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Das Schild "Kadterschmiede geöffnet" hängt am Eingang des Hauses 94 an der Rigaer Straße. 

© picture alliance/dpa

Streit um Berliner Autonomentreff in der Rigaer Straße 94: Gericht weist Räumungsklage gegen Kneipe „Kadterschmiede“ ab

Der Hauseigentümer verlangte die Räumung der Kneipe, zudem sollten die Betreiber für die Nutzung der Räume zahlen. Das Gericht hat dies jetzt zurückgewiesen. 

Im jahrelangen Streit um die illegale Linksautonomen-Kneipe „Kadterschmiede“ im teilbesetzten Haus „Rigaer 94“ in Berlin-Friedrichshain hat das Landgericht Berlin am Montag eine Räumungsklage abgewiesen. Die britische Eigentümerfirma sei infolge des Brexit als deutsche Personengesellschaft zu behandeln, daher habe der Anwalt der Firma keine ausreichende Vertretungsvollmacht nachweisen können. 

Damit entschied das Landgericht anders als in mehreren Eilverfahren das Kammergericht, das Landgericht, das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht. Der Anwalt der britischen Eigentümerfirma kündigte an, das Urteil zu prüfen. Er könnte Berufung vor dem Kammergericht einlegen.

Ursprünglich sollte die Klage bereits im April 2021 verhandelt werden, durch Befangenheitsanträge des Kadterschmiede-Vereins wurde dies hinausgezögert. Die Anwälte der Eigentümerin, eine Firma mit Sitz in Großbritannien, hatten Klage eingereicht. Sie wollten die Kneipe per Urteil räumen lassen.

Auch bislang ging es stets um die Frage, ob die Anwälte die Eigentümergesellschaft überhaupt vertreten können. Daran waren in den vergangenen Jahren Urteile zu Räumungsklagen gescheitert. Andere Gerichte hatten dann 2021 die Vertretungsrechte der Anwälte angekannt. Die Anwälte der Kadterschmiede bezweifelten jedoch weiter, dass die Firma und ihre Vertreter nach deutschem Recht ausreichend legitimiert sind.

Für das Landgericht ging es bereits in der Verhandlung im Februar um die Frage, ob und wie die britische Limited nach dem Brexit behandelt werden kann – und ob es sich um ein Unternehmen aus dem Ausland oder eine aus Deutschland gesteuerte und verwaltete Scheinauslandsgesellschaft handelt. Ein Problem sei, dass der Zweck der britischen Gesellschaft allein das Haus in der Rigaer 94 sein könnte. 

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Zudem brachte die Vorsitzende Richterin an, dass der Mann hinter dem verschachtelten Firmenkonstrukt ein in Berlin lebender Unternehmer sei, der eigentlich die Entscheidungen treffe. Die Eigentümeranwälte erklärten, das sei überhaupt nicht ungewöhnlich.

Welche Folgen die jetzige Entscheidung für die anderen Räumungsklagen gegen die Rigaer 94 hat, ist unklar. Es sind mehr als ein Dutzend, die derzeit am Amtsgericht Kreuzberg gegen Bewohner des Hauses vorliegen. In einem ersten Fall lässt ein Richter die Stellung der Eigentümergesellschaft und der Anwälte per Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht klären. 

Die Eigentümerin muss dafür 4000 Euro vorstrecken. Sollte das Institut die Einschätzung der Firmenanwälte bestätigen, könnte dies auch Folgen für die Räumungsklage gegen die Kadterschmiede haben.

In einer Erklärung zu den Räumungsverfahren hatten die Bewohner an „auf Cops geworfene Steine“ erinnert. Sie warfen dem Eigentümer vor, „das Haus mit einem großen Schlag“ angreifen zu wollen. Das Kadterschmiede-Verfahren sei „nur ein weiterer Termin in dem kontinuierlichen Angriff von Staat und Kapital, unser Haus und seine rebellischen Strukturen zu zerstören“. Der Konflikt sein ein „Abbild eines weltweiten Kampfes“.

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Das Haus mit rund 30 Wohnungen ist über die Grenzen Berlins hinaus ein Hotspot gewaltbereiter Linksextremisten. Die Bewohner reagieren auf Versuche von Polizei und Eigentümern, das Gebäude zu betreten, mit Gewalt – zuletzt war es im Juni 2021 zu heftigen Ausschreitungen gekommen. 

Anlass war eine vom Eigentümer gerichtlich durchgesetzte Brandschutzprüfung. Der Hausverwalter und ein Anwalt sind ebenfalls bereits angegriffen, Autos eines Gutachters in Brand gesetzt worden. Für den Eigentümeranwalt ist klar, warum sich ein Berliner Unternehmer hinter dem Firmenkonstrukt verbirgt. Sollte er sich zu erkennen geben, müsste er wie der Voreigentümer „mit Bedrohungen und unter Polizeischutz“ leben.

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