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Decke in einem Polizeiabschnitt

© privat

Kein Cent im Haushalt, umstrittener Klimafonds: Sanierung der maroden Gebäude der Berliner Polizei ungewiss

Schwarz-Rot hat sich zur Blaulicht-Koalition erklärt. Doch die angekündigte Sanierung maroder Liegenschaften der Polizei ist keinesfalls sicher. Grüne und Gewerkschaft warnen vor Einschnitten.

Schimmel-Duschen, Legionellen, herabfallende Decken, defekte Fenster und Heizungen: Die schwarz-rote Koalition will die maroden Polizeiwachen und Liegenschaften sanieren. Doch im Haushaltsentwurf für 2024 und 2025 findet sich dazu kein Cent. Was das Regierungsbündnis genau vorhat – niemand weiß es.

Dabei haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag versprochen. „Es geht darum, unserer Polizei und unseren Rettungskräften den Rücken zu stärken.“ Und: „Die Koalition wird ein Sonderinvestitions- und Sanierungsprogramm auflegen und die Finanzmittel zur Instandsetzung, Modernisierung und zum Ausbau von für Polizei- und Feuerwachen deutlich erhöhen.“

Nur im Haushalt zeigt sich das nicht. Lediglich zehn Millionen Euro sind für nötige Sanierungen bei der Feuerwehr eingeplant, wo 384 Millionen Euro gebraucht werden. Doch für die maroden Wachen der Polizei wird im Haushalt nichts eingeplant. Stattdessen will die Koalition die Kosten aus dem geplanten Klimafonds begleichen.

Sogenannnte Sanitäranlagen auf dem Abschnitt 15 der Polizei Berlin in Prenzlauer Berg.
Sogenannnte Sanitäranlagen auf dem Abschnitt 15 der Polizei Berlin in Prenzlauer Berg.

© Gewerkschaft der Polizei (GdP), Landesverband Berlin.

Auf 2,1 Milliarden Euro belaufen sich die Sanierungskosten bei der Polizei, jedenfalls wenn die Anforderungen an klimaneutrale Gebäude berücksichtigt werden, für die eine halbe Milliarde Euro nötig sind. Der Abbau des Sanierungsstaus habe oberste Priorität, hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) immer wieder gesagt.

In der Praxis liest sich das dann so: „Eine maßnahmenscharfe Aufteilung für die geplanten Sanierungen ist derzeit noch nicht möglich.“ Das antwortete die von Iris Spranger (SPD) geführte Innenverwaltung am Freitag im Hauptausschuss bei der zweiten Lesung des Haushalts für das Ressort auf eine Frage der Grüne-Fraktion.

Wir müssen uns fragen, ob das faktisch ein Sanierungsstopp ist.

Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Abgeordnetenhaus Berlin.

Es gebe „aktuell noch umfangreiche und notwendige Abstimmungen“ zwischen dem landeseigenen Immobiliendienstleister BIM, der Polizei und der Innenverwaltung. Erst danach könnten die Maßnahmen konkret benannt werden. „Es ist beabsichtigt, Sanierungsmaßnahmen mit klimaverbessernder und -schützender Wirkung zur Umsetzung über das Sondervermögen für Klimaschutz, Transformation und Resilienz anzumelden.“

Frühestens am Ende des ersten Quartals soll das Innenressort nun einen ersten Bericht mit einer Prioritätenliste vorlegen, welche Liegenschaften in den nächsten zwei Jahren wann und wie mit Geld aus dem Klimafonds saniert werden sollen.

„Wir müssen uns fragen, ob das faktisch ein Sanierungsstopp ist. Die Koalition weigert sich, ihrer Transparenzpflicht gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber nachzukommen“, sagte Grünen-Innenexperte Vasili Franco dem Tagesspiegel.  „Niemand weiß, ob es auch nur einen Euro für die Sanierung bei der Polizei gibt und wie das finanziert werden soll, solange es keinen Klimafonds gibt.“

Unter Rot-Grün-Rot hätte es noch 130 Millionen Euro für die Sanierung gegeben. „Ich befürchte, dass unter Schwarz-Rot nicht mehr, sondern weniger saniert wird.“ Über den Klimafonds dürften dann auch nur die klimaschutzrelevanten Kosten von 500 Millionen Euro abgewickelt werden, der Rest müsste über den Haushalt laufen.

Vasili Franco ist Sprecher für Innenpolitik in der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Abgeordnetenhaus Berlin.
Vasili Franco ist Sprecher für Innenpolitik in der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Abgeordnetenhaus Berlin.

© Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin

Außerdem ist der Klimafonds, der über Kredite mindestens fünf Milliarden Euro umfassen soll, rechtlich alles andere als sicher. Die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds im Bund dürfte auch Folgen für die Pläne von Schwarz-Rot haben. Das Problem: Mit dem Fonds wird die Schuldenbremse umgangen, doch das ist nur mit einer Notlage wie in der Coronapandemie möglich. „Es ist offensichtlich, dass sich Schwarz-Rot rechtlich auf dünnem Eis bewegt“, sagt Franco. „Bislang ist das Sondervermögen nur ein Verschiebebahnhof für unterbliebene Investitionen.“

Die Senatsfinanzverwaltung sieht bislang keine Folgen der Entscheidung aus Karlsruhe für den Berliner Klimafonds, muss aber noch genau prüfen. Rechnungspräsidentin Karin Klingen hingegen sieht sich in ihrer Kritik am Klimafonds bestätigt und findet, dass Karlsruhe auch für Berlin die Anforderungen an die Schuldenbremse gestärkt hat. Klingens Urteil lautet: Das per Kredit finanzierte Sondervermögen sei mit der Schuldenbremse nicht vereinbar, es liege keine Notlage vor.

Auch der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Stephan Weh, spricht von erheblichen Risiken, die der Senat mit dem Sondervermögen eingehe. Nach dem Urteil aus Karlsruhe forderte er einen Sofortstopp der Haushaltsberatungen. Die Sanierungskosten müssten in einen neuen Entwurf für 2024/25 aufgenommen werden.

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