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Kurze Filme aus der Berlinischen Galerie sind exklusiv für die Mitglieder des Vereins „Jung und Artig“ auf Instagram zu sehen.

© promo

Instagram-Rundgang in der Berlinischen Galerie: Diese Online-Projekte verändern die Berliner Kunstszene

Nirgendwo engagieren sich so viele für Kunst wie in Berlin. In der Corona-Krise wurden die Kunstliebhaber noch kreativer, das zeigt der Verein „Jung und Artig“.

Wenn Marie Kube die Mitglieder von „Jung und Artig“ auf Instagram zu ihren Lieblingsbildern befragt, wird es schnell persönlich. „Welche Gefühle weckt das Bild in dir?“, fragt sie zum Beispiel. Oder: „Warum magst du es so sehr?“ Zu sehen ist das exklusiv für die jungen Förderer der Berlinischen Galerie in Instagram-Videos.

Etwa 30 Minuten lang sind die und stehen den jungen Förderern, die während des Live-Streams gerade anderweitig beschäftigt waren, 24 Stunden zur Verfügung. Im Moment noch ersetzen sie die monatlichen Begegnungen, in denen die etwa 140 Mitglieder im Alter zwischen 18 und 30 Jahren in normalen Zeiten zusammenkommen. Das Format ist so erfolgreich, dass es auch weiterlaufen soll, wenn die Coronakrise überwunden ist – auch wenn die Mitglieder sich dann wieder persönlich treffen können.

Normalerweise treffen sich die Mitglieder zu Studiobesuchen bei Künstlern oder zu besonderen Führungen. Zur aktuellen Sonderausstellung „Wide Open“, bei der es um Kunst und Spiritualität geht, wollen etwa zehn Personen unter Anleitung einer Meditationslehrerin vor den einzelnen Kunstwerken meditieren.

So kann man sich für die Kunst engagieren, dabei schöne Erlebnisse haben und auch noch nette Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlernen. Kurzum eine Win-Win-Situation der guten Taten.

Vor allem in Städten engagieren sich immer mehr Menschen für die Kultur. Aber nirgendwo in Deutschland ist das Engagement so groß wie in Berlin. Von insgesamt 854 Kulturfördervereinen, die in Berlin derzeit aktiv sind, widmen sich 18 Prozent der Bildenden Kunst und dem Design.

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Eine neue Erhebung des Dachverbandes der Kulturfördervereine Deutschland e.V. und der Think-and-Do-Tank Zivilgesellschaft in Zahlen hat ergeben, dass das Engagement weitaus größer ist, als bisher angenommen wurde. Demnach gibt es 16.800 Vereine in Deutschland, von denen 84 Prozent erst nach 1990, also nach der Wiedervereinigung, gegründet wurden. An der Spitze des Interesses steht die Unterstützung von Musik, Tanz und Theater, für die sich 6057 Vereine einsetzen.

Der Denkmalschutz rangiert an zweiter Stelle und spielt besonders in den ländlichen Gebieten eine Rolle. Gerade in Brandenburg galt es, viele alte Dorfkirchen zu retten. Auf dem Land mangelt es auch sonst nicht an kreativen Ideen.

Eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie in Kreuzberg – exklusive Führungen gibt es jetzt auch im Internet.
Eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie in Kreuzberg – exklusive Führungen gibt es jetzt auch im Internet.

© Maurizio Gambarini/dpa

So förderten die Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten e. V. ein altes Handwerk, in dem sie Schafe zur Beweidung der Schlossgärten von Paretz und Sanssouci einsetzten. Sie verlegten außerdem viele Veranstaltungen im Zuge von Themenrundgängen nach draußen in die Parks.

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Auch die Freunde der Melzower Kirche in der Uckermark verlegten ihre Konzertreihe nach außen und genossen die Musik im Kreis von 150 Zuhörern lieber unter freiem Himmel, was sich in der Coronakrise als großer Erfolg erwies. Insgesamt 27 Prozent der Fördervereine sind im ländlichen Bereich aktiv. Gerade in Krisenzeiten, so der Dachverband, zeige sich, wie wertvoll das Engagement der Bürger sei. 86 Prozent der Vereinsmitglieder sind ehrenamtlich unterwegs.

Man muss kein Kunstexperte sein, um mitzumachen

Auch Marie Kube, die als Werkstudentin das Sprecheramt des Jungen Förderkreises übernommen hat, wird ehrenamtlich unterstützt von einer Freundin, die sie über den Verein gewonnen hat. Dass man sich mit Gleichgesinnten austauscht, ist eine erfreuliche Nebenwirkung des Einsatzes im Förderverein. Man muss kein Kunstexperte sein, um mitzumachen. Von der Graphikerin bis zum Marketingexperten sind ganz verschiedene Berufe vertreten.

Carolin Wagner, die Geschäftsführerin des gesamten Fördervereins, der inklusive der Jungen Förderer 1600 Mitglieder zählt, hofft, dass ehemalige Mitglieder, die zum Beispiel aus beruflichen Gründen wegziehen müssen, den Gedanken des Engagements für die Kunst weitertragen, „weil sie so viel Spaß bei uns hatten.“ In dem Klassiker-Verein versammeln sich die Mitglieder, die zwischen Anfang 30 und über 80 Jahre alt sind.

Atelierbesuche bei Künstlern der Berlinischen Galerie

Auch sie bekommen Einiges geboten. Kuratoriumsführungen zu eigenen Ausstellungen, natürlich vor der offiziellen Eröffnung, Atelierbesuche bei Künstlern, die mit der Berlinischen Galerie in Verbindung stehen, gemeinsame Besuche anderer Ausstellungen, die interessant sind in der Stadt, Aber auch Tagesausflüge werden gemeinsam unternommen, etwa zum Bauhaus-Museum nach Dessau.

Der Verein „Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten“ setzt Schafe im Schlossgarten von Sanssouci ein.
Der Verein „Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten“ setzt Schafe im Schlossgarten von Sanssouci ein.

© Manfred Thomas

Auch hinter die Kulissen schauen die Förderer, ins Depot zum Beispiel oder bei den Restauratoren. Eine Kunstreise soll demnächst nach Weimar führen.

„Man ist näher dran am Museum, bekommt Informationen aus erster Hand“, beschreibt Carolin Wagner das Gemeinschaftserlebnis, das die Freunde der Berlinische Galerie zusammenschweißt. Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder von „Jung und Artig“ beim „Art–After-Work“-Abend, meist im Sommer, mit den älteren Förderern. Nach der Erfahrung von Carolin Wagner ist das ein sehr erfolgreiches Format.

Auf den Spuren der Nachkriegsbilder

Als es bei der Instagram-Videoaktion um die Nachkriegsbilder des Fotografen Henri Riess ging, beschrieben die Befragten im Gespräch mit Marie Kube auf Instagram auch, wie sie selber an die Orte gegangen sind, die Riess damals aufgenommen hat, schilderten genau, wie die heute aussehen.

Und als es einmal um abstrakte Malerei ging, dozierte der Interviewpartner der 26-jährigen nicht über wissenschaftliche Theorien zum Thema. Stattdessen beschrieb er, wie ihn diese Kunstform zum Träumen einlädt, dazu, sich in der Kunst zu verlieren, abzuschweifen und sich fallenzulassen. Mehr haben auch Clubs kaum zu bieten.

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