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Zerknirscht. Christoph Meyer, Landesvorsitzender der Berliner FDP, musste beim Parteitag die Wahlpleite aufarbeiten.

© dpa/Christophe Gateau

Update

„Inhaltlich komplett entkernt“: Berliner FDP-Chef wirft Kai Wegner Verrat an CDU-Inhalten vor

Beim ersten Parteitag nach der Wahlpleite üben die Liberalen nicht nur Selbstkritik. Sie greifen auch Schwarz-Rot an – und reden von einer Senatsbeteiligung 2026.

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Die Berliner FDP übt sich in Selbstkritik und denkt bereits an den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus 2026. Beim ersten Landesparteitag der Hauptstadt-Liberalen nach der Wiederholungswahl im Februar, bei der die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war, machte der Landesvorsitzende Christoph Meyer aber vor allem der schwarz-roten Koalition schwere Vorwürfe – und griff auch den neuen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) direkt an.

Wegners Wahl zum Regierenden Bürgermeister erst im dritten Anlauf sei geradezu traurig gewesen, sagte Meyer am Samstag. „Es sendet genau das Zeichen von politischer Kultur in Berlin aus, das die Leute satthaben.“ Politik lebe von Vertrauen, von einem Mindestmaß an Verlässlichkeit. „Und wenn man drei Wahlgänge braucht, ohne Ansage vorher, dann ist das noch nicht mal Kreisliga. Das ist schäbig.“

Der nächste Senat in Berlin muss eine FDP-Beteiligung haben.

Lars Lindemann, Generalsekretär der Berliner FDP

Weil Wegner nun immer wieder Angst um die schwarz-rote Mehrheit haben müsse, werde es in Berlin eine noch linkere Politik geben. Dass die CDU Wahlkampf gegen die FDP gemacht habe, sei Wegner nicht vorzuwerfen. „Ich werfe Kai Wegner vor, wie schnell und billig er die ohnehin schon dürftigen Inhalte seiner Partei in den Koalitionsverhandlungen verraten hat“, sagte der Berliner FDP-Chef.

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Er hielt Schwarz-Rot vor, den Mieterschutz noch ausdehnen und Milliarden für den Ankauf von Wohnungen ausgeben zu wollen. „All das zeigt, dass die CDU inhaltlich komplett entkernt ist.“ Berlin brauche deshalb eine starke FDP.

FDP-Generalsekretär Lars Lindemann gab denn auch ein ambitioniertes Ziel aus: „Der nächste Senat in Berlin muss eine FDP-Beteiligung haben.“ Dafür müsse sich die FDP so positionieren, dass sie als eigenständig und unverzichtbar empfunden werde.

FDP-Chef Meyer: „Die Stimmung im Wahlkampf war gut“

Denn es gab zwar Lob von vielen Seiten für das Engagement der Wahlkämpfer und insbesondere für den FDP-Spitzenkandidaten Sebastian Czaja. Aber Landeschef Meyer gestand auch Fehler ein. „Wir müssen uns fragen, ob wir genug zugespitzt haben, ob am Wahltag klar war, wofür die FDP steht“, sagte er.

Meyer nannte das Wahlergebnis von 4,6 Prozent für die FDP sehr bitter. Und bei der Wahl zu den Bezirksverordnetenversammlungen hatte in fünf von zwölf Bezirken sogar die Tierschutzpartei mehr Stimmen als die FDP bekommen. „Wir sind noch bei den Aufräumarbeiten“, sagte er.

„Ich halte nichts davon, dass wir uns auf die Suche nach einem halben Prozent machen“, ergänzte Meyer. „Die Stimmung im Wahlkampf war gut.“ Aber der Wechselwille in Berlin habe nicht auf die FDP eingezahlt. Auch die Tatsache, dass die FDP im Bund Teil der Ampel sei, habe Auswirkungen gehabt, gab Meyer zu, der selbst Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion ist.

Sozialticket für fünf Euro? „Das ist nicht FDP pur“

In seiner Analyse des Wahlergebnisses sparte der Landesvorsitzende nicht an deutlicher Kritik an einzelnen Forderungen, mit denen die FDP für Schlagzeilen gesorgt hatte. Das galt etwa für den Vorschlag aus der FDP-Fraktion im vergangenen Herbst, das Sozialticket für den Berliner ÖPNV solle nur fünf Euro im Monat kosten. Das war noch weniger als die neun Euro, die Rot-Grün-Rot in die Diskussion gebracht hatte. „Das ist nicht FDP pur“, kritisierte Meyer. „Das gilt auch für die Verwaltungsreform.“

Der Landesvorstand hatte im Wahlkampf vorgeschlagen, die eigenständigen Bezirksämter abzuschaffen und die Berliner Verwaltung zentral durch den Senat zu organisieren. Die Mitarbeiter sollten in die Landesbehörden übernommen werden. FDP-Spitzenkandidat Czaja hatte das als großen Wurf gelobt.

Meyer kritisierte insbesondere die Idee, die Mitarbeiter aus den Bezirken könnten gleich bezahlt werden wie Landesbedienstete. „Das Verwaltungsreformthema hat nicht bis zum Wahltag durchgetragen“, bemängelte er. Sein selbstkritisches Fazit: „Wir sind mit unseren Positionen nicht durchgedrungen.“

War in den vergangenen Jahren das Gesicht der Berliner FDP: Sebastian Czaja, hier nachdenklich beim Parteitag am Samstag.

© dpa/Christophe Gateau

Zur künftigen Rolle von Czaja, der gerade Beisitzer im FDP-Bundesvorstand geworden ist, sagte Meyer lediglich: „Sebastian wird uns aus dem Bundesvorstand begleiten. Ich glaube aber, es ist auch klar, dass wir alle in den nächsten Monaten verstehen, dass er bei der ein oder anderen Veranstaltung erst mal nicht da ist.“ Ob Czaja, nach wie vor Landes-Vize, noch einmal die Chance bekommt, als Spitzenkandidat anzutreten, gilt als völlig offen.

Bei der Abgeordnetenhauswahl 2026 will die FDP mit einer Landesliste antreten. Die Partei verspricht sich davon bessere Ergebnisse, wenn der Name des Spitzenkandidaten überall in Berlin auf den Stimmzetteln zu finden ist. Der entsprechende Antrag bekam beim Parteitag eine breite Mehrheit. 

Ebenfalls Thema beim FDP-Parteitag: Der neue bürgerlich-liberale Verein „Liberale Zukunft für Berlin“. Der bekannte Unternehmer und FDP-Politiker Harald Christ will mithilfe des Vereins künftig um eine pragmatischere Politik und den Wiedereinzug der FDP ins Berliner Abgeordnetenhaus kämpfen. (Tsp, dpa)

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