zum Hauptinhalt
Zum internationalen Roma-Tag weht die Flagge der Roma vor der Berliner Justizverwaltung.

© dpa/Fabian Sommer

Internationaler Roma-Tag: „Krieg und Krise verstärken Antiziganismus – auch in Berlin“

Sinti und Roma sehen sich in Berlin mit massiver Diskriminierung konfrontiert. Die Dokumentationsstelle Antiziganismus beklagt eine steigende Zahl von Vorfällen.

Es sind Aussagen wie diese, die Sinti und Roma in Berlin immer häufiger zu hören bekommen. „Ein Prüfer vom Jobcenter fragt, warum mein Kind nicht in der Schule ist. Als ich ihm antworte, dass es krank sei, ruft er laut: ‚Kinder müssen hier zur Schule gehen, sonst werdet ihr alle im Bus zurück nach Rumänien geschickt.’“

Gemeldet hat diesen Fall eine Frau bei Dosta, der Dokumentationsstelle Antiziganismus, die antiziganistische Vorfälle in Berlin dokumentiert und analysiert. Sie wurde 2014 vom Verein Amaro Faro ins Leben gerufen. In den vergangenen zwei Jahren hat die Meldestelle insgesamt 372 Vorfälle dokumentiert – die höchsten Fallzahlen seit Projektstart. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

Vorurteile wie ein niedriger Zivilisations- und Bildungsgrad oder die Bettelei sind dabei nur einige der Stereotype, denen Sinti und Roma in ihrem Alltag begegnen. Vor allem seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sei die Zahl der Diskriminierungsfälle gestiegen.

Man beobachte, dass aus der Ukraine flüchtende Roma „nicht als Schutzsuchende, sondern als illegitime Geflüchtete“ markiert würden, berichtet Violeta Balog, Vorstandsmitglied von Amaro Faro und Projektleiterin von Dosta. „Krieg und Krisen verstärken Antiziganismus – auch in Berlin. Die Konsequenzen sind in allen Lebensbereichen spürbar und können lebensbedrohliche Ausmaße annehmen.“

Internationaler Welt-Roma-Tag am 8. April

So würden als Roma gelesene Menschen in Unterkünften benachteiligt, von Versorgungsstrukturen und häufig vom Bildungssystem ausgeschlossen. Auch in der Öffentlichkeit und in den Medien würden sie vermehrt antiziganistische Anfeindungen oder Übergriffe erfahren.

Auf diesen grassierenden Antiziganismus machen Vereine wie Amaro Faro besonders zum 8. April aufmerksam. Es ist der internationale Welt-Roma-Tag, der seit 1971 begangen wird. Auf dem damals ersten Weltromakongress in London trafen sich damals Delegierte aus der ganzen Welt und legten grundlegende Gemeinsamkeiten fest. Hier entschied man sich etwa für die Selbstbezeichnung Roma.

Seither wird am 8. April an die Anfänge der weltweiten Roma-Emanzipationsbewegung erinnert. Georgi Ivanov, stellvertretender Vorsitzender von Amaro Foro, will das Augenmerk in diesem Jahr auch auf das lenken, was bereits erreicht wurde: „Als wir von Amaro Foro 2010 begannen, uns in Neukölln zu engagieren, war der Weltromatag in der deutschen Öffentlichkeit kaum bekannt. In den ersten Jahren war es meist eher eine kleine Feier“, erzählt er. „Inzwischen finden viele verschiedene Veranstaltungen statt. Wir blicken deshalb heute mit Stolz und Freude nicht nur zurück, sondern vor allem nach vorne.“

Zahlreiche Bezirke hissen an diesem Tag die Roma-Flagge. Außerdem will die Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung dem Kampf gegen Roma-Diskriminierung mehr Geld zur Verfügung stellen. Insgesamt 720.000 Euro stehen Projekten aus dem Bereich in diesem Jahr zu.

Die Selbstorganisation Roma Trial ruft zudem zu einer Demonstration auf. Um 15 Uhr läuft der Zug vom Sinti und Roma Denkmal am Brandenburger Tor zum Rosa-Luxemburg-Platz. Unter dem Motto „No Climate for Nomads“ (dt. „Kein Klima für Nomaden“) will der Verein dabei besonders auf die globalen Zusammenhänge des „Umweltrassismus“ aufmerksam machen. „Überall in Europa sind Roma gezwungen, auf verseuchtem Boden zu leben,“ heißt es in ihrem Statement.

Zudem würden weltweit die Territorien und Kulturen indigener und nomadischer Völker durch den Klimawandel zerstört. Daher wolle man deutlich machen: „Die Klimakrise betrifft vor allem uns – Roma und Sinti, Schwarze Menschen, indigene Völker, traditionelle Nomaden und People of Colour“ heißt es in ihrem Statement. Aus diesem Grund will man an diesem internationalen Roma-Tag lautstark für Klimagerechtigkeit protestieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false