Wohnungsunternehmen, um etwaige Mietrückstände auszugleichen, seien eher unwahrscheinlich, sagte Geisel.

Geisel appelliert an private Wohnungswirtschaft

Über die konkreten Voraussetzungen für Zahlungen aus dem Härtefallfonds will der Senat in den kommenden Wochen entscheiden. Darüber hinaus setzt sich das Land Berlin für einen bundeweiten Energiepreisdeckel ein, damit die hohen Kosten erst gar nicht bei Mieterinnen und Mieter ankommen.

An die private Wohnungswirtschaft appelliert der Senat „in gleicher Weise zu verfahren“, heißt es in dem Beschluss. Darüber wolle er in den kommenden Tagen und Wochen mit den Unternehmen ins Gespräch kommen, sagte Geisel. Wie am Dienstag bekannt wurde, will Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, Vonovia, Mieterinnen und Mieter notfalls weiterhin kündigen, wenn diese über Monate ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen.

David Eberhart, Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, in dem sowohl landeseigene als auch private Unternehmen organisiert sind, sagte dem Tagesspiegel: „Wir gehen davon aus, dass das auch von den privaten und genossenschaftlichen Unternehmen in der Regel so gehandhabt wird.“ Allerdings gebe es gerade hinsichtlich der notwendigen Entlastungen für Mieterinnen und Mieter noch viele Unbekannte, wie zum Beispiel einen möglichen Energiepreisdeckel. „Wichtig ist, dass die wirtschaftliche Leistungskraft der Unternehmen gewährleistet bleibt.“

Kritik an dem Kündigungsmoratorium kam vom Berliner Mieterverein. Zwar sei die Ankündigung „erstmal gut“, sagte die Co-Geschäftsführerin Ulrike Hermann dem Tagesspiegel. Allerdings verwies sie darauf, dass auch während der Hochphase der Corona-Pandemie, als es ein solches Moratorium bereits schon einmal galt, Kündigungen wegen Zahlungsverzug ausgesprochen wurden. „Es fehlen Sanktionsmittel“, so Hamann.

Überhaupt sei die Ankündigung eines Kündigungsmoratoriums ein recht kleiner Schritt, da die landeseigenen Wohnungsunternehmen laut Wohnraumversorgungsgesetz ohnehin schon dazu angewiesen seien, Kündigungen zu vermeiden. „Wir hätten uns darüber hinaus noch ein Mieterhöhungsmoratorium gewünscht“, sagte Hamann.

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