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Das Team von Studentinnen der HWR Berlin mit Ladeninhaber Mohamad Somat in der Mitte (von links): Susanne Böhm, Amélie Wendelaar Bonga, Emilia Galazka und Ana-Maria Osipov. Nicht im Bild: Sarah Latsch.

© Seniorshops

Instagram-Kampagne von Berliner Studentinnen: „Wir geben älteren Ladenbesitzern eine Online-Präsenz“

Shoppen im Kiez: Studentinnen der HWR Berlin wollen die Vielfalt im Berliner Einzelhandel bewahren und stellen Läden vor, die (noch) kein Hipster kennt.

Mohamad Somat ist so etwas wie das Gegenteil eines Social-Media-Stars. Gemeinsam mit seiner Ehefrau May Kolaghassi betreibt der bald 67-Jährige einen Antiquitätenladen in der Schöneberger Kolonnenstraße 3.

Wer nach Bewertungen googelt, findet lediglich einen Eintrag, bei dem die anonyme Kundin „Mausi P.“ nur einen von fünf Sternen dagelassen hat. Das juckte Somat („So wie das Spülmittel“) bisher nicht. Er vermisst weder Daumen, Herzen noch Likes auf Facebook, Twitter oder TikTok. „Wir machen wenig im Internet, verkaufen nur einzelne Stücke über eBay“, sagt der gebürtige Jordanier, der seit 40 Jahren Berliner ist.

Was ihn mehr umtreibt ist der Umstand, dass ihr Laden derzeit voll ist mit Dingen, an denen ihre Herzen nicht so sehr hängen: Meist schlichte Möbel, Einrichtungsgegenstände und Nippes aus 1950er, 60er und 70er Jahren. „Vieles davon hätte man vor zwei Jahren noch auf den Müll gegeben, jetzt ist es gefragt. Unsere Barock- und Biedermeiermöbel müssen im Lager warten auf bessere Zeiten“.

Schräge Modetrends, steigende Ladenmieten und Streitigkeiten mit Kunden, die gefälschte Impfnachweise vorlegen, dämpfen die Freude über das Leben als Antikhändler zusätzlich. Entscheidend ist aber: Können Somat und seine zehn Jahre jüngere Ehefrau mit diesem Sortiment noch die Jahre bis zur Renaissance des Biedermeier betriebswirtschaftlich überstehen? Um neue Kunden zu gewinnen müssen sie vielleicht doch ein wenig mehr mit der Zeit gehen.

Insofern war Somat schnell offen und bereit mitzumachen bei einer Aktion von fünf Studentinnen der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin). Die angehenden Strategieberaterinnen haben sich ein „soziales Projekt“ überlegt mit dem Ziel „älteren Ladenbesitzern eine Online-Präsenz zu geben und die Berliner:innen auf ihre meist kleinen Läden aufmerksam zu machen“.

Die „Seniorshops“ brauchen Hilfe in der Pandemie

Dafür haben sie die Instagram-Seite „Seniorshops“ (@seniorshops) eingerichtet und posten dort gratis Fotos und kurze Texte von kiezigen Ladengeschäften. „Das soll unsere Follower ermutigen, neue Läden außerhalb ihrer Komfortzone aufzusuchen und auch unbekannte Läden zu unterstützen, die vor allem durch Corona gelitten haben“, sagt Susanne Böhm aus dem Team.

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Die Fotos und englischsprachigen Texte wirken authentisch, ohne Filter, sind nicht so durchgestylt wie Influencerinnen oder eine PR-Agentur es posten würden. „Manche Besitzer:innen sind oft auch skeptisch und wimmeln einen sofort ab ohne wissen zu wollen, worum es geht“, schildert Böhm erste Erfahrungen. „Wenn wir ihnen dann aber die Instagram–Seite zeigen, verstehen sie oft, dass wir sie wirklich unterstützen möchten.“

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So finden Follower unter Seniorshops Fotos der Mitinhaberin des Antiquariats Mackensen & Niemann in Wedding oder dem persischen Supermarkt Bazarche Hafez in der Straße Alt-Moabit. Bald stellen die Studentinnen erstmals Läden aus Reinickendorf und Lichtenberg vor – von mehr digital unreifen „Seniors“.

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